Tausende Tiere verenden jedes Jahr bei Unfällen auf Strassen und Bahngeleisen. 2019 starben rund 550 Rothirsche bei solchen Unfällen, gegen 9300 Rehe, über 800 Wildschweine und rund 540 Feldhasen. Im Verkehr zu Tode gekommene Kleintiere wie Eichhörnchen oder Frösche werden von der Jagdstatistik, die die Zahlen liefert, nicht erfasst.

Unterbrochene Korridore
Rund 300 überregionale sogenannte Wildtierkorridore – also eine Art Verkehrswege für Wildtiere –gibt es in der Schweiz. Etwa 50 dieser Routen sind ganz und 180 teilweise unterbrochen, wie das Bundesamt für Umwelt (Bafu) erhoben hat. Lücken gibt es vor allem im dicht besiedelten Mittelland und in grossen Flusstälern.

Zerstückelte und zerschnittene Landschaften können sich auf die genetische Vielfalt auswirken. Bleibt jede Tierpopulation wegen der fehlenden Verbindungen in einem Gebiet "eingeschlossen", können einzelne Tiere sich nicht mit Individuen aus einer anderen Population fortpflanzen.

«Das kann dazu führen, dass ihre Bestände schrumpfen», schreibt die Bafu-Medienstelle. Damit wachse das Risiko, dass in einem bestimmten Gebiet ein Wildtierbestand aussterbe. Betroffen sein können besonders die weit wandernden Rothirsche, Wildschweine oder Luchse, aber auch Amphibien

Bafu: «Mehr Schutz nötig»
Noch unverbaute Landschaften seien raumplanerisch nicht genügend geschützt, hält das Bafu dazu fest. In Wäldern würden wandernde Tiere zwar kaum von Hindernissen aufgehalten. Doch im offenen Land sei das anders.

Abhilfe schaffen soll das Jagdgesetz, über das am 27. September abgestimmt wird. Es schreibt vor, dass der Bundesrat zusammen mit den Kantonen Wildtierkorridore von überregionaler Bedeutung bezeichnet. Bund und Kantone müssen gemäss Gesetzesentwurf dafür sorgen, dass die überregionalen Korridore für Tiere raumplanerisch gesichert und vor Verbauung geschützt sind.

Der jährliche Aufwand beläuft sich auf rund 6 bis 8 Millionen Franken, wie das Bafu schreibt. Der Bund steuert rund 4 Millionen an die Auslagen der Kantone bei. Ziel sei, die funktionsfähigen Korridore bis in 20 bis 30 Jahren zu sichern.

Die Ausführungsbestimmungen zum «Wildtierkorridor-Artikel» im Jagdgesetz sind aber noch nicht bekannt. Sie sind nicht Teil der Jagdverordnung, die der Bundesrat in die Vernehmlassung gegeben hat. Er plant für die überregionalen Wildtierkorridore eine eigene Verordnung.

Grund ist, dass die Korridore mit überregionaler Bedeutung zuerst auf ihre Vollständigkeit überprüft werden müssen und festgelegt werden muss, welche konkreten Massnahmen mit wieviel Geld abgegolten werden.

«Aber» von Pro Natura
Durchgehende Wildtierkorridore sind zwar auch Pro Natura wichtig, zur Förderung der Biodiversität. Aber: «Aus unserer Sicht bringt das revidierte Gesetz hier keinen grossen Mehrwert», sagt Urs Leugger-Eggimann. Er ist Zentralsekretär der Umweltorganisation und Präsident des Vereins «Missratenes Jagdgesetz Nein», der hinter dem Referendum steht.

Die Vorgaben im revidierten Gesetz könnten die Nachteile bei weitem nicht aufwiegen, die dieses für den Artenschutz bringe. Die neuen Paragrafen seien zudem gar nicht nötig, um die Wildtierkorridore zu erhalten und zu sichern. Das Natur- und Heimatschutzgesetz schreibe dies bereits vor, und so habe es auch das Bundesgericht bestätigt.

Teile der Wildtierkorridore sind die Wildtierbrücken über Autobahnen. Sie werden vom Jagdgesetz nicht erfasst. Ob auf einem Autobahnabschnitt eine Brücke oder eine Unterführung für Wildtiere nötig sei, werde im Rahmen der Unterhaltsplanung geprüft, sagt Guido Bielmann, Sprecher des Bundesamtes für Strassen (Astra). «Das Astra baut die Wildtierbrücken und stellt sie zur Verfügung.»

Bis 50 Meter breite Brücken
30 bis zu 50 Meter breite und begrünte Übergänge für Hirsche, Rehe oder Wildschweine hat das Astra bisher erstellt; im Bau oder mittelfristig geplant ist ein weiteres knappes Dutzend. Für kleinere Tiere, etwa Dachse, Füchse oder Eichhörnchen, hat es laut einem Bericht von 2019 "eine Vielzahl" von Tunnels erstellen lassen.