Bei vier von fünf Arten durchlaufen die Tiere eine Metamorphose. Raupen werden zu Schmetterlingen, Kaulquappen zu Fröschen und symmetrische Fischlarven zu einseitigen, platten Flundern. Diese Wandlungsfähigkeit ist in der Evolution nur wenige Male entstanden, aber wo das passierte, nie wieder verschwunden. Wissenschaftler rätseln seit langem, was sie den Tieren nutzt.    

Sie können damit neue Nahrungsquellen erschliessen, die ihnen in der anderen Gestalt verwehrt blieben. Das berichten Ulf Dieckmann und Hanna ten Brink (mittlerweile an der Universität Zürich) vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien im Fachjournal «The American Naturalist».

Nahrungsquelle entscheidet  
Die Forschenden kreierten ein mathematisches Modell, in das zum Beispiel einfloss, wie viel die Tiere fressen, wie schnell sie wachsen und wie viel Nachwuchs sie erzeugen. Damit berechneten sie, unter welchen Umständen die Arten durch eine Metamorphose Vorteile haben, und wann sie ohne Verwandlung besser dran sind. Dabei entpuppte sich die Art der Nahrung als entscheidendes Kriterium.    

Stecken die Tiere ihr Leben lang im gleichen Körper, sind sie in der Regel an eine bestimmte Nahrungsquelle gut angepasst. Bei Raupen sind das zum Beispiel Blätter und bei Kaulquappen Algen. Wenn es in ihrem Lebensraum eine weitere Nahrungsform gibt, können sie diese schlecht erschliessen, selbst wenn sie in grosser Menge vorkommt, denn die Evolution bevorzugt Spezialisten. Lernten sie, die zweite Nahrungsquelle zu nutzen, verschlechtert sich die Effizienz, mit der sie an ihre Hauptmahlzeiten kommen, und sie können sich nicht mehr so erfolgreich fortpflanzen, erklären die Forscher.    

Verwandlung kostet  
Freilich haben sie für die Metamorphose einen bestimmten Preis zu bezahlen: Es kostet viele Kalorien, um die Anatomie bei jedem Individuum komplett umzugestalten. Manchmal geht dabei etwas schief, und sie sterben. Sie braucht auch Zeit, und während ein Schmetterling als Puppe unter einem Blatt hängt, kann er vor Gefahren wie Fressfeinden nicht flüchten. In viele Fällen war dieser Preis zu hoch, deshalb entstand die Metamorphose nur ein paar Mal in der Evolution, meinen die Forscher.    

Die natürliche Auslese begünstigt aber die Fähigkeit zur Metamorphose, wenn die zweite Nahrungsquelle im Übermass zur Verfügung steht, erklären sie. Am Anfang sind die neuen Erwachsenenstadien zwar noch nicht gut daran angepasst, durch die Fülle an Angebot haben sie aber trotzdem mehr Nachwuchs als vorher, und lernen mit der Zeit die neue Nahrung auch besser zu verwerten.

Dieses Dilemma können die Tiere durch eine komplette Wandlung lösen. Als Larve bleiben die Schmetterlinge und Frösche jeweils bei ihrer Hauptnahrung, also Blätter bei den Raupen und Algen bei den Kaulquappen, aber sobald sie im neuen Körper stecken, verzehren sie ausschliesslich Nektar beziehungsweise Fliegen.

Evolutionäre Sackgasse
Dass die Verwandlungsfähigkeit im Tierreich so verbreitet ist, obwohl sie nicht so einfach zu erwerben ist, führen die Forscher darauf zurück, dass sie niemand mehr loswerden kann. Sie ist evolutionär eine Sackgasse. Wird die zweite Nahrungsquelle seltener, müssen die Tiere sie effizienter nutzen oder sterben aus. Weil zum Beispiel das Jugendstadium nicht reproduktionsfähig ist, können sie nicht einfach auf die Metamorphose verzichten.    

Bei manchen Tieren ist die Verwandlung zwar kaum noch zu erkennen, ganz verschwinden kann sie aber nie, kommentierte der nicht an der Studie beteiligte Biologe Vincent Laudet von der Universität Paris die Ergebnisse in der «New York Times». Er schliesst dabei auch die Menschen mit ein. «Wenn ein Baby den Mutterleib verlässt, durchläuft sein Gewebe wichtige Veränderungen, die von einigen Hormonen geregelt werden, die auch die Metamorphose in Fröschen und anderen Tieren auslösen», erklärte er.