Die Sinneszellen in den Augen, sogenannte Fotorezeptoren, sorgen in Zusammenarbeit mit dem Gehirn dafür, dass wir sehen können. Die zwei wichtigsten Typen von ihnen sind die Stäbchen und die Zapfen. Während Erstere für die Wahrnehmung von hell und dunkel zuständig sind, nehmen die Zapfen Farben war. In der menschlichen Netzhaut befinden sich drei verschiedene Arten von Zapfen, mit denen wir rotes, grünes und gelbes Licht sehen können. Vögel dagegen haben eine vierte Art Zapfen. Mit dieser sehen Licht mit Wellenlängen im Ultraviolettbereich (UV-Bereich).  

Um herauszufinden, wie dies aussehen könnte, designten Forscher der schwedischen Universität Lund eine spezielle, «multispektrale» Kamera mit Filtern, die das visuelle Potential von Vögeln nachahmen sollen, wie es in einer Mitteilung des Fachmagazins «Nature Communications» heisst. Mit der Kamera fotografierten die Biologen Wälder in Südschweden und im australischen Queensland.    

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Links Regenwald in Australien (oben) und Laubmischwald in Südschweden (unten) mit UV-Sicht, rechts ohne.
 
  Bild: Cynthia Tedore

Zum ersten Mal überhaupt schafften sie es so, sichtbar zu machen, wie Vögel ihre Umgebung sehen könnten. Wie die Forscher in ihrer Ende Januar erschienenen Studie schreiben, sind die Bilder allerdings keine echte Wiedergabe dessen, was die Vögel sehen. Sie seien jedoch die «beste verfügbare Annäherung».         

Navigieren im Gestrüpp
Was die Forscher dann sahen, verblüffte sie. Die UV-Sicht dient den Vögeln offenbar dazu, Kontraste besser wahrzunehmen. Im dichten Blattwerk der Bäume können sie so jedes einzelne Blatt genau erkennen, während Menschen oft einfach eine grüne Wand sehen. Dank dem für Vögel sichtbaren UV-Licht erscheint die Blattoberseite hell, die Unterseite aber dunkel. Dies erleichtert es ihnen natürlich, im Flug durch das Geäst zu navigieren, Futter zu finden und Feinden zu entkommen.       

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Die Schwarz-Weiss-Ansicht verdeutlicht die viel stärkeren Kontraste mit UV-Sicht.
  Bild: Cynthia Tedore


Obwohl die das UV-Sehvermögen der Vögel schon länger bekannt ist, ist dies nach Angaben der Forscher eine völlig neue Erkenntnis. Ebenfalls seit Längerem weiss man, dass Vögel das Magnetfeld der Erde mit ihrem Magnetsinn wahrnehmen können. Auch hier haben Forscher kürzlich herausgefunden, dass sie die Feldlinien dank spezialisierter Proteine in den Augen wohl sehen können (eine Visualisierung davon sehen Sie hier).      

Versucht man, sich diese Visualisierungen übereinandergelegt vorzustellen, wird schnell klar, dass Vögel die Welt tatsächlich ganz anders sehen als wir und dass die menschliche Realität nicht die einzig richtige Realität ist. Auch das weiss man natürlich schon lange. Durch neue wissenschaftlichen Methoden wird nun aber langsam sichtbar, wie diese anderen Realitäten aussehen könnten.