Die grosse Mehrheit der an Land lebenden Schnecken gehört zu den Landlungenschnecken – und diese sind, im Gegensatz zu den anderen Schnecken-Gruppen, allesamt Hermaphroditen. Sie vereinen beide Geschlechter in sich, besitzen männliche, weibliche und zwittrige Geschlechtsteile und produzieren sowohl Eizellen als auch Samenzellen.

Einige Schneckenarten können sich deshalb auch selbst befruchten, bei der Weinbergschnecke allerdings geht das nicht, sie stellt männliche und weibliche Keimzellen zu unterschiedlichen Zeiten her und muss sich also zwingend einen Partner für die Fortpflanzung suchen.

Doppelte Fortpflanzungschancen
Das gestaltet sich allerdings nicht immer einfach. Durch ihre Langsamkeit kommt eine kleine Schnecke nicht sehr weit herum. Darum sei der Hermaphroditismus für die Weinbergschnecke und andere Landschnecken von grossem Vorteil, schreibt der deutsche Schneckenexperte Robert Nordsieck auf seiner Webseite. Sie können sich mit jeder anderen Schnecke, die sie antreffen, paaren und haben so doppelte Fortpflanzungschancen.

Dennoch muss die arme Weinbergschnecke jetzt nicht ziellos in der Gegend herumkriechen, bis sie dann irgendwann per Zufall mal einen geeigneten Partner findet. Eine Drüse auf dem Kopf sendet Lockstoffe aus, mit denen sie andere paarungsbereite Schnecken anlocken kann.

Wenn sich zwei dann gefunden haben, geht es dann endlich zur Sache. Die Schnecken stellen sich mit dem Fuss gegeneinander auf und beginnen ein ausgedehntes Vorspiel. Dieses kann bis zu 20 Stunden dauern, wobei beide Schnecken immer erregter werden. Häufig verwöhnt eine Schnecke die andere noch zusätzlich, indem sie ihr einen Liebespfeil – ein 7 bis 11 Millimeter langer Kalkpfeil mit einer Krone – in den Fuss sticht. Die gestochene Schnecke wird dadurch noch erregter und kann sich nun ihrerseits mit einem Liebespfeil revanchieren.

Der Liebespfeil bringt aber auch der Schnecke, die ihn aussendet, Vorteile. Wie kanadische Forscher herausgefunden haben, wird der Empfängerin mit dem Pfeil ein Sekret injiziert, das die weiblichen Geschlechtsorgane dazu bringen kann, die Spermien der Liebespfeil-Schützin zu bevorzugen. Weinbergschnecken paaren sich mehrmals bis zur Eiablage.

Nach drei Jahren geschlechtsreif
Die Eigentliche Begattung dauert viel weniger lang als das vorausgehende Liebesspiel. Die Schnecken verharren dabei fast regungslos. Beide Tiere bilden in dieser Phase ein Spermienpaket und können sich auch gegenseitig befruchten. Häufig geschieht dies allerdings nur einseitig. In der Zwitterdrüse der als Weibchen fungierenden Schnecke werden nach Empfang des Pakets Eizellen produziert.

Einige Wochen und Paarungen später gräbt die Schnecke ein Loch, in welches sie die Eier ablegt. Nach etwa 25 weiteren Tagen schlüpfen die kleinen Schnecken. Ihr Haus ist durchsichtig, da es noch keinen Kalk enthält. Mit drei Jahren sind die Jungschnecken schliesslich geschlechtsreif und der Kreis schliesst sich.