Merkwürdig sieht sie aus, die Somali-Elefantenspitzmaus, mit ihren grossen Äuglein, dem herzig schnüffelnden Rüsselchen und den langen Hinterfüssen – und wird damit bestimmt so einigen ein «Jööh!» entlocken. Und doch: Kaum einer hat die insektenfressende und zur Familie der Rüsselspringer gehörende Somali-Elefantenspitzmaus (Galegeeska revoili) je gesehen. 1968 geschah der letzte Nachweis, in weiteren Monitorings in den frühen 1970ern konnte das Tierchen nicht mehr gefunden werden. Der Wissenschaft bekannt ist die Elefantensptizmaus, deren angenommenes Verbreitungsgebiet vor allem in Somalia am Horn Afrikas liegt, nur aus 39 bis zu hundert Jahre alten Museumspräparaten.

Kein Wunder zählten Forscher und Naturschutzorganisationen wie die Global Wildlife Conservancy sie zu den meistgesuchten Arten der Welt und fürchteten, sie sei längst ausgestorben, wie letztere mitteilt. 2019 brachen daher die amerikanischen Forscher Steven Heritage und der mittlerweile verstorbene Galen Rathbun gemeinsam mit dem Ökologen und Ornithologen Houssein Rayaleh aus Somalias nördlichem Nachbarland Djibouti nach ebenda auf, um die scheue Elefantenspitzmaus zu suchen.

Und siehe da, gleich in die erste Falle tappte eine, insgesamt fanden die Forscher zwölf quietschlebendige Somali-Elefantenspitzmäuse und schossen die ersten Fotos und Videos dieser Tiere überhaupt.

Die ersten Videoaufnahmen der Somali-Elefantenspitzmaus. Ob sie – ähnlich dem Kiebitz – mit dem Fuss stampft, um Beutetiere aus dem Boden zu locken?

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Den Einheimischen schon lange bekannt
Doch dass die Tierart überhaupt als «verloren» gegolten hatte, steht exemplarisch für die westliche, amerikanisch-europäische Dominanz in der Wissenschaft. Denn wie Rayaleh in der Medienmitteilung der Global Wildlife Conservancy sagt: «Für uns in Djibouti war die Art nie ‹verloren›.» Auch er selber habe die Somali-Elefantenspitzmaus zuvor schon gesehen und die lokale Bevölkerung erkannte das Tier auf Fotos. «Für Djibouti ist das eine wichtige Angelegenheit. Das Land und die Region weisen eine grosse Biodiversität auf und viele Möglichkeiten für Wissenschaft und Forschung», sagt Rayaleh.

Wie das Expeditionsteam nun weiter berichtet, habe man keine unmittelbaren Bedrohungen für die Somali-Elefantenspitzmaus gefunden. Ihr Lebensraum sei trocken und zum grossen Teil für Menschen nicht bewohn- oder bebaubar. Aufgrund dessen empfehlen die Forscher nun der Weltnaturschutzunion IUCN, die Somali-Elefantenspitzmaus als «nicht bedroht» zu klassifizieren.

Das sind gute Nachrichten. Denn meistens, wenn eine Art nach langer Zeit wiedergefunden wird, sind nur noch ganz wenige Tiere vorhanden. Der Somali-Elefantenspitzmaus dagegen scheint es prächtig zu gehen. Hätte man früher schon mal die Menschen in Djibouti gefragt, statt uralte Museumspräparate zu studieren, wäre das auch kein Geheimnis gewesen.