Es dürfte sich um den komplexesten Technikeinsatz bei Tieren in freier Wildbahn handeln, der bisher dokumentiert wurde.

Auf den zu Indonesien gehörenden Tanimbarinseln konnten ein Team des Messerli Forschungsinstituts der Veterinärmedizinischen Universität Wien und indonesische Kollegen die bekanntlich recht geschickten Vögel in einer Voliere beobachten. Allerdings handelte es sich hier um eine Gruppe von Tieren, die nur kurzfristig so untergebracht waren und sonst in Freiheit lebten.

Dadurch konnten die Forschenden, die die Vögel bereits seit rund zehn Jahren in Wien in Gefangenschaft studieren, auch Verhalten beobachten, das die Tiere sonst in ihrem natürlichen Umfeld hoch in den Bäumen zeigen. Unter Laborbedingungen konnte das Team um Alice Auersperg bereits viele erstaunliche Fertigkeiten der Kakadus beim Gebrauch von Holzstücken als Werkzeuge dokumentieren. In Indonesien wurde nun klar, auf welch komplexe Weise sie das auch im natürlichen Umfeld tun.

Geschickte und kompetente Anwendung
«Als ich ihnen (den Kakadus, Anm.) eine bestimmte Frucht aus dem Wald anbot, begann einer der Kakadus sich ein Werkzeug aus einem Ast zu basteln. Es war verblüffend, wie geschickt und kompetent der Vogel dieses Werkzeug anzuwenden verstand», sagte Studienleiter Mark O'Hara vom Messerli Forschungsinstitut.

Das Team interessierte sich aber vor allem dafür, was die Vögel tun, wenn es um schwer zu knackende Früchte geht. Genau dies sollte der Theorie nach nämlich die Intelligenzentwicklung fördern.

«Im Fokus unseres Interesses standen Nahrungsquellen, die eher komplexe Methoden zur Extraktion des Futters erfordern», wird Co-Studienleiterin Berenika Mioduszewska in einer Mitteilung der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Tatsächlich stellte sich heraus, dass sie sogar drei verschiedene Werkzeuge für verschiedene Zwecke einsetzen. Die Verwendung solcher Werkzeug-Sets kannte man bisher nur von Primaten.

«Ein richtiger Schatz»
Für Auersperg erinnert das aufwendig beobachtete und analysierte Tun der Tiere «an die Nutzung von Besteck». Um durch einen schmalen Schlitz im harten Kern an den Samen zu kommen, brauche es zuerst nämlich manchmal einen dicken Keil. Damit wird der Zugang geweitet. Ausserdem muss der Schutzmantel um den Samen mit einem dünnen und spitzen, messerartigen Werkzeug durchstossen werden. Letztlich bergen die Kakadus das Objekt ihrer Begierde noch mit einer Art Löffel.

«Diese dynamischen Handlungen, sowie die komplexe Sequenz bei der Herstellung und der Anwendung der Werkzeuge könnten das raffinierteste Beispiel innovativer Technologie ergeben, das bisher bei wilden Tieren beobachtet wurde», meinte Auersperg.

Allerdings dürfte es sich hier um ein Verhalten handeln, das nicht in allen Tieren angelegt ist, da es nur bei wenigen Exemplaren zutage trat und diese sich ihre Werkzeuge auch auf unterschiedliche Weise anfertigten. Für das Team um Mioduszewska und O'Hara ist die erstaunliche Entdeckung jedenfalls «ein richtiger Schatz», der viele Einblicke in die Entwicklung von derart komplexen technologischen Verhaltensweisen ermögliche.