Kokosnüsse zu ernten ist eine mühselige, anstrengende und gefährliche Angelegenheit: Mit speziellen Hilfsmitteln ausgerüstete Kokospalmenkletterer klettern den Stamm der Palme empor, um dann in schwindelerregender Höhe mit langen Messern die begehrten Früchte vom Baum zu schlagen. Ein Mensch erntet mit grosser Mühe maximal 300 Kokosnüsse pro Tag.

Affen hingegen sind viel bessere Kletterer – und die besseren Kokosnusspflücker: Ein guter Affe, der in der berühmten Affenschule von Surat Thani in Thailand ausgebildet wurde, kommt täglich auf weit über tausend der begehrten Früchte.

Bei den «Schülern» der Affenschule handelt es sich um Schweinsaffen, eine Affenart aus der Familie der Makaken, die ihren Namen ihrem kurzen Stummelschwanz verdankt. Sie werden als Jungtiere von ihren späteren Arbeitgebern, meist Besitzern von Kokosnussplantagen, quasi als Internatsschüler in der Schule abgegeben. Häufig stammen sie aus eigener Zucht oder aus Zuchtbetrieben. Hin und wieder fangen Bauern aber auch im Dschungel frei lebende Affen, obwohl das in Thailand eigentlich streng verboten ist. Die offizielle Lesart lautet dann meistens: «Der Affe ist mir zugelaufen, und ich war so nett und habe ihn in Pflege genommen.» 

Kein Ende der «Affensklaverei»
Potenzielle Schüler werden zunächst etwa drei Monate lang beobachtet, wie geschickt und lernfähig sie sich beim Spiel mit den anderen Affen anstellen. Erst dann entscheidet der Trainer, ob eine Ausbildung überhaupt sinnvoll ist. Generell macht man sich beim Training die Tatsache zunutze, dass Schweinsaffen von Natur aus sehr neugierig sind und mit grossem Vergnügen Handlungen exakt nachahmen, die ihnen andere vormachen – egal ob Affe oder Mensch. Die Affen lernen zuerst durch Zuschauen, später durch Nachahmen. Geübt wird morgens eine halbe Stunde und mittags eine halbe Stunde. 

Das Erste, was ein Affe in der Affenschule lernt, ist die Arbeit an der Kokosnuss. Kokosnüsse hängen nämlich an einem dünnen, aber äusserst zähen Strang an der Palme. Der Affe muss lernen, so lange und so geschickt in eine Richtung zu drehen, bis der Strang reisst und die Nuss herunterfällt. 

Deshalb legt der Trainer zu Beginn der Ausbildung beide Hände auf eine Kokosnuss und ermuntert durch Gesten seinen Schützling dasselbe zu tun. Anschlies­send lernt der Affe – auch durch Nachahmung – die Kokosnüsse zu drehen. Zunächst als Trockenübung an einer Kokosnuss, die an einer Stange befestigt ist.

Wenn diese Basisübung sitzt, geht es darum, die Kokosnüsse möglichst schnell rotieren zu lassen, damit die Affen später möglichst viele Kokosnüsse am Tag ernten können. Erst dann wird der Ernstfall geprobt. Die Makaken klettern angeleint auf die rund zehn Meter hohen Kokosnusspalmen, pflücken die Früchte und werfen sie auf den Boden, wo die Betreuer sie einsammeln. Besonders begabte Affen lernen zusätzlich zu ihrer Erntetätigkeit, die Kokosnüsse in Säcke zu füllen und einen Lastwagen zu beladen.  

Der Einsatz von Affen als tierische Ernte­helfer ist gelinde gesagt umstritten. Während die Affenbesitzer stets darauf hinweisen, dass ihre Tiere wie vollwertige Familienmitglieder behandelt würden, klagen Tierschutzorganisationen immer wieder, dass die Tiere oft mit Gewalt zur Arbeit gezwungen und wenig artgerecht gehalten werden, und fordern deshalb ein Ende der «Affensklaverei».

Thailands Landwirtschaft kann allerdings kurzfristig kaum auf die insgesamt mittlerweile rund 12 000 ausgebildeten tierischen Erntehelfer verzichten. Denn jährlich warten 1,7 Millionen Tonnen Kokosnüsse darauf, geerntet zu werden.