Wer im Frühling Nachwuchs im Stall haben will, muss jetzt die Zuchtstämme zusammenstellen. Ohne Hahn im Hühnerstall geht natürlich gar nichts; doch allein mit einem stolzen Güggel ist es nicht getan. Erfahrene Züchter wissen: Die Nachkommen eines Siegerhahns und einer Siegerhenne geben nicht zwingend hochprämierte Tiere. Es gibt verschiedene Zuchtmethoden, mit welchen das Aussehen der Nachkommen beeinflusst werden kann. Doch in der Tierzucht sind bei den Nachkommen immer Überraschungen möglich.

Vorab geht es bei der Auswahl von Zuchttieren um deren Gesundheit und Skelettaufbau. Nur vitale Tiere produzieren befruchtete und einwandfreie Bruteier. An Hühnerausstellungen wird nicht nur die Gesundheit, sondern auch das Skelett auf Deformationserscheinungen geprüft. Tiere mit stark verkrümmten Zehen etwa können nicht richtig gehen. Liegen die Flügel nicht an, kann das Tier nicht fliegen. Ein erblindetes Huhn oder eines mit einem deformierten Schnabel hat es im täglichen Leben bei der Futtersuche schwer; seine Leistungsfähigkeit ist oft so stark beeinträchtigt, dass es nicht reicht, um gesunden Nachwuchs auf die Welt zu stellen. Solche Tiere sollten nicht für die Zucht eingesetzt werden, weil solche Merkmale sich vererben.

Farbe und Form müssen stimmen
In einem zweiten Schritt prüft der Züchter die Hühner auf Schönheitsfehler. Auch hier sollten Tiere mit Fehlern nicht für die Zucht eingesetzt werden, da ihre Anlagen sich stets weitervererben. Nicht exakt geschnittene Zacken, falsche Augenfarbe oder eine nicht dem Standard entsprechende Federzeichnung sind ungern gesehene Eigenschaften. Bei der Auswahl der Zuchttiere ist auch auf die Form zu achten, wie sie im Rassenbeschrieb steht. Erfüllt ein Hahn oder eine Henne diese Mindestanforderungen, können sie für die Weiterzucht eingesetzt werden. Je nach Zuchtmethode wird ein Hahn mit zwei bis fünf Hennen zusammen gehalten. In einem sauberen, gut durchlüfteten Stall mit ausreichend Futter steht damit der Nachzucht nichts im Weg.

Um den Zuchtstand einer Rasse weiterzubringen, benötigt der Hühnerzüchter vertiefte Vererbungskenntnisse seiner Rasse. Das Buch «Züchtungs- und Vererbungslehre» von Robert Gleichauf beschäftigt sich einzig mit diesem Thema. Zwei Punkte sind es demnach, die den Erfolg eines Rassegeflügelzüchters ausmachen: Er soll einerseits schöne und ideal geformte Tiere für die Weiterzucht auswählen. Die Schwerpunkte in der Wirtschaftsgeflügelzucht andererseits liegen anders als in der Hobbyzucht. Schönheit spielt dort keine Rolle. Handelt es sich um eine Leistungsrasse, muss ein entsprechender Fleisch- oder Eierertrag im Auge behalten werden.

Viel Fingerspitzengefühl nötig
Betrachtet man einen Hahn näher, so fällt auf, dass sein Gefieder spitzere Federn zeigt als jenes der Henne. Das weibliche Tier zeigt bei den Federn runde Konturen. In den meisten Fällen haben Hahn und Henne unterschiedlich gefärbte Federn. Einige Merkmale sind geschlechtsgebunden und die Gegensätze werden bei gesäumten Tieren am deutlichsten. Die Henne zeigt oft über den ganzen Körper eine schöne Federsäumung, während diese beim Hahn nur auf der Brust zu sehen ist.

Wie Robert Gleichauf schreibt, sind die geschlechtsgebundenen Unterschiede bei kennfarbigen Italienern oder Deutschen Lachshühnern noch schwieriger zu deuten als bei anderen Rassen. So ist es noch anspruchsvoller, die richtigen Partner zu verpaaren. Bei den Deutschen Lachshühnern soll das Untergefieder der Henne in den lachsfarbigen Regionen nicht weiss oder rötlich sein, schreibt der Experte weiter. Nur ein graublaues Untergefieder der Henne bewirkt die schwarz verlangten Körperpartien beim Hahn.

Verborgene Eigenschaften gibt es bei jeder Rasse. Da die Zuchtstände vieler Rassen heute bereits sehr weit fortgeschritten sind, spielen gerade diese Nuancen bei engagierten Hühnerzüchtern eine Rolle. Wie Gleichauf weiter ausführt, sollte bei gestreiften oder gesperberten Rassen ein Zuchthahn ausgewählt werden, welcher eine hellere Zeichnung hat als die Hennen. Ein solcher Hahn vererbt eine reinerbige Zeichnung, und keine spalterbige.

Weisse Hühner sind nicht einfach zu züchten. Der «Gelbanflug» ist ein hartnäckiges Gen, weshalb solche Tiere nicht als Zuchttiere geeignet sind. Besonders gilt dies für Tiere mit dem Silberfaktor wie die weiss-schwarzcolumbia-farbigen Sussex, die Amerikanischen Leghorn oder Seidenhühner. Der Silberfaktor ist dominant und vermag die gelben oder goldenen Farbfaktoren nicht vollständig zu unterdrücken. Der «Gelbanflug» taucht daher in jeder Generation wieder auf.

Nicht nur die Farbe des Geflügels ist eine Herausforderung. Liebhaber von wirtschaftlichen Rassen sollten auch ein Augenmerk auf die Legeleistung der Hühner haben. Vor der Züchtung von Legehybriden wurden Wettlegen für Rassehühner organisiert. Ein solches Wettlegen fand 1907 in Grosslichterfelde bei Berlin statt. Dort wurde die Legeleistung von über sechzig Tieren gemessen. Die Tiere des Herauszüchters der Rheinländer, Dr. von Langen, errang mit einem Stamm den ersten Preis; 180 Eier legten seine Hühner! Damit lag er deutlich vor den zweitplatzierten weissen Wyandotten, die damals als gute Leger galten. Heute gibt es keine solchen Vergleiche mehr, daher ist es wichtig, dass gerade Züchter von Leistungsrassen auch auf diese Merkmale achten.

Zuchtmethoden

Je nach Ziel, welches der Züchter anstrebt, gibt es in der Geflügelzucht verschiedene Methoden:

Reinzucht
Im eigentlichen Sinne gibt es in der Tierzucht keine Reinzucht, ein Tier kann sich nicht wie eine Pflanze selbst bestäuben, sodass die Nachkommen die gleichen Geneigenschaften besitzen. In der Hühnervermehrung versteht man darunter die Verpaarung von Tieren gleicher Art, Rasse und des gleichen Farbenschlages.

Verwandtschaftszucht
Dabei werden Tiere mit gemeinsamen Ahnen verpaart. Sie sind zwar blutsverwandt, trotzdem wird eine zu starke Inzucht wie jene unter Geschwistern vermieden. Diese würde bei Wiederholung Degenerationserscheinungen bewirken.

Fremdzucht
Das Gegenteil der Verwandtschaftszucht. Hier treffen Ausgangstiere ohne gemeinsame Vorfahren aufeinander. Die Gefahr der Inzucht gibt es nicht, jedoch sind als Nebeneffekt bei den Jungtieren oft grosse Unterschiede zu sehen.

Gruppenzucht
Wird ein Bestand in zwei Gruppen aufgeteilt, die über Jahre hinweg nicht mehr untereinander verpaart werden, handelt es sich um Gruppenzucht. Je nach Schwerpunkt der Zuchtziele können sich die Nachkommen der beiden Gruppen unterschiedlich entwickeln.

Linienzucht
Eine gemässigte Inzucht. Oft wird der Grossvater mit der Enkelin gekreuzt. Diese Zuchtform führt dazu, dass die Erbanlagen der Vorfahren bei den Nachkommen gefestigt werden.

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