Bevor ein weibliches Tier zur Zucht eingesetzt wird, muss die Milchleiste mit den Zitzen überprüft werden. Ist die Zibbe erst einmal Mutter, gilt es, den Säugeakt zu überwachen. Manch ein Züchter erlebt eine Überraschung, wenn er die auf dem Rücken liegende Zibbe überprüft.

Bei multiparen Säugetieren (die Mehrlinge gebären) wie Hunden, Schweinen, vielen Wildtieren und eben auch Kaninchen sind die Zitzen paarweise entlang der Milchleiste angelegt. Eine Zitze ist zylindrisch aufgebaut; darin finden wir einen Hohlraum die sogenannte Zisterne, in die die Kanäle der Milchdrüsen führen. Umgeben ist die Zitze von schützendem Hautgewebe.

Die Exterieurbeurteilung der Tiere dient dazu, körperliche Mängel aufzudecken. Dabei werden nicht nur das Gangwerk und der Körper (Brust, Rumpf und Rücken) beurteilt; bei den Nutztieren gehen die Schauexperten einen Schritt weiter und beurteilen das Gesäuge sowohl bei männlichen wie auch bei weiblichen Zuchttieren. Die Zitzenanlagen sind bei beiden Geschlechtern gut sichtbar. Bei den Schweinen ist die Zucht so weit fortgeschritten, dass eine Milchleiste gefordert wird, die beidseitig je acht Zitzen aufweist, also insgesamt 16 Zitzen. Bei den Kaninchen müssten die Schauexperten je fünf Zitzen finden, also insgesamt zehn, um von idealen Voraussetzungen für die Zucht zu sprechen.

Das Gesäuge ist unbestritten wichtig für die Kaninchen. Durch die Ausprägung und die Form der Zitzen werden sowohl die Milchsynthese und der Milchentzug beeinflusst. Die gesamte Entwicklung des Gesäuges ist hormonell gesteuert. Bereits während der Pubertät, noch stärker aber während der Trächtigkeit, entwickelt sich zuerst das Gangsystem und danach das gesamte Drüsengewebe durch Zellteilungen. Nicht nur genetische Faktoren sind ausschlaggebend – ebenso entscheidend sind gesundheitliche, ernährungs- und umweltbedingte Umstände.

Stülp- oder Kraterzitzen ausmerzen
Es gibt einen genetischen Zusammenhang für Zitzenmängel und Anomalien. Und interessanterweise betrifft sie beide Geschlechter – also Rammler wie Zibben –, weshalb der Züchter auch auf der männlichen Seite selektionieren müsste. Doch wer schaut schon, ob beim Rammler die Zitzen überhaupt vorhanden sind! Auszumerzen gilt es Missbildungen wie die so genannten Stülp- oder Kraterzitzen. Diese können dazu führen, dass die Nestlinge die Zitzen nicht für den Saugakt nutzen können. Umso mehr gilt es, solche Tiere von der Zucht auszuschliessen. Ausser den Stülp­zitzen gibt es auch noch andere Missbildungen wie Blindzitzen und nicht vollständig entwickelte Zwischen- oder Beizitzen.

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Zwischen der zweiten und dritten Zitze sitzt eine Blindzitze, die
keine Milch produziert.
Bild: Heinz Schmid
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Zusammengeklebte Haare um eine Zitze. Hier gilt es, genauer
hinzuschauen. Sollte mit dieser Zitze etwas nicht in Ordnung sein,
dann wird sie von der Zibbe häufiger geleckt.
Bild: Heinz Schmid

Aus der Tiermedizin ist bekannt, dass besonders Häsinnen mit ausgeprägt sexuellem Verhalten zur Bildung von Entzündungen und Tumoren im Gesäugeorgan neigen. Diese erscheinenden Veränderungen muss man genau beobachten. Als Erstes ist abzuklären, ob nur eine Zitze oder das gesamte Gesäuge von der Krankheit betroffen ist. Bei Schwellungen gilt es abzuklären, ob diese begrenzt oder unbegrenzt sind. Im Weiteren muss man darauf achten, ob das Tier Schmerzen hat und ob eine Umfangsvermehrung von Zellen gar als Abszess bezeichnet werden muss. Ist das gesamte Gesäuge betroffen und die Häsin zeigt keinen Schmerz, dann ist abzuklären, ob eine Milchproduktion vorliegt oder nicht. Dabei beachten: Bei Scheinträchtigkeit ist keine Milchproduktion möglich.

Auch bei Rammlern gibt es Phänomene – wahrscheinlich verursacht durch hormonelle Einflüsse –, bei denen das Gesäuge anzuschwellen beginnt, manchmal wird dabei sogar ein seröses Sekret abgesondert.

Halten wir deshalb fest: Die Kontrolle des Gesäuges gehört zu den Pflichten eines Kaninchenzüchters; nach beendeter Säugezeit ist das Gesäuge der abgesetzten Häsinnen einer näheren Prüfung zu unterziehen, bevor eine Zibbe zur weiteren Zucht eingesetzt wird.

Ein Züchter entdeckt bei der Untersuchung einer Zibbe eine Geschwulst, die erst beim genaueren Hinsehen sichtbar ist. Als das Tier auf den Rücken gekehrt wird, fällt sofort auf, dass etwas mit den Zitzen nicht stimmt. In der Tiermedizin sind solche chronisch progressiven als auch akut auftretenden Veränderungen der Zitzenanlagen bekannt; sie sind aber wegen des dichten Haarkleides fast nicht zu sehen und werden meist erst spät bemerkt.

Weshalb solche Gesäuge-Tumore entstehen, ist noch nicht geklärt. Tierärzte, die bei Kaninchen Gesäuge-Veränderungen feststellen, machen nicht selten eine Punktion. Dabei wird nach Reinigung der Haut mit Alkohol eine Gewebsprobe entnommen. Liegt die Gewebsprobe unter dem Mikroskop, kann eine zytologische Untersuchung vorgenommen werden. So kann der Veterinär feststellen, um welche Art von Entzündung und um welche Bakterien es sich handelt.

Hohe Blutzirkulation notwendig
Die Milchdrüse, die zur Ernährung der jungen Kaninchen dient, ist im Prinzip nichts anderes als eine Hautdrüse, die auf die Sekretion von Milch entwickelt worden ist. Bereits bei der embryonalen Entwicklung werden sie aus Milchleiste gebildet. Diese Milchdrüsen heissen bei den Kaninchen Zitzen.

Rein äusserlich lassen sich kaum abgrenzbare Drüsenkomplexe feststellen. Die Mammarkomplexe – wie sie in der Fachsprache heissen – münden über mindestens einen Strichkanal in die Zitze. Ein entsprechendes Hohlraumsystem, in dem die sogenannten Alveolen (= säckchenartige Gebilde) die Milchproduktion vornehmen, ist das Haupt-
organ. Von ihnen gehen die Leitungssysteme zu den Zisternen, die ihrerseits zu den zuvor besprochenen Zitzenkanäle gehen.

Das Drüsengewebe der Milchanlage ist ein gut durchblutetes Organ. Bei den Milchkühen braucht es ein Blutvolumen von 400 bis 600 Liter, um nur einen Liter Milch produzieren zu können. Wenn diese Kennzahl auch nicht direkt auf die Kaninchen übertragen werden kann, so zeigt sie aber doch, dass das Gesäuge ein Leistungsorgan ist, das auf eine hohe Blutzirkulation angewiesen ist.

Auch wenn das Organ mit einer intakten Infektionsabwehr ausgerüstet ist, ist es Pflicht des Züchters, für hygienisch einwandfreie Verhältnisse zu sorgen und im Notfall den Tierarzt aufzusuchen. Beim offenen Kanalwesen für den Transport der Milch ist es möglich, dass Mikroorganismen leicht eintreten und eine Entzündung auslösen können. Mittels Bestimmung der Zellzahlen (= Abwehr) lässt sich leicht sagen, ob alles in Ordnung ist oder nicht.

Milch ist ein hochwertiges Nahrungsmittel, der Gesundheit der Zitzen und dem gesamten Gesäuge ist deshalb höchste Aufmerksamkeit zu widmen.

Liegt eine Mastitis vor?
Der aufmerksame Züchter überprüft das Nest immer im Hinblick auf die Frage: Sind die Jungtiere ausreichend mit Milch versorgt? Liegen die Tiere stets ruhig im Nest, ist dies der Fall. Ist die Ernährung unzureichend, krabbeln die Jungtiere aus dem Nest, dann muss das Muttertier genauer untersucht werden. Und es stellt sich die Frage: Liegt eine Mastitis vor? Mastitis ist eine durch Bakterien entstandene Entzündung des Gesäuges oder einzelner Zitzen und wird vor allem bei Tieren in Laktation (Milchabgabe) beobachtet. Der Eintritt der Bakterien wird durch sogenannte Mikroläsionen (= kleine Verletzungen) der säugenden Jungtiere erst ermöglicht. Fühlt sich die Entzündung hart an, sind eine oder mehrere Zitzen geschwollen, sind die Zitzen gerötet und warm und reagiert das Muttertier bei der Berührung, sollte unter Aufsicht des Tierarztes eine gezielte Therapie eventuell mit Antibiotika durchgeführt werden. In ganz schlimmen Fällen müssen die Jungtiere vom Muttertier getrennt werden und mit einer Ersatzmilch (meist Katzenmilch) gesäugt werden.