Rund drei Wochen verbleiben die kleinen Kaninchen im schützenden Nest. Sahen sie kurz nach der Geburt, nackt und mit geschlossenen Augen und Ohren, eher Föten ähnlich, sind sie nun zu knuddeligen Jungtieren herangewachsen. Die Kleinen üben die ersten Hoppelsprünge, zuerst noch etwas ungelenk, doch mit zunehmender Übung immer flinker. 

In der Nestlingszeit war das Gedeihen der Jungen vorwiegend die Sache der Häsin; der Züchter konnte dafür nur beste Rahmenbedingungen schaffen. Sobald die Jungen aber das Nest verlassen, ist die Fürsorge des Züchters gefragt. 

Die Augen der Jungtiere müssen kontrolliert werden, denn ab und zu kleben die Lider so stark zusammen, dass man beim Öffnen etwas nachhelfen muss. Mit einem sauberen, feuchten Taschentuch tupft man über die Lider, bis sie sich öffnen. Versäumt man dies, riskiert man, dass das Auge blind wird. Kleben die Lider immer wieder von Neuem zusammen, ist sogar ein gelblicher Ausfluss erkennbar, liegt eine Entzündung vor; eine Augensalbe vom Tierarzt schafft Abhilfe.

Der Übergang von Milch zu fester Nahrung ist eine heikle Phase. Jetzt entscheidet sich, in welche Richtung sich die Darmflora entwickelt. Erst im Alter von rund zehn Wochen wird sich die Bakterienflora auf ein stabiles, hoffentlich gutes Gleichgewicht einpendeln. Den Grundstein hat die Häsin mit ihrem Blinddarmkot gelegt, den sie im Nest deponiert hat. Die Kleinen frassen ihn und beimpften so ihre Därme mit den mikrobiellen Helfern.

Wieso Kokziden so gefährlich sind
Kokzidien sind Einzeller mit einem komplizierten Entwicklungszyklus, der teils im Kaninchenkörper, teils in der Umgebung abläuft: Kaninchen scheiden in ihrem Kot Dauerformen (Oozysten) aus. In der Kotecke reifen darin infektiöse Partikel, die Sporozoiten. Die Entwicklung vom Ausscheiden mit dem Kot bis zum infektiösen Parasit dauert in der Regel zwei bis vier Tage. Lecken die Tiere ihre kotverschmutzten Pfoten, nehmen sie damit infektiöse Oozysten auf. Im Darm werden die Parasiten freigesetzt und dringen in die Schleimhautzellen ein, wo sie sich durch Teilung stark vermehren, die Zelle zerstören und immer weitere Zellen befallen. Aus einer einzigen aufgenommen Oozyste entstehen so in einem Kaninchen innert zwei Wochen 200 000 bis 500 000 neue Oozysten! Entfernt man alle zwei Tage den Kot, können keine infektiösen Parasiten mehr heranreifen.

Aus dem bunten Gemisch verschiedenster Mikroorganismen vermehren sich diejenigen am schnellsten, denen die Bedingungen im Darm am besten zusagen – und diese Bedingungen hängen direkt vom Futter ab. Heu und saisonales Frischfutter fördern die guten Darmbakterien. Viele leicht verdauliche Kohlehydrate lassen hingegen die Zahl der problematischen Mikroorganismen, wie Colibakterien und Clostridien, in die Höhe schnellen. 

Als Frischfutter eignen sich saubere Rüstabfälle aus der Küche – allerdings ohne Lauch und Zwiebeln, Kohlgemüse höchstens in Kleinstmengen – frische Hasel-, Erlen- und Weidenäste, die vom Durchmesser her zu den Mäulchen der jungen Kaninchen passen, erstes Frühlingsgrün wie Löwenzahn, Giersch, Spitzwegerich, Primel, Gänseblümchen, Ruprechtskraut, Wiesenschaumkraut. 

Kokzidien an der Wurzel bekämpfen
Aus dem Kräutergarten kommen Oregano, Bohnenkraut, Beifuss, Wermut dazu. Diese vier Kräuter und die wild wachsende, häufige Nelkenwurz haben eine direkte Hemmwirkung auf krank machende Bakterien und sogar auf Kokzidien. Am wirksamsten – und damit im Kaninchengarten eigentlich unentbehrlich – ist dabei Beifuss. Natürlich ist es zeitaufwendig, die Kaninchen täglich mit verschiedenen frischen Kräutern zu füttern, doch gesunde Jungtiere ohne Ausfälle sind der Lohn dafür. 

Kokzidien sind ein Dauerthema bei Kaninchen. Jungtiere, deren Darmflora im Aufbau und das Immunsystem noch nicht voll entwickelt ist, sind besonders anfällig auf die einzelligen Parasiten, die in den Zellen der Darmschleimhaut leben und diese zerstören. Die Nährstoffe können so nicht mehr richtig vom Darm in den Körper aufgenommen werden. Appetitlosigkeit, ungeformter Kot bis Durchfall, Blähbäuche und struppiges Fell sind die Symptome. Ein Kokzidienbefall verändert darüber hinaus die Darmflora, pathogene Mikroorganismen nehmen überhand und verschlimmern die Probleme. Daneben zerstören Kokzidien Teile des lymphatischen Gewebes im Darm, eines wichtigen Teils des Immunsystems.

Es gibt eine einfache Behandlung gegen Kokzidien: Sauberkeit, am besten bei allen Kaninchen, peinlich genau aber in den Aufzuchtställen. Die Kotecke im Jungtierstall wird alle zwei Tage gesäubert, frisch eingestreut und schon nimmt der Parasitendruck enorm ab. Reicht man dazu noch die erwähnten Kräuter, sind Kokzidien meistens kein Thema mehr. 

Ställe können nie zu gross sein
Wie alle Jungtiere haben auch Kaninchen einen ausgeprägten Bewegungs- und Spieltrieb, dabei werden die Muskeln gestärkt und Verhaltensweisen geübt. Aufzuchtställe können somit eigentlich nie zu gross sein. Strukturen wie Röhren, Häuschen, Plattformen sorgen für Spannung und Abwechslung und dienen auch als Rückzug. Ein Freigehege, in das man die Familie bei gutem Wetter setzt, verhilft zu neuen Eindrücken und Erfahrungen – sozusagen Kurzferien für Langohren. Auch in einem Freigehege muss ein Rückzug vorhanden sein, in dem sich die Hasenfüsse bei Bedarf verstecken können. Vorsicht vor Katzen und Raubvögeln: Eine solide Abdeckung schützt vor traurigen Verlusten. 

Die Aufzuchtzeit bedeutet zwar mehr Arbeit, beschert aber auch besonders viel Freude. Gerade die kommenden Ostertage bieten sich ideal an, aus der täglichen Routine von Füttern, Tränken und Misten auszubrechen, einen Stuhl vor die Aufzuchtställe zu stellen und sich darin sitzend einfach einmal Zeit zu nehmen, die Familien zu beobachten, sich an den Sprüngen und Kapriolen der kleinen Fellbälle zu erfreuen. Aber auch den altgedienten Zuchttieren in ihrem beschaulicheren Tun zuzuschauen, ihnen ein bisschen die Ohren und das Fell zu kraulen und einfach dankbar zu sein, so schöne Tiere und ein so tolles Hobby zu haben.