Als Züchter in einem Wohnquartier hat man es nicht leicht, ein entsprechendes Baugesuch für einen Kleintierstall bewilligt zu bekommen. Dabei sind eigentlich in der Wohnzone Kleintiere uneingeschränkt zugelassen. Je nach Nachbarn sind aber Probleme wegen dem Lärm oder den Gerüchen vorprogrammiert. 

Dario Marty aus Turtmann VS hat die Herausforderung einer Stallung im Wohngebiet angenommen. In einem Wohnquartier hat er vor drei Jahren das Elternhaus übernommen. Daneben steht eine etwa 6 × 12 Meter grosse Werkstatt mit vielen Scheiben. Somit hat er mit seinen 20 bis 30 Tieren keine Licht- und Platzprobleme. «Den anfallenden Mist kippe ich auf einen Anhänger und bringe ihn samstags immer zur Grünabfuhr. Daher sind Fliegen und allfälliger Gestank überhaupt kein Problem», sagt der 30-Jährige. 

Schon im Primarschulalter hielt er Kaninchen, allerdings keine Rassekaninchen. Zur  Rassekaninchenzucht kam der Aufzugstechniker durch Züchter und Kollegen aus Gampel und Agarn. Bezüglich Rasse war für ihn von Anfang an klar, dass es Kaninchen mit Hängeohren sein sollten. Dabei hat er sich wegen der Grösse für Zwergwidder entschieden. 

Die ersten Tiere, eine Zibbe mit drei Jungen, bekam Marty von Markus Eyholzer aus Glis VS. Einen weiteren Rammler holte er bei Patrick Aebischer aus Alterswil FR. «Mit diesen Tieren ist mir der Zuchtanfang sehr gut gelungen. Dafür bin ich Markus Eyholzer und Patrick Aebischer sehr dankbar. Sie haben mir wirklich tolle Zuchttiere abgegeben», schwärmt Marty heute noch.

In der grossen Werkstatthalle könnte Marty problemlos doppelt so viele Kaninchen unterbringen. Er bevorzugt es aber, weniger Tiere zu halten. «Ich halte meine Zwergwidder in grossen Ställen, da ich der Meinung bin, dass Bewegung eine sehr gros­se Rolle für den Körperbau und die Haltung spielt.» Der grosse Raum bietet zudem genügend Platz für Transportkisten, Futter, Stroh – und einen riesigen Heuballen. «Bei uns gibt es kaum noch kleine Heuballen zu kaufen», erklärt Marty. «Die Bauern in der Region machen nur noch grosse Rundballen. Ich bestelle einfach einen solchen Ballen und lasse ihn mir mit dem Traktor in die Halle bringen.» Zusätzlich zum Heu bekommen seine Tiere noch Kraftfutter in Form von Würfeln und je nach Saison allerlei Grünzeug, Gemüse und Obst.

Beschränkter Einfluss
«Ich wende jeden Tag etwa eine Stunde für die Fütterung und Pflege der Kaninchen auf», sagt Marty. Insgesamt verbringt er aber deutlich mehr Zeit in der alten Werkstatt: «Mit den Jahren ist daraus ein beliebter Treffpunkt für ein Feierabendbier geworden.»  Hier wird ebenfalls während des ganzen Jahres gefachsimpelt. Das Zuchtjahr besteht für Marty nämlich nicht nur aus der richtigen Verpaarung und den Ausstellungen. Wobei gemütliche Stunden mit Gleichgesinnten gerade an Ausstellungen für ihn unvergessliche Momente sind. 

Er stelle jedes Jahr sowohl kantonal als auch schweizerisch aus, sagt Marty. Ziele setze er sich dabei bis am Ausstellungstag selber keine: «Wer viel mit Tieren zu tun hat, weiss, dass der Mensch nicht alles beeinflussen kann. Am Bewertungstag muss einfach alles stimmen: Fütterung, Gesundheit und vor allem die Tagesform sind matchentscheidend, ob ein Rammler 96,5 oder 97 Punkte bekommt.» Obwohl Marty erst seit fünf Jahren züchtet, hatte er bereits einigen Erfolg. «Ich habe einen guten Draht zu meinen Tieren und sie merken dies auch», sagt er dazu. 

Nicht schön, aber nötig
Bei Zwergwiddern ist die Gefahr gross, dass sie im zweiten Jahr zu schwer werden. Umso mehr freut sich Marty darüber, dass er seine Tiere so hält, dass er sie mehrere Jahre ausstellen kann. Sein Scheckenrammler «Ares» wurde an der Kantonalen Rammlerschau zweimal in Folge Rassensieger. Ferner war er im Siegerstamm an der schweizerischen Klubschau 2018. Zur perfekten Mantelzeichnung hinzu kommt, dass der Rammler offenbar sehr gut vererbt. So konnte ein naher Verwandter von «Ares» 2019 die Kantonale Rammlerschau mit 97 Punkten als Kategoriensieger abschliessen. Marty hofft, dass die beiden Tiere gesund bleiben und noch lange für tollen Nachwuchs sorgen.

Die Zukunft der Rassekaninchenzucht sieht Marty vor allem wegen «extremen Tierschutzvorgaben» gefährdet. Kontrollen seien zwar gut – dabei sollte laut Ansicht des 30-Jährigen aber nicht übertrieben werden. Die meisten Züchter und Halter würden nämlich sowieso alles Denkbare unternehmen, um ihre Tiere artgerecht zu halten. 

Das Schlachten der Kaninchen ist für den  tierliebenden und naturverbundenen Marty zwar nicht schön, aber nötig. «Der Mensch soll Achtung vor der Natur zeigen, jedoch nicht alles schwarzmalen, was seit Hunderten von Jahren gemacht wird. Ich hoffe jedoch trotzdem, dass es wieder mehr Jung- oder Neuzüchter geben wird. Ich wäre immer bereit gute Tiere abzugeben und Interessierte mit meinem Wissen zu unterstützen.» So würde es ihn denn auch besonders erfreuen, wenn man in zehn Jahren lesen könnte, dass sich die Anzahl Züchter, wenn auch nur minim, gesteigert hat. 

Neben den Kaninchen haben Dario Marty und seine Freundin Vanessa Juon noch einen Jagdhund, einen Kleinen Münsterländer. Diesen hat der leidenschaftliche Jäger während der letzten zwei Jahre zum Schweisshund ausgebildet. Ferner halten sie noch eine Katze, welche «den Stall und das Haus gegen Mäuse verteidigt». Ausserdem liefern neun Wachteln täglich Eier. Das Lebensmotto von Marty: «Es gibt Zeiten, in denen man die Stille der Tiere braucht, um sich von den Menschen zu erholen.»