Bei einigen Züchtern tummeln sich bereits seit Ende Jahr die ersten Jungtiere in den Boxen. Andere, wie der 30-jährige Marc Eggen aus St. Stephan im bernischen Simmental, erwarten den ersten Kaninchennachwuchs des neuen Zuchtjahres im Verlaufe des Monats März. Eggen hält die hochträchtigen Zibben in sauberen Boxen mit einem zusätzlichen Wurfbox-Abteil. Es ist geschlossen und nur mit einem Luftloch versehen, damit die Luftzirkulation funktioniert.

Züchter, die nicht über diese Möglichkeit verfügen, halten ihre angehenden Muttertiere in einer Doppelbox, die sie ihnen mindestens zwei Wochen vor dem Wurfdatum zur Verfügung stellen. Die eine Hälfte wird zu drei Vierteln (Luftzirkulation ermöglichen) verdunkelt. Darin kann dem Tier zusätzlich eine Nistkiste bereitgestellt werden. So steht dem trächtigen Kaninchen ausreichend Zeit zur Verfügung, die neue Umgebung zu erkunden und es steht bei beiden Varianten ein von vielen Muttertieren bevorzugter Wurfraum bereit. «In der Regel nimmt die Zibbe die Gelegenheit wahr, darin ihr Nest zu bauen. Es kann aber in Einzelfällen durchaus sein, dass sie einen anderen Standort bevorzugt», sagt Eggen. Es sei wichtig, dem Tier ausreichend Stroh zur Verfügung zu stellen. Dieses wird von ihm zerkleinert und beim anschlies­senden Nestbau festgetreten.

Es ist jetzt besonders wichtig, das Verhalten der Zibbe zu beobachten
Ist eine Zibbe schon Tage vor dem Werfen mit dem Bau ihres Nestes beschäftigt, kann davon ausgegangen werden, dass der Wurf gut abgesetzt wird. Hat das Muttertier den Nestbau vernachlässigt und wird von der Geburt überrascht, kann es durchaus sein, dass die Jungen verstreut herumliegen. Ähnliche Beobachtungen werden hin und wieder auch bei erstgebärenden Zibben gemacht. Vermehrte Kontrollen durch den Züchter sind deshalb wichtig. Bleiben die Jungtiere besonders an kälteren Tagen ungeschützt liegen, sterben sie an Unterkühlung. Oft gelingt es jedoch, die scheinbar leblosen Tierchen zu retten. In der warmen Hand oder unter Mithilfe anderer Wärmequellen wird der Kreislauf wieder aktiviert. Sind die Jungtiere munter, bettet er sie in ein selbst gebautes Nest.

Nun ist es wichtig, das Verhalten der Zibbe genau zu beobachten. Versorgt sie die Jungen ordentlich mit Milch, sodass diese prall gefüllte Bäuchlein haben, scheint alles gut zu sein. Es ist aber auch möglich, dass sich das Muttertier nicht um die Jungen kümmert, oder gar das Nest zerstört. In solchen Fällen – die glücklicherweise nicht die Regel sind – können die neugeborenen Kaninchen gerettet werden, indem man sie auf andere Nester verteilt. Sind diese bereits voll oder stehen keine zur Verfügung, lässt sich bei Züchterkollegen Hilfe in dieser Notsituation finden.

Ganz wichtig ist es, die Tiere, die bei fremden Zibben der gleichen Rasse aufwachsen, mit einer Punkttätowierung im Ohr zu kennzeichnen, um sie später wieder zu erkennen. Diese Vorkommnisse müssen auch im Zuchtbuch festgehalten werden. Zeigt nämlich das Muttertier im Wiederholungsfalle ein ähnliches Verhalten, scheint es für die Zucht nicht geeignet. In der nächsten Zuchtsaison sind die Tiere aus diesem Wurf genau zu beobachten. Der Züchter kann hoffen, dass sich die negative Eigenschaft des Muttertiers nicht vererbt hat.

Das Nest und die Milchleistung der Zibbe müssen regelmässig kontrolliert werden (siehe auch «Tierwelt» Nr. 6, Seite 46). Jungtiere, die lange im Nest bleiben, lassen darauf schlies­sen, dass die Zibbe über ausreichend Milch verfügt. All dies hat Marc Eggen in seiner 23-jährigen Züchterkarriere bereits mehrmals erfahren. 

«Nach zehn Tagen öffnen die Jungtiere ihre Augen, was ich immer kontrolliere», sagte der Berner Oberländer. Sollten die Lider nach dem zwölften Tag immer noch verklebt sein, hilft er mit einem mit lauwarmem Kamillentee getränkten Tuch oder Watte nach. Damit löst er die Verkrustung und das Jungtier kann das noch verschlossene Auge – möglicherweise unter Mithilfe des Züchters – leicht öffnen. Blieben die Augen nämlich zu lange geschlossen, könnte das Tier erblinden.

Eggen richtet sich beim Decken nach dem Mond und nach den Sternzeichen
Wenige Tage später unternehmen die jungen Kaninchen erste Erkundigungsgänge in der Umgebung des Nestes. Eggen hat bereits zuvor kleine Heuportionen auf das Nest gelegt. Je länger die Jungtiere im Nest verbleiben, umso besser – ein Zeichen, dass die Milchleistung des Muttertieres ausreichend ist. Nach rund drei Wochen verlässt der Kaninchennachwuchs das Nest. «Neben Heu am Boden stelle ich nun auch geeignetes Futter und Wasser zur Verfügung. Grünfutter reiche ich noch nicht», sagt Eggen. In dieser Zeit ist Hygiene von grosser Wichtigkeit, der Zibbenstall muss mindestens ein- bis zweimal wöchentlich ausgemistet werden. Im Zuchtbuch hat der junge Züchter fein säuberlich die erste Phase der Entwicklung des Wurfes aufgezeichnet.

Weitere Paarungen hat Eggen im März geplant. Seine Zuchttiere sind schon bestimmt. Bei den Paarungen achtet er darauf, dass sich Rammler und Zibbe ergänzen. In keinem Falle paart er zwei Tiere, die eine gemeinsame Schwäche aufweisen. In der Regel deckt er meist mehrere Zibben am selben Tag, um im Bedarfsfalle Tiere «schieben» (Versetzen von Jungtieren in fremde Nester) zu können. «In dieser Jahreszeit sind die Tiere fortpflanzungsfreudiger als in den vorherigen Monaten, als noch tiefe Temperaturen herrschten», hat Eggen beobachtet. Beim Decken richtet er sich nach dem Mondkalender. Im Idealfalle herrscht am Decktag die ideale Kombination zwischen «obsigend» (der Zeitraum, in dem der Tagbogen des Mondes von Tag zu Tag höher über dem Horizont verläuft) und einem Haartier als Sternzeichen vor.

Für Eggen ist es wichtig, seine Tiere abwechslungsreich zu füttern. Gegen Ende der Tragzeit reicht er den Zibben vermehrt Fenchel. Im März spriessen auch bereits erste Pflanzen wie Löwenzahn, die als Futter geeignet sind. Sie sollen aber massvoll verfüttert werden, um unliebsamen Verdauungsproblemen vorzubeugen.

Ein versierter Züchter
Marc Eggen ist seit 1995 ein begeisterter Sachsengoldzüchter. Als Siebenjähriger hielt er schon Schweizer-Schecken-Kaninchen. Ein erwachsener Züchter habe diese Tiere wegen des Gewichts als ungeeignet für ihn angesehen und ihm eine tragende Sachsengold-Zibbe organisiert, erinnert sich Eggen. Er hat Rückschläge in seiner Zucht verschmerzt und 2006 eine neue Anlage erbaut. Damit erfüllte sich der gelernte Schreiner einen Bubentraum. Geduld und Engagement haben sich positiv ausgewirkt. Eggen gilt als versierter und erfolgreicher Züchter und stellte schon viele Siegertiere.

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