Jetzt, so kurz vor der Rammlerschau in Freiburg, wird der Schönste im Stall mit Argusaugen beobachtet. Frisst er gut? Ist er munter und vital? Eine Gesundheitsstörung zum jetzigen Zeitpunkt kann wertvolle Punkte kosten und die Goldmedaille oder gar den Championtitel in unerreichbare Ferne rücken. Doch nicht nur die schönsten Kaninchen sollen gut durch den Winter kommen, sondern der gesamte Bestand. Nebst der selbstverständlichen Hygiene wie regelmässigem Misten und sauberen Näpfen hilft die Pflanzenwelt auf vielfältige Weise, die Tiere gesund zu halten. Die meisten Pflanzen in unseren Breitengraden befinden sich zwar in der Winterruhe, doch gibt es genügend saisonales Frischfutter wie Karotten, Randen, Äpfel, Wintersalate und allerlei Zweige. Sie enthalten Vitalstoffe, die den Tieren durch den Winter helfen. Dazu kommen verdauungsfördernde und immunstimulierende Gewürze und Kräuter aus Küche und Garten. 

Saftfutter ist bei Kaninchen beliebt und fördert den Appetit. Allerdings sollte man aus ökologischen Erwägungen auf Saisonales und Lokales zurückgreifen. Karotten sind das sprichwörtliche Kaninchenfutter. Sie verdanken ihre orange Färbung den Carotinoiden, zu denen auch das Beta-Carotin gehört. Dieses wird vom Körper in Vitamin A umgewandelt und verhilft zu einer gesunden Haut und einem starken Immunsystem. Nicht zuletzt kurbeln die Wurzeln auch die Fruchtbarkeit an. Da sie nicht viele Kalorien enthalten, lassen sie die Waage auf dem Expertentisch nicht in die Höhe schnellen. 

Randen enthalten viele Vitamine und Mineralstoffe. Ihr hoher Anthozyangehalt (der rote Farbstoff) hemmt Tumorzellen, der Wirkstoff Betain sorgt für mehr Glückshormone und schützt Herz und Leber. Randen verbessern auch die Sauerstoffverwertung in den Mitochondrien, den kleinen Kraftwerken, die sich in den Körperzellen befinden, steigern damit die Ausdauer und verlangsamen die Alterung. Kaninchen mögen das Wurzelgemüse sehr gern. Man bekommt ungewaschene und damit lagerfähige Futterranden direkt beim Gemüsebauern. Übertreiben sollte man aber nicht: Randen enthalten Oxalsäure, die an der Bildung von Nierensteinen beteiligt ist. Nach einer Randenmahlzeit ist übrigens der Urin oft rötlich gefärbt, was kein Grund zur Sorge ist.

«Gschwellti» für mehr Gewicht
Äpfel sorgen für eine gute Verdauung, stärken die Nerven und helfen so gegen den Ausstellungsstress vom Langohr und vom Züchter. Darüber hinaus regen sie die Nierentätigkeit an und kräftigen die Atmungsorgane und das Herz. Sie dürfen auch etwas schrumpelig sein, das stört die Kaninchen nicht. Ein weiteres Wintergemüse ist die Kartoffel. Kaninchen mögen sie am liebsten als «Gschwellti», also in der Schale gekocht. Mit Kartoffeln kann man das Gewicht der Tiere noch etwas nach oben drücken. 

Salate sind bei Kaninchen begehrt; dabei sind die bitteren Wintersorten Zuckerhut und Cicorino rosso besonders gesund. Diese Zichorien-Salate sind Zuchtformen der Wegwarte, die mit ihren Bitter- und Gerbstoffen bei Verstimmung des Verdauungstraktes hilft. Ihre Verwandten aus der Salatecke wirken ähnlich und sind deshalb im Winterhalbjahr besonders wertvoll, wenn es nur wenig Grünes gibt. Zeigt der künftige Champion weniger Appetit als normal, reicht man ihm ein paar Tage lang ein bis zwei Blätter Cicorino rosso und schon bald ist er wieder auf den Läufen.

Bei massiveren Verdauungsstörungen mit Blähbauch helfen Bohnenkraut, Kümmel, Anis und Fenchelsamen. Meist findet sich das eine oder andere davon in der Küche. Am besten verabreicht man sie gemeinsam als Vier-Kräuter-Tee, ergänzen und verstärken sie sich doch in ihrer Wirkung. Die Mischung aus je einer Prise der Gewürze mit zwei Deziliter kochendem Wasser übergiessen, sofort zudecken und zehn Minuten ziehen lassen. Diesen Tee als Tränke anbieten oder in Notfällen direkt eingeben. 

Tritt eine schwere Trommelsucht auf, muss rasch gehandelt werden. Bewährt hat sich eine Kombination der homöopathischen Mittel Nux vomica D30, Colchicum D12 und Carbo vegetabilis D30, die in die Stallapotheke gehören. Je ein paar Globuli (Kügelchen) oder Tropfen werden in etwas Wasser gelöst und dem leidenden Kaninchen direkt eingegeben. Vorsichtig füttern nach überstandener Trommelsucht mit wenig Haferflocken, viel Heu und dem oben beschriebenen VierKräuter-Tee. 

Nicht zu viele Ausstellungen
Zur Gesunderhaltung der Kaninchen gehört aber auch, sie in der Ausstellungssaison nicht zu überfordern. An Ausstellungen kommen Tiere aus verschiedensten Beständen zusammen, sitzen auf denselben Richtertischen und verbringen einige Tage nahe beisammen. Da werden Mikroorganismen ausgetauscht, ein starkes Immunsystem hält diese in Schach. Die körpereigene Abwehr wird jedoch durch andauernden Stress geschwächt, wie dies mehrere aufeinanderfolgende Ausstellungen darstellen. Weniger ist in diesem Falle mehr. 

Zur Unterstützung des Immunsystems reicht man vor und nach der Ausstellung Oregano, der auch unerwünschte Mikroorganismen hemmt. Ähnlich wirken Thymian und getrocknete Brennnessel. Die Ausstellungstiere erhalten eine Woche lang täglich einen Teelöffel der Kräuter über das Kraftfutter gestreut. Zusätzlich gibt man ihnen Echinacea-Tinktur ins Trinkwasser. Dosierung: Zehn Tropfen auf die Menge Wasser, die das Kaninchen täglich trinkt. Als Knabberfutter eignen sich jetzt frische Zweige, etwa von Birke, Erle, Hasel und Fichte, die alle wertvolle Vitalstoffe enthalten.

Die beruhigende und gleichzeitig stärkende Zitronenmelisse (Melissa officinalis) erleichtert den Kaninchen den Transport zur Ausstellung und den Ortswechsel mit all den unbekannten Menschen und Gerüchen. So erhalten die Langohren am Vorabend der Reise und am Reisetag jeweils zehn Tropfen Melissentinktur mit etwas Wasser verdünnt oder getrocknete Melissenblätter übers Futter gestreut. Melisse hilft darüber hinaus auch gegen Reisekrankheit, der Kaninchen ebenso unterworfen sein können wie wir Menschen. So vorbereitet kommen die Kaninchen in Bestform an die Ausstellung und gesund wieder zurück.