Die jungen Bülbüls, Häherlinge, Sonnenvögel, Starweber oder Glanzstare sind bei bestem, warmem Wetter ausgeflogen, flattern voll befiedert im Gebüsch. Sie sind über den Berg, denkt sich der Züchter erleichtert, doch anderntags liegen sie auf einmal tot am Boden. Oder aber die Altvögel füttern emsig ihre Jungen, bis sie diese plötzlich, ohne ersichtlichen Grund, aus dem Nest werfen, ein neues Nest bauen und ein neues Gelege zeitigen. Was ist da los?

Während die Ernährung der Altvögel mit Mehlwürmern während der Ruhephase problemlos ist und sie damit gesund erhalten werden können, stellen sich bei der Jungenaufzucht Probleme. Auch die Autoren Stephanie und Reiner Winkendick aus Deutschland berichten, dass sie ihre Weichfresser mit der Futtermischung aus Hüttenkäse, Weichfutter und lebenden Mehlwürmern ernährten, dass sie aber regelmässig im Frühjahr ihre Jungen verloren, obwohl sie noch Heimchen und Zophobas zufütterten.

Erst mit der Umstellung der Futtermischung während der Aufzucht stellten sich Erfolge ein. Die Züchter reichten weiterhin Weichfutter. Dazu wurden tiefgefrorene Pinkies und Buffalos gemischt. Auch lebende Buffalos wurden gereicht. Als Zusatzpräparat gaben sie eine Mischung bestehend aus Kalzium, Phosphor, Hefe, Spurenelementen und Vitaminen. Alles wurde mit Ei vermischt verfüttert. Die Autoren betonen, dass der entscheidende Erfolg darin besteht, bei der Fütterung von Weichfresserpaaren in der Zuchtphase die Mehlwürmer auszulassen. Es kann sein, dass besonders die Männchen durch Mehlwürmer überschüssige Energie aufbauen, die dazu führt, dass erneut mit dem Nestbau begonnen, anstatt die bestehende Brut aufgezogen wird.

Der Inhalt zählt
Der Schweizer Weichfresserspezialist und Obmann der Exotis, Andy Fuchs, sagt jedoch: «Die Mehlwürmer sind nicht das Problem, sondern deren Ernährung.» Sie würden alles fressen, auch ihren Transport-Karton. Werden frisch beim Züchter eingetroffene Mehlwürmer sofort verfüttert, nehmen die Vögel schädliche Kleistersubstanzen des Kartons auf.

Mehlwürmer sollten also keinen Karton in ihren Behältnissen haben. «Es geht beim Verfüttern ja nicht um den Wurm an sich, sondern um seinen Inhalt», sagt Fuchs. «Ich füttere Mehlwürmer immer selber noch mindestens eine Woche, bevor ich sie an die Vögel verfüttere», sagt er. Dabei achtet er auf eine an Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen reiche Ernährung der Würmer, die etwa aus Rüebli, Weizenkleie, Haferflocken, Salat, Apfelstücken, Löwenzahn, Spitzwegerich und Brennnesseln bestehen kann. Fuchs betont, dass er kaum Probleme hat mit toten Jungen oder mit Altvögeln, die Junge aus dem Nest werfen.

Literaturtipp:
Stephanie und Reiner Winkendick: «Der Mehlwurm – Freud oder Leid der Vogelhaltung?», Gefiederte Welt Nr. 5/2013, S. 28–29