Von den fünf Sinnen nehmen beim Huhn das Hören und das Sehen die wichtigsten Positionen ein. Die Augen sind vergleichsweise gross und schwer. Konkret: Das Auge eines Menschen macht ungefähr ein Prozent der Masse des Kopfes aus, bei einem Huhn sind es sieben, bei einem Küken sogar zwölf Prozent. Im Aufbau ist das Hühnerauge ähnlich demjenigen der Säugetiere. Jedoch besitzen Hühner ein drittes Augenlid, das sogenannte Nickauge. Es lässt sich seitlich öffnen und kann zum Schutz und zur Reinigung von innen nach aussen über das Auge gezogen werden und ist hilfreich bei der Entfernung von Fremdkörpern.

Die Sehschärfe ist in etwa vergleichbar mit derjenigen des Menschen, doch sieht ein Huhn wesentlich schneller. Innert Sekunden kann es ein Bild aufnehmen, das das menschliche Auge erst mühsam zusammensetzen muss. Hühner verfügen zudem über einen beinahe vollständigen Rundumblick: Sie haben ein Gesichtsfeld von 300 Grad. Die seitlich am Kopf liegenden Augen ermöglichen es ihnen also, zwei Szenen gleichzeitig zu beobachten. 

Im Normalfall wird das rechte Auge für die Futtersuche genutzt, während das linke nach Feinden Ausschau hält. Bis auf rund fünf Meter Entfernung sehen Hühner scharf und farbig. Danach nimmt die Sehschärfe kontinuierlich ab und endet bei etwa 50 Metern. Im ursprünglichen Lebensraum, den Waldrändern von Asien, war es auch nicht nötig beziehungsweise von grossem Nutzen, hätten sie weiter sehen können. Räumlich sehen können Hühner nur einen verhältnismässig kleinen Bereich, was das Abschätzen von Entfernungen stark erschwert.

Viren, Entzündungen, Missbildungen
Die Augen sind die wissenschaftlich wohl am meisten untersuchten Organe beim Geflügel. Hühner haben die besseren Sehfähigkeiten als Menschen und ein grosses Farbenspektrum. 70 Prozent der Wahrnehmung laufen beim Huhn über das Sehen ab, wie Peter Lewis und Trevor Raymond Morris in ihrem 2006 erschienenen Buch «Poultry Lighting» schreiben. Das Gewicht der Hühneraugen ist denn auch proportional schwerer als dasjenige des Gehirns, was die Wichtigkeit dieses Organs nochmals deutlich unterstreicht. Gerade weil ein gutes Sehvermögen so bedeutend für ein Huhn ist, ist es entscheidend, dass man als Züchter oder Halter Veränderungen der Augen schnell erkennt und somit einerseits das Auge vor bleibenden Schäden bewahrt, andererseits aber auch eine Krankheit früh erkennt und geeignete Massnahmen ergreifen kann.

Augen können aber auch viel über den Gesundheitszustand eines Huhns aussagen. Nicht zuletzt kann man an den Augen einige Krankheiten, die ein Huhn befallen können, ablesen. Augenveränderungen treten etwa bei der Marekschen Krankheit auf. Dabei handelt es sich um eine Viruserkrankung, die seuchenartig auftritt. Nebst den Augenveränderungen, die sich durch verengte, schlitzförmige Pupillen und eine Irisverfärbung zeigen, sind Lähmungserscheinungen als typisches Symptom zu bezeichnen. 

Daneben können Hühner aber auch an Augenentzündungen leiden, diese können verschiedene Ursachen haben. Zum einen können sie sich durch den Übertritt einer Entzündung von der Maulschleimhaut aus auf das Auge erweitern. Es kann aber auch durch die Invasion gewisser tierischer Schmarotzer zu einer Augenentzündung kommen. Am häufigsten jedoch werden Augenentzündungen durch mechanische Einwirkungen sowie Erkältungen verursacht. 

Eine Augenentzündung zeigt sich dadurch, dass die Tiere ihre Augen vorwiegend geschlossen halten. Die Augenlider sind angeschwollen und das Auge tränt ständig. Ist das Auge mal offen, zeigen sich die Schleimhaut gerötet und der Augapfel getrübt. Zur Behandlung einer Augenentzündung empfiehlt es sich, den Stall abzudunkeln und das Auge mit kaltem Wasser oder Kamillentee zu reinigen, bis eine Besserung eintritt. 

Eher etwas unbekannt ist die Mikrophthalmie, eine Verkleinerung der Augäpfel. Es handelt sich dabei um eine angeborene, unübliche Kleinheit der Augäpfel oder auch um eine rudimentäre Ausbildung eines oder beider Augäpfel. Eine ausgeprägtere Form dieser Krankheit nennt man auch Nanophthalmie.  Ist das Auge gar nicht angelegt, spricht man von einer Anophthalmie. 

Paul Hilbrich, Tierheilkundler und ehemaliger Leiter des Geflügel- und Gesundheitsdienstes beim Tiergesundheitsamt in Hannover, spricht in «Krankheiten des Geflügels» von verschiedenen Krankheiten, die sich unter anderem durch Veränderungen der Augen bemerkbar machen. Beispiel Bronchitis: Feuchte Augen und / oder Nasen- und Augenausfluss können Symptome dieser ansteckenden Luftröhrenentzündung sein. Eine Erkrankung, die ein Huhn erst ab dem dritten Lebensmonat bekommen kann. 

Prävention durch gutes Stallklima
Auch ein Vitamin-A-Mangel kann sich auf die Augen auswirken. Bei Küken äussert sich dieser im Alter von drei bis vier Wochen in Form von Tränenfluss und weissem, käsigem Ausfluss unter den Lidern. Auch bei erwachsenen Hühnern ist bei einem Vitamin-A-Mangel ein starker Augenausfluss zu beobachten.

Eine gute Be- und Entlüftung ist für die Aufrechterhaltung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Geflügels von entscheidender Bedeutung. Verbrauchte feuchte Luft sollte dem Stall entzogen und sauerstoffreiche Frischluft zugfrei und möglichst erwärmt zugeführt werden. Der Luftaustausch ist nötig, da extreme Werte von Kohlendioxid (CO2) und Schwefelwasserstoff (H2S) den Stoffwechsel der Tiere stören. Ammoniak wiederum reizt die Schleimhäute und verursacht Augenerkrankungen.