Nicht nur Menschen sehnen sich nach nun dreieinhalb Wochen nach einem Besuch beim Coiffeur. Hundesalons sind seit dem 16. April ebenfalls geschlossen. Doch während beim Menschen höchstens die Optik unter dem Lockdown leidet, kann er den Hunden durchaus ans Lebendige gehen, wie Hanna Amsler vom Hundesalon Nebelburg aus Rubigen BE erklärt.

Klar gebe es Hundehalter, die mit einem schön frisierten Hund spazieren wollen und deshalb einen Hundesalon aufsuchen. «Die meisten jedoch möchten ihrem Hund gerade in dieser Jahreszeit den Fellwechsel erleichtern», sagt die 28-Jährige. Jetzt, wo es draussen wärmer wird, stossen jene Hunde mit Unterwolle ihren Winterpelz ab. Je nach Rasse finde das nicht mehr auf normalem Weg statt, erklärt Amsler. «Leonberger, Samojeden, Neufundländer oder Chowchows etwa haben so viel Unterwolle, dass sie unbedingt unterstützt werden müssen.» Der Grund: Bleibt die Unterwolle im darüber liegenden Deckhaar sitzen und der Hund geht gerne ins Wasser, kann die Haut nicht mehr trocknen. Die Folge sind Ekzeme und Hotspots, die eitern, jucken und die Haut schädigen.

Ständig wachsende Haare stechen ins Auge
Es gibt aber auch Hunde, die keinen Winterpelz haben, deren Fell jedoch das ganze Jahr wächst wie etwa beim Pudel, Bolonka Zwetnas oder dem Bedlington Terrier. Da die Halter ab einer gewissen Länge des Fells nicht mehr hinterher kommen mit Bürsten, bringen sie ihre Vierbeiner regelmässig in den Hundesalon. «Dabei erleichtere ich nicht nur dem Besitzer die Fellpflege, sondern sorge auch für das Wohlbefinden der Hunde», sagt Amsler. «Denn Knöpfe und verfilzte Haare ziepen auf der Haut.»

 

Nahrung für gesundes FellZahlreiche Ratgeber legen Hundehaltern nahe, den Fellwechsel zusätzlich auch übers Futter zu unterstützen. Dabei werden dieselben Nährstoffe genannt, die auch bei Menschen für schöne Haare, Haut und Nägel sorgen sollen: Zink, Vitamine A und B sowie ungesättigte Fettsäuern. Letztere kommen beispielsweise in Lachs-, Hanf- oder Leinöl vor. So kann man zur Unterstützung des Fellwechsels dem Hund jeweils einen Esslöffel eines dieser Öle pro zehn Kilogramm Gewicht ins Futter mischen. Ausserdem gibt es im Handel spezielle Tabletten oder Ölmischungen als Futterzusätze.

Wenn nun also infolge der Corona-Krise alle Hundesalons in der Schweiz geschlossen sind, drohen solchen Hunden auch gesundheitliche Probleme. «Gerade in der Gesichtspartie können die ständig wachsenden Haare unangenehme Folgen haben», schildert die Hundecoiffeuse. «So stechen die Haare plötzlich in die Augen, wodurch es zu Augenentzündungen kommen kann.» Ausserdem bleibe dann oft Kot in den zu langen Haaren um den After kleben, was ebenfalls zu Entzündungen führen kann.

Halter müssen zur Bürste greifen
Ist der Gang in den Hundesalon nicht möglich, seien die Halter gefragt, sagt Amsler. «Bürsten ist das A und O, bei allen Rassen und allen Felltypen.» Fehlt dem Halter die Geduld, empfiehlt die Expertin, gestaffelt zu arbeiten: Erst das eine Hinterbein bürsten, dann eine Pause, dann das nächste Hinterbein und wieder eine Pause, und so weiter. Wichtig sei, dass man vom Haaransatz bis zur Spitze durchbürstet. «Und bei verknöpften Haaren macht man es wie beim Menschen: Man hält den Knopf zwischen Knopf und Haut fest und bürstet vorsichtig aus.»

Viele Hundehalter hätten Angst, die Haare im Gesicht ihrer Lieblinge zu schneiden. Zu Recht: Eine falsche Bewegung reicht, um das Auge mit der Schere zu verletzen. Wenn man sich sicher fühlt, könne man auch ruhig probieren, die Haare vor den Augen und um den After zu schneiden. Amsler rät, ruhig und sicher vorzugehen und nicht hektisch zu werden, dann seien die meisten Hunde zur Kooperation bereit. «Und das Schöne an Haaren ist ja, dass sie wieder nachwachsen. Selbst wenn der Schnitt nicht perfekt sitzt in diesen Zeiten, sieht man zwei Hundesalonbesuche später nichts mehr davon.»

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Bei Gesundheitsproblemen zum Tierarzt
Und wenn alles Bürsten und Pflegen nichts bringt und der Hund gesundheitliche Probleme kriegt? «Gesundheit geht immer vor Schönheit», sagt Amsler. «Bei Hotspots und anderen Hautreizungen führt der erste Weg immer zum Tierarzt.» Der hat die Möglichkeit, ein Rezept oder eine Überweisung an einen Hundesalon auszustellen. Besteht eine medizinische Notwendigkeit, dürfen Hundecoiffeuse wie Amsler die Hunde behandeln – natürlich unter Einhaltung der Sicherheitshinweise des Bundesamts für Gesundheit.

Viele ihrer Kunden hätten sich sehr gut mit der Lage arrangiert und mittlerweile sogar Freude gefunden an der Fellpflege ihrer Lieblinge. «Trotzdem sind sie froh, wenn ich wieder arbeiten darf und die Hunde wieder professionell gepflegt werden und hübsch aussehen. Darauf freue ich mich auch.»