Der Geist eines Hundes entspreche in manchen Bereichen etwa dem Level eines 2- bis 3-jährigen Menschenkinds, schreibt ein internationales Forscherteam im Journal «Nature». Bei Kindern wie auch bei Hunden sei es schwierig zu definieren, was Trauer ist. Als deutliches Zeichen für Trauer gelte, wenn die Tiere unterschiedlich reagieren, je nachdem ob sie den Leichnam ihres einstigen Mitbewohners sehen oder nicht. Dann dürfte der Schmerz über einfachen Stress aufgrund einer Trennung vom Artgenossen hinausgehen, so die Argumentation.

Die Beziehung ist entscheidend

Um mögliches Trauerverhalten bei Hunden zu untersuchen, wurde eine Umfrage unter 426 italienischen Hundehaltern ausgewertet. Sie alle haben mindestens zwei Hunde gehalten, wovon einer verstarb. Knapp 70 Prozent der «überlebenden» Hunde suchte demnach vermehrt die Aufmerksamkeit ihres Besitzers, etwa die Hälfte spielte weniger oder war weniger aktiv. Ebenfalls oft beobachtet wurde häufigeres Schlafen, erhöhte Ängstlichkeit, vermindertes Fressen und gelegentliches Winseln.

Ob die Hunde ihre verstorbenen Artgenossen beschnuppern konnten oder nicht, machte laut den Forschenden keinen Unterschied. Hingegen wirkte sich die Qualität der Beziehung unter den Tieren aus: Waren sie verwandt oder kamen gut miteinander aus, traten öfter die obengenannten Verhaltensänderungen auf. Wie lange sie bereits zusammengelebt hatten, hatte keinen Einfluss.

Es ist nicht nur die Trauer des Besitzers

Mit dem Fragebogen erfasste man auch die Gefühle des Hundehalters nach dem Verlust eines seiner Vierbeiner. Die Studienautoren stellten keinen Zusammenhang fest zwischen der Traurigkeit der Bezugsperson und dem Verhalten des verbleibenden Hundes. Das deute darauf hin, dass es sich bei der scheinbaren Fressunlust und der Suche nach Aufmerksamkeit nicht einfach um eine Projektion menschlichen Kummers handelt. Mit anderen Worten: Wahrscheinlich verhalten sich die Hunde effektiv anders, wenn ein verwandter oder befreundeter Artgenosse stirbt – es ist nicht die alleinige Interpretation ihres Besitzers.

Allerdings sei die Ängstlichkeit der Tiere umso höher gewesen, je eher ihre Bezugsperson Anzeichen von Verzweiflung, Wut oder eines psychischen Traumas zeigte. Wie es dem Menschen geht, lässt einen Vierbeiner bekanntlich nicht kalt.

Die Frage bleibt offen

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Da Hude soziale Wesen sind, stimmen sie ihr Verhalten aufeinander ab. Die Koordination innerhalb einer Gruppe sei fundamental für deren Zusammenhalt und Organisation, schreiben die Forschenden. Mögen sich die Tiere, stimmen sie ihre Routinen eher aufeinander ab und reagieren entsprechend stärker, wenn ihr felliges Gegenüber plötzlich fehlt. Die Verhaltensänderungen interpretiert man als Stress nach der Trennung, dass aber die Qualität der Beziehung wichtiger zu sein scheint als deren Dauer, weist auf eine Art Trauer hin. Es sei wichtig, solche Phänomene zu verstehen, um die psychischen Bedürfnisse eines Hundes nach dem Tod eines Artgenossen erkennen zu können. Da relativ viele Vierbeiner mit einem oder mehreren weiteren zusammenleben, könnte dies laut den Forschenden ein bisher übersehener Aspekt des Tierwohls.

Trotzdem, heisst es abschliessend, fehle noch immer der Beweis, dass es sich um «Trauer» handelt.

Trauer im TierreichDer Duden definiert Trauer als «seelischen Schmerz über einen Verlust oder ein Unglück». Verschiedene Tierarten zeigen angesichts toter Artgenossen Verhaltensweisen, die als Trauer interpretiert werden. So tragen Primaten und Wale z. B. ihre verstorbenen Jungtiere  während Stunden oder sogar über einen Monat mit sich herum. «Todesrituale» wie das Berühren oder Untersuchen des Leichnams wurde unter anderem bei Elefanten oder Vögeln beobachtet. Für Hundeartige gehören Wölfe, die tote Welpen vergraben, zu den wenigen bekannten Beispielen.