Die Tierernährung wird sich vielleicht schon in Kürze von den Antibiotika verabschieden müssen, weil Krankheitserreger gegen diese Medikamente immer widerstandsfähiger werden. Alternativen stehen zwar zur Verfügung, doch nicht immer ist eine zufriedenstellende Wirkung auszumachen. Da fallen Ansätze mit einer ganzheitlichen Betrachtungsweise auf fruchtbaren Boden. Ein Beispiel dafür sind die sogenannten effektiven Mikroorganismen (EM). Diese flüssigen Produkte, die auf ein Konzept des japanischen Agrarwissenschaftlers Teruo Higa zurückgehen, enthalten eine Mischung aus Hefen, Milchsäure- und Photosynthesebakterien. Einige dieser enthaltenen Mikroorga nismen sind aus der Lebensmittelindustrie bekannt (Bier, Sauerkraut, Joghurt etc.). 

Laut Ueli Rothenbühler aus Arni BE, dem Gründer der EM Schweiz AG kam schon vor Jahren ein initiativer Kleintierzüchter im Emmental auf die Idee, diese Produkte bei seinen Holländerkaninchen und seinem Ziergeflügel konsequent einzusetzen. Dieser Pionieranwender sei damals vom Produkteinsatz überzeugt gewesen, weil kaum mehr Tierabgänge auftraten; zudem stellte er eine ausgezeichnete Jugendentwicklung und eine bessere Gesundheit bei allen Tieren fest. 

Weniger lästige Fliegen im Stall
Ob die effektiven Mikroorganismen wirklich wirken, ist umstritten. Doch Rothenbühler weist darauf hin, dass die Wirkung auf zwei wichtigen Prinzipien basiere: Beim sogenannten Dominanzprinzip handle es sich um eine Verschiebung hin zu positiven Mikroorganismen, die die Vorherrschaft übernehmen. Beim Fermentationsprinzip werden unter Ausschluss von Sauerstoff komplexe Moleküle in einfache organische und anorganische Substanzen umgeformt; zu vergleichen mit der Silageherstellung in der Landwirtschaft oder die Sauerkrautherstellung, wie sie heute noch in ländlichen Gegenden praktiziert wird. Auf diese Weise verdrängen die EM-Mikroben problematische Keime und schaffen ein besseres Milieu für das Kaninchen oder für andere Tiere der Landwirtschaft.

<drupal-entity data-embed-button="media" data-entity-embed-display="view_mode:media.teaser_big" data-entity-embed-display-settings="[]" data-entity-type="media" data-entity-uuid="c9cce76b-8bd5-4721-848b-a4c18b18b941" data-langcode="de"></drupal-entity>
Das Besprühen der Ställe sorgt für ein gutes
Mikroklima.

Bild: Heinz Schmid

Der Einsatz von EM bleibt nicht auf die Fütterung der Kaninchen beschränkt. Mit Sprühgeräten (Hand- oder Rückenspritzen) werden selbst Inneneinrichtungen der Ställe mit diesen effektiven Mikroorganismen behandelt. Nichts wird dabei vergessen, selbst die Ausläufe, Liegeplätze oder Sitzbretter und die eigentlichen Versäuberungsstellen werden benetzt. Dieser Einsatz hilft auch, üble Gerüche zu reduzieren; diese können sogar ganz verschwinden. Vor allem in den Sommermonaten sind solche Massnahmen mehr als nützlich, helfen sie doch mit, nicht nur die Umgebungsluft der Kaninchen, sondern auch diejenige der Menschen zu verbessern.

Es wird zudem berichtet, dass effiziente Mikroorganismen Fliegen und anderem Ungeziefer in den Ställen die Lebensgrundlage entziehen. Die Anwesenheit von Fliegen zeigt immer an, dass etwas zu faulen beginnt. Sie legen ihre Eier gerne in vermodernde Substrate, damit die Maden nach dem Schlüpfen sofort etwas zu fressen haben. Fliegen sind nicht nur lästig für die Kaninchen selbst, sondern sie schaffen auch Brücken für die Übertragung von Krankheiten; deshalb ist es gut, wenn diese Transportkette unerwünschter Mikroben mit einfachen, aber wirkungsvollen Hilfsmitteln unterbrochen werden kann.

Wenn es gelingt, die Kaninchenhaltung in einem Kreislauf zu betrachten, dann gehört auch die Rückführung des Mistes in Humus dazu. Durch die Behandlung werden diese organischen Materialien – Mist mit Stroh, Heu, Futter- und Saftfutterreste – nicht über Fäulnis, sondern über eine Fermentation in Wertstoffe umgewandelt. Erhalten die Pflanzen diesen wertvollen Dünger, der durchaus auch aus Gartenabfällen gemischt mit Kaninchenmist bestehen darf, entfalten sich diese noch besser und sollen widerstandsfähiger gegenüber Pilzkrankheiten und Parasiten sein.

Eine Hilfe auch im Garten
Die mikroskopisch kleinen Organismen helfen auf sanfte Art den Kaninchen selbst, und sie bringen auch die Umwelt der Tiere ins Gleichgewicht. Dies kann ganz einfach erreicht werden, indem die Mikroorganismen entweder dem Futter oder der Tränke beigemischt werden oder wie bereits beschrieben die Stallungen damit versehen werden. Für einen wirkungsvollen Einsatz braucht es laut Helena Fayed vom EM-Shop aus Rothenburg LU nur wenige Milliliter dieser EM-Mischung pro Tier und Tag.

Es sei möglich, die EM-Mischung unter jedes Futter zu bringen, sagt Fayed. In einem kleinen Kessel könne die vorgesehene Einsatzmenge gut eingemischt werden. Fayed lässt ausserdem schmunzelnd durchblicken, dass sich der Tierhalter mit dem Kauf vorgefertigter Futterware diese Arbeit auch ersparen könne.

Es gebe sogar Kleintierbesitzer, die ihre Kaninchen regelmässig mit EM besprühen. Laut Fayed lässt sich so, gemeinsam mit der Pflege des Kaninchens, der Fellglanz eindeutig verbessern. Beim Einsprühen des Stallabteils nach dem Misten dürfen die Kaninchen also gleich auch miteingesprüht werden. Das fördert einen guten Mikrobenbesatz auf der Haut und beugt gar der Ansiedelung verschiedener Hautpilze, Milben und Parasiten vor.

Überall also, wo diese «Wohltäter» eingesetzt werden, werden regenerative Lebenskräfte frei, die die Gesundheit der Kaninchen stärken. Mit EM-Mikroorganismen kann jeder Tierzüchter selbst Erfahrungen sammeln und sich als neugieriger «Wissenschaftler» betätigen. Die Produkte gelten nämlich als ungefährlich, mit dem Einsatz können weder Tier noch Mensch geschädigt werden. Aber jeder Kaninchenzüchter kann durch konsequentes Beobachten der Kaninchen mit dem Einsatz dieser EM-Mischungen wertvolle Erfahrungen sammeln.

Im Haushalt und im Garten
Durch die «gezielte Impfung» mit EM-Starterkulturen von Böden und Pflanzen in Gärten oder Obsthainen werden laut EM-Befürwortern qualitativ hochwertigere Lebens- und Futtermittel geerntet, die sich als Erntegut auch länger halten lassen. In Kombination mit einer ausreichend grossen Menge an organischer Substanz wird ein unverzichtbarer Humusaufbau der Kulturböden mit den effektiven Mikroorganismen beschleunigt und nachhaltig erzielt.

Pflanzenkohle im Futter
Zusätzlich zu den EM-Mischungen werden neuerdings Futter für landwirtschaftliche Nutztiere (Schweine, Ferkel, Kühe, Kälber, Pferde und Geflügel) mit Pflanzenkohle ergänzt, wodurch das mikrobielle Milieu im Verdauungstrakt dank der fermentierten Weizenkleie stabilisiert werden soll. Organische Säuren und Antioxidantien stimulieren das Immunsystem. Der Zusatz der Aktivkohle hat – wie auch aus der Humanmedizin bekannt – die Eigenschaft, schadhafte Substanzen und Gifte zu binden und zu neutralisieren.