Der Übergang von der Milchernährung zu Festfutter stellt jedes Jungtier vor eine Herausforderung. Die enzymatische Verdauung muss sich an die rohfaserreiche Kost erst einmal adaptieren; diesen Prozess soll der Züchter aber keinesfalls forcieren, sondern in kleinen Schritten mit kleinen Mengen entwickeln lassen. 

Mit zunehmendem Alter der Jungtiere versiegt die Milchquelle der Mutter. Untersuchungen haben gezeigt, dass um den 21. Tag der Laktation (= Säugezeit) die Milchproduktion am höchsten ist, nachher geht sie nach und nach zurück. Nichts ist so hoch verdaulich und weist für das Wachstum der Jungtiere eine bessere Nährstoffkombination auf als die Milch – sie nährt und schützt zugleich.

Ab der dritten Woche brauchen die Jungtiere für die Verdauung der Futtermittelkomponenten verschiedene Enzyme, wie zum Beispiel Amylase. Untersuchungen der veterinär-medizinischen Fakultät Bukarest (Rumänien) zeigen eine Amylaseaktivität der Bauchspeicheldrüse von 11 580 Einheiten am 15. Tag nach der Geburt. Am 90. Tag lag dieser Wert bei 58 960 Einheiten. Das heisst, das Kaninchen kann Stärke mit zunehmendem Alter besser verdauen. 

Jungtiere können sich nicht einschätzen
Bei der Lipaseaktivität stellten die Forscher genau das Gegenteil fest. Lipasen sind Enzyme, die von Lipiden wie Glyceriden oder Cholesterinestern freie Fettsäuren abspalten (Lipolyse). Diese Enzyme helfen, das Fett in der Milch zu verdauen. Denn Kaninchenmilch ist äusserst fettreich (12 Prozent im Vergleich zu Kuhmilch mit 3,5 Prozent). Die Lipaseaktivität ist beim Kaninchen am 15. Tag am höchsten und nimmt nachher kontinuierlich ab. 

Ein drittes wichtiges Enzym ist das Pepsin, das für den Abbau der mit der Nahrung aufgenommenen Proteine zuständig ist. Die Pepsinkonzentration bleibt während der gesamten Zeit etwa gleich. Die Umstellung von Milch zu fester Nahrung wird zusätzlich durch den Aufbau der Mikroflora im Darm begleitet. Die Flora baut die Fasern ab, wenn sie im richtigen Verhältnis vorhanden sind.

In keiner anderen Jahreszeit steht so viel Grünfutter zur Verfügung wie im Mai. Junge und schnell gewachsene Pflanzen sind sehr schmackhaft. Doch die kleinen Kaninchen können sich selbst nicht einschätzen und nehmen oft zu viel davon auf. Das Verdauungssystem ist auf die plötzlich hohen Grünfuttermengen nicht vorbereitet; das heisst ?enzymatische und mikro biologische Verdau ungs prozesse funktionieren noch nicht richtig. Die Folge sind Verdauungsprobleme. Nicht selten kommt es gar zu Todesfällen, die umso gravierender sind, wenn es ein Tier trifft, bei dem sich Potenzial zu einem Spitzenausstellungstier abzeichnet. 

Von allem etwas füttern, aber im Mass
Es gilt also: keine Überfütterung – weder mit Grün- noch mit Kraftfutter. Man muss mit kleinen Mengen beginnen und diese kontinuierlich erhöhen, damit sich nicht nur die Jungtiere, sondern auch die ausgewachsenen Kaninchen daran gewöhnen können. 

Wichtig ist auch der Erfahrungsaustausch unter den Züchtern. So ergaben beispielsweise Fragen an Züchterkollegen betreffend Durchfallpropylaxe interessante Diskussionen. Wer gut informiert ist, kann Schlimmes verhindern. Die Immunabwehr zu stärken, ist ein Hauptanliegen der Züchter. Einerseits wird dies über eine massvolle Hygiene erreicht, andererseits mittels Nährstoffergänzungen. Im Vordergrund stehen Vitamin- und Spurenelementmischungen sowie pflanzliche Präparate, die sporadisch bei Alttieren und häufiger bei Jungtieren eingesetzt werden sollen. 

Grundsätzlich gilt: möglichst vielseitig füttern; von allem etwas, aber im Mass. Auch Saftfuttermittel sollen so proportioniert werden, dass sie nicht tagelang im Stall herumliegen und von gefährlichen Keimen befallen werden. Und immer genügend qualitativ gutes Heu und frisches Wasser bereitstellen. 

Heu von wenig intensiv genutzten Weiden gilt als besonders gut. Doch gibt es immer wieder Halter, die Probleme mit zugekauftem Heu melden, sei es wegen Pilzen, vergrauten Stellen oder giftigen Pflanzen. 

Den Stall sauber und ordentlich halten
Wasser ist der wichtigste Nährstoff und darf auf keinen Fall durch Keime belastet sein. Häufig wird das Wasser von den Jungtieren durch unvorsichtige Tritte verschmutzt, deshalb sollte man es mindestens einmal täglich vollständig ersetzen. 

Ähnliches gilt für das Kraftfutter. Futter in einem Geschirr, das nebst den Pellets auch noch kleine Kotballen enthält, gehört auf den Mist. Am besten ist es, den Tieren nur so viel Futter vorzulegen, wie sie bis zum nächsten Fütterungsgang auch aufnehmen können. Diese Art Fütterungsmanagement gibt dem Züchter zudem einen Überblick über den Gesundheitszustand seiner Tiere. Denn ist ein Futtergeschirr nicht sauber ausgefressen, ist das ein Anzeichen dafür, dass mit den Jungtieren etwas nicht stimmt.

Sauberkeit und Ordnung gilt in jedem Stall. Meist haben die Tiere bestimmte Ecken, an denen versäubert wird. Diese Kotplätze sollten regelmässig mit Einstreumaterial zugedeckt werden, weil sich an diesen Stellen am meisten Keime befinden. Werden diese Stellen möglichst sauber gehalten, sodass die Läufe der Kaninchen trocken bleiben, so wird die Übertragungskette der Keime zumindest eingeschränkt.

Alles hat der Züchter während der Aufzucht nicht in der Hand. Aber er sollte alles unternehmen, um potenziellen Problemen vorzubeugen – sodass die Jungtiere viel Freude bereiten.

Bessere Verwertung
Enzyme sind Katalysatoren, die einen biochemischen Prozess beschleunigen. Allein unter dem Begriff der Amylasen gibt es zahlreiche Stärke abbauende Enzyme. Um die im Futter vorhandene, pflanzliche Stärke zu verwerten, müssen die grossen Stärkemoleküle zuvor in kleinere Einheiten zerlegt werden. Es gibt verschiedene Amylase-Typen, welche die verzweigten Stärkemoleküle jeweils an ganz bestimmten Stellen zerschneiden; dabei entstehen Einfachzucker (Traubenzucker), Fruchtzucker und Mehrfachzucker (Maltose). 

Enzyme werden dem Kaninchenfutter aus folgenden Überlegungen beigemischt:
• bessere Phosphatverwertung im Futter durch Abbau von Phytinsäure.
• bessere Futterverwertung durch Aufschluss von Stärken und Eiweissen.
• bessere Verwertung von normalerweise unverdaulichen Stoffen (verschiedene Stützsubstanzen der pflanzlichen Zellwände) möglich.