Schwer vermittelbar
Die traurige Wahrheit über alte und kranke Tiere in Heimen
Manche Tiere in Heimen finden sofort einen Platz, bei anderen dauert es länger – sei es wegen ihres Alters, ihrer Gesundheit oder wegen Verhaltensauffälligkeiten. Die TierWelt hat zwei Tierheime befragt, wie sie mit schwer vermittelbaren Vierbeinern umgehen.
Was macht Tiere schwer vermittelbar? Oft seien sie nur anders als die Norm, schrieb die Tierschutzorganisation Vier Pfoten in einem Artikel von 2022. Tiere mit körperlichen Behinderungen, chronischen Erkrankungen oder Verhaltensauffälligkeiten hätten ebenso geringere Adoptionschancen wie in die Jahre gekommene Vierbeiner. Vier Pfoten verweist zudem auf das «Black Dog Syndrome»: Dieses besagt, dass Tiere mit schwarzem Fell in Tierheimen oft länger übergangen werden als heller gezeichnete Artgenossen. Dies soll damit zusammenhängen, dass schwarze Hunde in Filmen und Büchern – beispielsweise in «Der Hund der Baskervilles» von Arthur Conan Doyle oder «Die schwarze Katze» von Edgar Allan Poe – oft mit Bösem oder Negativem verbunden werden. Allerdings gilt das «Black Dog Syndrome» als umstritten: Mehrere grössere Studien haben diese These widerlegt. So fand unter anderem eine Studie der amerikanischen Tierschutzorganisation ASPCA heraus, dass schwarze Hunde und Katzen in den USA nicht signifikant länger auf eine Adoption warten müssen als Tiere mit anderen Farben.
Auch Astrid Becker, Präsidentin des Aargauischen Tierschutzvereins (ATS), kann nicht bestätigen, dass schwarze Tiere schwerer vermittelbar sind. «Schwer vermittelbar sind in unserem Tierheim viele Tiere, die 17 Jahre oder älter sind. Oder auch solche, die fast nichts mehr hören, schlecht oder gar nicht mehr sehen oder sonstige gesundheitliche Probleme haben», erzählt die Vereinspräsidentin. Und betont: «Das ist aber kein Grund, ein solches Tier zu euthanasieren.»
So vermittelt der ATS in Untersiggenthal sowohl «Sorgentieren» – Vierbeinern, die infolge Krankheit oder Unfall auf spezielle Unterstützung und intensive Pflege angewiesen sind – als auch sogenannten «Happy Senior Cats and Dogs» einen Pflegeplatz. Die älteren Pflegetiere sollen so ihren Lebensabend an einemgeeigneten Ort verbringen können, bleiben jedoch weiterhin unter der Verantwortung des ATS, der nach Absprache auch für die Tierarztkosten aufkommt. Die betroffenen Tiere werden auf der Website des Aargauischen Tierschutzvereins aufgeschaltet. «So suchen wir Menschen, die bereit sind, ein Büsi oder einen Hund aufzunehmen – bis die Zeit gekommen ist», erklärt Astrid Becker. Das funktioniere sehr gut. «Es meldet sich eigentlich immer jemand.» Bei manchen Tieren – insbesondere scheuen Katzen – brauche es allerdings schon länger, bis sich ein Platz findet. «Aber wir erhalten auch spezifische Anfragen von Menschen, die wissen, dass sie ein älteres Tier möchten.»
Auch eine betagte, schwarze Katze namens Milou habe auf diesem Weg vermittelt werden können. «Sie war taub und hat fast nichts mehr gesehen, konnte aber dennoch noch 22 Monate in ihrem schönen Zuhause verbringen», schildert Becker. «Leider musste sie kürzlich erlöst werden, doch sie wurde ca. 20 Jahre alt.»
Listenhunde haben es oft schwer
Szenenwechsel: Im Tierdörfli, dem Tierheim der Stiftung Tierheim Olten, verbringen Tiere, die nicht platziert werden können, ihren Lebensabend. Laut Miriam Walker vom Stiftungsrat zählen nebst alten oder kranken Tieren auch Vierbeiner dazu, die Verhaltensauffälligkeiten wie Angst oder Aggressivität an den Tag legen. «Dies überfordert potenzielle Halter häufig», so Walker. Gerade bei Hunden mit Verhaltensauffälligkeiten investiere man viel Zeit in ihre Rehabilitation. «In Zusammenarbeit mit erfahrenen Hundetrainern helfen wir ihnen durch gezieltes Training und Sozialisierung, sich besser an Menschen und andere Tiere zu gewöhnen, um ihre Vermittlungschancen langfristig zu erhöhen», erklärt Walker.
Für Listenhunde wie den American Staffordshire Terrier oder den Pit Bull gestalte sich die Platzierung ebenfalls schwerer, «da in vielen Regionen Auflagen für ihre Haltung bestehen.» Generell dauere es bei grossen Hunderassen oft länger, ein passendes Zuhause zu finden.
«Für schwer vermittelbare Tiere sind wir immer auf der Suche nach Paten, die uns mit finanzieller Unterstützung helfen, ihnen dauerhaft eine optimale Versorgung zu gewährleisten», erzählt Walker. Auf einer Fläche von 12 000 Quadratmetern bietet das Tierdörfli Olten mehr als 400 Tieren eine temporäre oder manchmal eben auch eine dauerhafte Heimat. Hunde, Katzen sowie Klein- und Hoftiere sind hier anzutreffen.«Unsere Tierpflegerinnen kümmern sich täglich um das Wohlbefinden dieser Tiere, beschäftigen sie und versorgen sie mit Futter und viel liebevoller Zuwendung», so Walker. «Auch haben wir einmal pro Woche die Tierärztin vor Ort, welche die optimale veterinärmedizinische Versorgung aller unserer Bewohner sicherstellt.»
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