Wie finanziert sich ein Tierheim?

Rommy Los: Der Zürcher Tierschutz erhält keine öffentlichen Gelder. Unsere Finanzierung basiert hauptsächlich auf Spenden von tierliebenden Privatpersonen – ohne sie könnten wir keine heimatlosen Tiere aufnehmen. Darüber hinaus erhalten wir auch Beiträge von Stiftungen und geringe Einnahmen über Abgabe- und Adoptionsgebühren.

Béatrice Kirn: Da die Stiftung Tierschutz beider Basel keine staatliche Unterstützung erhält, sind auch wir auf Spendengelder angewiesen. Wir finanzieren uns zu rund zwei Dritteln durch Spendengelder und Gönnerbeiträge. Ein Drittel generieren wir durch Einnahmen aus unseren NPO-Angeboten wie Tiervermittlungen, Pensionen, Tierphysiotherapie, Tierpflegesalon oder auch Kindergeburtstage sowie Führungen.

Welche Tierarten werden denn aufgenommen?

RL: Tierheime beschränken sich in der Regel auf die Tierarten, die privat gehalten werden können. Nutz- und Wildtiere gehören also nicht dazu. Wir nehmen Hunde, Katzen, Kleinnager, Vögel und auch Exoten auf, die für Heimtierhaltung gezüchtet werden – etwa Schlangen, Bartagamen, Achatschnecken oder auch Vogelspinnen.

Und wie lange bleibt ein Tier durchschnittlich im Tierheim?

RL: Die Verweildauer hängt sehr stark vom einzelnen Tier ab. Die meisten Katzen können wir innerhalb von zwei bis drei Monaten vermitteln. Bei den Hunden sieht es hingegen anders aus: Einfache Hunde beliebter Rassen können wir oftmals auch innerhalb von zwei bis drei Monaten vermitteln. Schwierige Hunde hingegen bleiben teilweise länger als ein Jahr bei uns, bis wir das richtige Zuhause für sie finden.

Welche skurrilen Ausreden hört man, wenn Leute ihre Tiere abgeben wollen?

RL: Wenn jemand auswandert, was normalerweise von langer Hand geplant wäre, und eine Woche vor Abflug noch einen Platz für das Haustier sucht. In diesem Fall drängt sich schon die Frage auf, ob die Person wirklich auswandert.

BK: Personen, welche auf ihre Tiere verzichten, sind bezüglich Abgabegründen ehrlich. Es kann jedoch vorkommen, dass ein Halter oder eine Halterin das Tier im Tierheim abgeben will und nicht dazu steht und es als Findeltier deklariert.

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Was sind die häufigsten Gründe, warum Tiere ins Tierheim kommen?

RL: Die häufigsten genannten Gründe sind: keine Zeit, Job- oder Wohnungswechsel, Familienzuwachs, Überforderung, Allergien sowie Unverträglichkeiten mit anderen Haustieren. Weniger häufig genannte Gründe sind finanzielle Belastung oder mangelndes Interesse am Tier. Oftmals sind die Gründe aber nicht überprüfbar.

Landen viele Tiere im Tierheim, die beschlagnahmt wurden?

RL: Es kommen regelmässig beschlagnahmte Tiere in unser Tierheim, aber es ist nur ein kleiner Anteil. Das liegt aber auch daran, dass das Veterinäramt des Kantons Zürich ein eigenes Tierheim hat.

Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um ein Tier aus dem Tierheim zu adoptieren?

BK: In erster Linie muss die «Beziehung» zwischen dem Menschen und dem Tier stimmen. Die Bedürfnisse des Tieres müssen optimal gedeckt werden und die finanziellen Mittel, auch bei Krankheit des Tieres, zur Verfügung stehen.

Gibt es eine Altersgrenze für die Adoption von Tieren aus dem Tierheim?

RL: Nein. Wichtig ist nur, dass die Bedürfnisse des Tieres für die zu erwartende Lebensdauer im neuen Zuhause gedeckt werden können. Je nach Tierart, Alter und Gesundheitszustand können diese Bedürfnisse sehr unterschiedlich aussehen.

Wie viel kostet die Adoption eines Tieres aus dem Tierheim?

RL: Das ist sehr unterschiedlich. Bei uns liegen die Adoptionsgebühren für einen Hund unter 10 Jahren bei 620 Franken, für einen älteren bei 310 Franken. Für eine Katze liegen die Gebühren je nach Alter bei 320 respektive 190 Franken. Kleinnager und Exoten vermitteln wir für 20 bis 60 Franken. Die Abgabe- und Adoptionsgebühren decken jedoch nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten.

Was passiert mit Tieren, die nicht vermittelt werden können?

RL: Solange ein Tier eine Chance auf Vermittlung hat, kann es bei uns bleiben. Gemäss meiner Erfahrung findet man immer einen Platz – manchmal dauert es eben ein bisschen länger.

BK: Wir haben glücklicherweise noch nie die Erfahrung gemacht, dass ein Tier keinen Platz gefunden hat. In keinem Fall würde ein Tier, welches nicht vermittelt werden kann, euthanasiert.

Wie geht ein Tierheim mit aggressiven Tieren um?

BK: Unser Fachpersonal kümmert sich um solche Tiere, erstellt spezifische Beschäftigungs- und Trainingsprogramme. Wobei zu beachten ist, dass dies sehr zeitaufwendig ist und auch sehr viel Fachwissen erfordert.

Welche exotischen Tiere landen bei Ihnen?

RL: Nicht alle Tierheime können Exoten aufnehmen, aber neben dem Zürcher Tierschutz gibt es auch andere Tierheime, die über das benötigte Know-how und die entsprechenden Räumlichkeiten verfügen. Oftmals handelt es sich um Königspythons, Kornnattern, Leopard- oder Kronengeckos, Bartagamen oder Achatschnecken. Aber es können auch Vogelspinnen oder spezielle Froscharten sein.

Wie werden die Tiere im Tierheim beschäftigt?

BK: Persönliche Betreuung durch Mitarbeitende, Beschäftigungsmaterial, Futterversteckspiele oder spezielle Trainingsplätze und so weiter.

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Und welche Tiere haben bei Ihnen die geringsten Vermittlungschancen?

RL: Meiner Meinung nach haben es sicher verhaltens-auffällige Tiere am schwierigsten. Dazu gehören beispielsweise Katzen, die in der eigenen Wohnung markieren, oder auch sehr ängstliche Hunde mit Bissvorfällen.

Gibt es denn eine Rückgabemöglichkeit, wenn das adoptierte Tier nicht passt?

BK: Unser Vermittlungsprozess ist sehr sorgfältig aufgebaut, sodass die Bedürfnisse und Ansprüche von Tier und Mensch zusammenpassen. Sollte trotzdem der Fall eintreffen, dass sich Besitzer und Tier zusammen nicht wohlfühlen, nehmen wir das Tier selbstverständlich zurück.

Was sind die grössten Herausforderungen bei der Vermittlung von Tieren?

RL: Die bestmögliche Übereinstimmung zwischen den Bedürfnissen der Tiere und den Wünschen der Kundschaft zu finden, ist wahrscheinlich die grösste Herausforderung.

Wie sind die Schweizer Tierheime ausgelastet?

RL: Unser Tierheim ist oftmals ausgelastet – das muss aber nicht heissen, dass immer alle Zimmer vollbelegt sind. Alle Tiere, mit Ausnahme von unseren Hunden, müssen zuerst durch unsere Quarantäne, bis unsere Tierärztin sie für gesund und nicht mehr ansteckend erklärt. Somit kann es durchaus sein, dass wir im Tierheim zwar Platz hätten, aber die Quarantäne voll ist.

Welche Auswirkungen hat Überbelegung auf ein Tierheim?

RL: Grundsätzlich führt eine längerfristige Überbelegung auch zu einer hohen Belegungsdichte, was wiederum zusätzlicher Stress für die Tiere und die Mitarbeitenden bedeutet. Beides ist erwiesenermassen nicht ideal.

Nimmt die Anzahl Tiere zu oder ab?

RL: Die Zahlen schwanken: Während Corona hatten wir 25 Prozent weniger Tiere als vor Corona. Aber momentan steigen die Zahlen wieder.

Wenn ja, weshalb?

RL: Während Corona war die Nachfrage nach Haustieren sehr hoch. Viele Tiere konnten privat vermittelt werden, ohne dass sie vorab ineinem Tierheim landeten. Darüber hinaus hatten die Menschen mehr Zeit für sich und somit auch mehr Zeit für die Tiere. Deshalb wurden wahrscheinlich auch weniger abgegeben.

Welches war das ungewöhnlichste Tier, das jemals bei Ihnen im Tierheim war?

RL: Dank einer Spezialbewilligung hatten wir vor einigen Jahren vorübergehend zwei Weissbüscheläffchen in Pflege.

BK: Ein Skorpion. Dieser reiste mit im Koffer vom Tessin nach Basel und wurde dann am Sonntagabend entdeckt.

Wie kann man ein Tierheim unterstützen?

RL: Am meisten profitiert ein Tierheim von finanziellen Unterstützungen in der Form von Spenden oder Patenschaften. Je nach Bedarf sind aber auch Materialspenden wie Futter oder Freiwilligenarbeit eine grosse Hilfe.

Welche Rolle spielen Freiwillige im Tierheim?

BK: Eine grosse: Wir sind darauf angewiesen, dass sich Menschen bei uns freiwillig engagieren. Sei es beim Hundespazierdienst, bei der Wäsche oder der Reinigung, für die Mithilfe an Anlässen oder bei Einpackaktionen.

Zu Béatrice Kirn

Seit über 16 Jahren führt Béatrice Kirn die Stiftung TBB, welche für das Tierheim an der Birs zeichnet. Sie istCo-Geschäftsleiterin und zuständig für Marketing und Kommunikation. Ihr Amt hat sie als Betriebswirtin übernommen, machte dann die Ausbildung zur Tierpflegerin.

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Zu Rommy Los

Rommy Los ist Co-Geschäftsleiter des Zürcher Tierschutzes und seit elf Jahren Leiter des Tierheims. Der diplomierte Betriebswirt war zuvor als Markting Director tätig und verwirklichte beim Zürcher Tierschutz seinen Traum: seine Ausbildung für den Tierschutz zu nutzen.

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Wie kann ich einen Hund aus dem Tierheim adoptieren?

  • Erste Kontaktaufnahme erfolgt per E-Mail oder Telefon. Hier findet bereits eine Vorabklärung statt. Gibt es im Haushalt schon Kinder, Katzen oder andere Haustiere?
  • Dann gibt es ein persönliches Gespräch im Tierheim, wo die Wünsche der Interessenten und unsere Erwartungen besprochen werden.
  • Anschliessend geht es auf einen gemeinsamen Spaziergang mit dem möglichen zukünftigen Familienmitglied.
  • Verlief beim Spaziergang alles gut, müssen die Interessenten noch für zwei bis drei weitere Spaziergänge vorbeikommen.
  • Anschliessend geht der Hund für drei bis vier Wochen zur Familie auf Probe. Diese Phase dient dazu, gewisse Risikobereiche besser beurteilen zu können – verträgt sich der Vierbeiner beispielsweise mit den Artgenossen im Haus?
  • Ist diese Zeit auch positiv verlaufen, erfolgt ein medizinischer Austritt durch unsere Tierärztin und der Vermittlungsvertrag wird unterschrieben. Nach circa drei Monaten erfolgt bei jedem Tier, ob Maus oder Hund, eine anschliessende Kontrolle vor Ort. Bei der Vermittlung von Kleinnagern oder Exoten ist der Ablauf weniger aufwendig, dort stehen dann oft die Bilder der Gehege oder Terrarien im Vordergrund.