Eine befriedigende Zuchtleistung bringen nur Tauben, die topfit sind. Selbstverständlich achten die Züchter das ganze Jahr pingelig darauf, dass ihre Tauben gesund und munter sind. Trotzdem kann es vorkommen, dass sich Krankheitserreger einschleichen, die während der Zucht zu einem Leistungsabfall führen können. Die Folgen sind in den schlimmsten Fällen leidende oder gar tote Jungtiere.

Damit man die Gefahr so gering wie möglich hält, sind erfolgreiche Züchter seit Jahren schon dazu übergegangen, ihre Zuchttauben einem sogenannten Gesundheitscheck zu unterziehen. Schliesslich sind gesunde Zuchttauben die beste Gewähr, vitale und frohwüchsige Jungtauben zu erhalten.

Glücklicherweise ist die Diagnosestellung heute bei den meisten Tierärzten einfach möglich. Für Taubenzüchter ist es sinnvoll, eine Sammelkotprobe ihrer Tiere einzureichen. Dazu wird am Tag zuvor der Taubenschlag vollständig gereinigt. Am nächsten Morgen werden von verschiedenen Stellen, bevorzugt von den Sitzplätzen, kleine Kotmengen aufgenommen. Diese packt man am besten in eine Plastiktüte und bringt sie frisch zum Tierarzt. Selbstverständlich ist darauf zu achten, dass die Tüte nicht verschmutzt ist. Aus der Erfahrung haben sich Gefrierbeutel bewährt. Bei vielen Tierärzten bekommt man aber auch spezielle Kunststoffdosen.

Wer mehrere Taubenschläge hat, sollte nach Möglichkeit von jedem eine separate Kotprobe nehmen. Die Erreger können nämlich von Schlag zu Schlag unterschiedlich sein. Deshalb ist es auch empfehlenswert, dass für jede Probe ein frischer Holzspatel verwendet wird.

Mittels einer Kotprobe kann der Tierarzt mit geringem Aufwand Aussagen über einen Spulwurm- oder Haarwurmbefall sowie über Kokzidien machen. Je nach Grad des Befalls wird man entsprechende Medikamente bekommen. Grundsätzlich ist aber darauf zu achten, dass ein geringer Befall normal ist und kein Grund zur Panik. Ein Tierarzt wird hier aber entsprechend aufklären und beraten. Auf jeden Fall muss man die eventuell verordneten Medikamente genau anwenden. Meistens sind zudem danach eine Aufbaukur und eine Schlagdesinfektion ratsam.

Weniger Zuchtpaare versprechen einen grösseren Erfolg
Etwas mehr Arbeit macht der sogenannte ­Rachenabstrich. Hierzu sollte der Züchter ein paar Tauben mit zum Tierarzt nehmen. Dieser nimmt den Abstrich und kann anhand dessen einen eventuell vorhandenen Trichomonadenbefall diagnostizieren. Das sind Flagellaten, also kleinste Tierchen, die den bei Züchtern gefürchteten «gelben Knopf» auslösen.

Während Alttiere damit in der Regel gut umgehen können, wird das Wachstum bei den Jungtieren massiv gehemmt. Schlimmstenfalls kann ein Befall sogar zum Tod führen. Zeigten sich früher bei gelbem Knopf hauptsächlich käsig-gelbe Beläge im Schnabelwinkel- und Rachenbereich, so tritt heute meist die Nabelform auf. Dreht man das Küken um, ist im Nabelbereich unter der Haut eine gelbliche Färbung zu sehen. Die Übertragung der Trichomonaden auf die Jungtiere erfolgt beim Füttern durch die Elterntiere. Allein deshalb ist es im Interesse des Züchters, wenn er seine Alttiere untersuchen lässt.

Neben einer tadellosen Gesundheit müssen auch die anderen Rahmenbedingungen stimmen, soll das Zuchtjahr zu einem Erfolg werden. Ein wichtiger Punkt ist die Anzahl der Zuchtpaare. Viele Züchter tendieren dazu, lieber ein Paar mehr in die Zucht zu stellen. Dabei ist weniger oft mehr. Die Tauben haben mehr Platz und müssen sich deshalb weniger gegen Artgenossen durchsetzen. Das sorgt für wesentlich mehr Ruhe im Taubenschlag und damit zu einem grösseren Zuchterfolg. Die ständige Verteidigung des eigenen Territoriums führt unweigerlich zu einer gewissen Stressbelastung.

Bevor man die Täubinnen zu den Täubern setzt, ist es sinnvoll, dass diese schon ihr Revier kennen und beanspruchen. Um das zu erreichen, sollte man die Täuber für ein paar Tage, noch besser für ein paar Wochen alleine in den Zuchtschlag setzen. Nach den ersten Rangeleien wird man schnell erkennen, welche Nistzelle von welchem Täuber in Beschlag genommen wird. Die ranghöheren Täuber werden dabei bevorzugt die am höchsten gelegenen Nistzellen beanspruchen. Ist das erreicht, kann man die Täubinnen getrost dazu­setzen.

Unplanmässige Vorkommnisse machen auch den Reiz aus
Die beste Vorbereitung ist aber selten von Erfolg gekrönt, wenn das Wetter als wichtige Rahmenbedingung nicht mitspielt. Da die Urform der Tauben, die Felsentaube, hauptsächlich in klimatisch sehr warmen Gegenden vorkommt, lieben auch die domestizierten Rassen wärmeres Wetter. Wesentlich wichtiger als höhere Temperaturen ist jedoch eine ausreichende Lichtmenge am Tag. Im Gegensatz zur Hühnerzucht arbeiten Taubenzüchter nur ganz selten mit einer künstlichen Tageslichtverlängerung. Da Tauben aber darauf ansprechen, sollte man eine Schönwetterphase abwarten. Die Temperaturen der letzten Zeit sind ideal fürs Anpaaren geeignet.

Trotz bester Vorbereitung und Vorbeugung werden aber auch dieses Jahr wieder Geschehnisse auftreten, die so nicht geplant waren. Da wird es Täuber geben, die einfach die ihnen zugedachte Täubin nicht attraktiv finden. Da werden Täubinnen länger brauchen, bis sie zum Legen kommen. Es wird aus Züchtersicht hoffnungsvolle Zuchtpaare geben, die nicht die gewünschten Nachkommen bringen werden. Im Gegenzug werden «Notpaare» auf einmal die Eltern von besonders guten Nachkommen sein, die die Zucht entscheidend voranbringen.

Daran merkt man dann, dass sich die Taubenzüchter mit lebenden Geschöpfen beschäftigen und sich trotz bester Planung die Taubenzucht nicht vorhersehen lässt. Aber gerade das macht den Reiz aus.