Salz ist für Menschen und Tiere ein lebenswichtiges Element und ein Genussmittel. Während wir Menschen gerne am Tisch einen separaten Salzstreuer haben, lockt man auf Almen Schafe und Rinder mit Salz aus den entferntesten Ecken herbei. Wer gerne an seinem Essen eine leichte salzige Note hat, kann das durchaus nachvollziehen. Gibt es doch Menschen, die grundsätzlich nachsalzen. Salz hat also durchaus eine leicht süchtig machende Tendenz. 

Wer seine Tauben einmal genau beobachtet hat, kann das bestätigen. Tauben haben eine ungeheure Vorliebe für alles, was mit Salz angereichert ist beziehungsweise einen erhöhten Salzgehalt hat. Vor allem bei im Freiflug gehaltenen Tauben, ist das auffällig. Lebt man dann sogar noch in einem ländlichen Umfeld, wo es noch Miststöcke gibt, sind Tauben fast nicht mehr zu halten. Gerade die älteren Züchter kennen es noch, wenn nach einem Regenfall Gülle aus dem Miststock gelaufen ist. Die Tauben sind direkt dorthin geflogen und haben die Brühe getrunken. Kaum hatten sie den Kropf damit gefüllt, flogen sie in die Nester und fütterten die Jungen. Auch wenn es einem bei dieser Vorstellung fast den Magen umdreht, stellt sich doch die Frage, weshalb Tauben darauf so versessen sind? Denn auch heute noch würden sie sofort davon trinken. Und zwar selbst wenn sie frisches Wasser zur Verfügung haben.

Früher waren die Tauben verschmiert
Sonderbarerweise bringen nämlich die menschlichen Vorstellungen von sauberem Wasser unsere Tauben nicht ins Schwärmen. Es war also tatsächlich logisch, wenn zum Beispiel in Gegenden mit Taubentürmen diese in unmittelbarer Nähe zu den Miststöcken aufgestellt wurden. 

Die unzähligen Taubengenerationen machen deutlich, dass das den Tauben nicht geschadet hat. Ganz im Gegenteil. Und wie so oft sind Unterschiede zwischen Theorie und Praxis hier deutlich. Die traditionellen Miststöcke mit Festmist sind nahezu vollständig verschwunden und die Freiflughaltung auch. Das, was wir heute bedauern, war für die Taubenzüchter-Vorfahren nicht so gewünscht. Gerade dann, wenn sie ihre Tauben ausstellen wollten. Die Tauben waren nämlich verschmiert, und belatschte Tauben sahen immer wie mit verschmutzen Füssen aus. Darin lag auch der Grund, weshalb in ländlichen Gegenden glattfüssige Tauben wesentlich beliebter waren. Das galt auch für Tauben mit dunklem Gefieder.

Die sauberere Lösung war, wenn Tauben die mit Salpeter getränkten Steine an den Ställen gepickt haben. An alten Ställen kann man erkennen, wie die Steine unten von den Tauben regelrecht ausgehöhlt wurden. Es war so etwas wie ein natürlicher Taubenstein.

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Kaum noch Salzvergiftungen
Das alles zeigt, dass Salz für Tauben eine herausragende Bedeutung zu haben scheint. Es sorgt für einen guten Wasseraustausch der Zellen und ist damit für den Gesamtorganismus von entscheidender Wichtigkeit. Grundlage dazu ist allerdings, dass die aufgenommene Salzmenge überschaubar und nicht schädlich ist. Denn laut Vogel liegt die tödliche Salzdosis bei Tauben bei 3,3 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht, während andere Autoren – hauptsächlich aus der Brieftaubenszene – von bis zu fünf Gramm ausgehen. Das zeigt die Gefährlichkeit, die eine erhöhte Salzaufnahme mit sich bringt. 

In diesem Zusammenhang ist an die früher oft auftretende sogenannte Feldvergiftung zu erinnern. Sie trat bei den Tauben auf, wenn sie im Freiflug auf den Feldern grosse Mengen mineralischen Dünger aufgenommen haben. Dieser spricht in seiner Korngrösse die Tauben besonders an. Bei Volierenhaltung und auch im kontrollierten Freiflug hat das viel von seinem ursprünglichen Schrecken verloren. Heute treten Salzvergiftungen kaum noch auf. Falls doch, ist der Kot breiig-weich, grau-grün und von wässrigen Harnsäureschlieren umgeben. Das ist nicht schön, aber auch nicht bedrohlich. Erst wenn das ein Dauerzustand ist, würde vor allem den Schleimhäuten zu viel Feuchtigkeit entzogen, das Blut eindicken und die Nerven sowie das Herz in ihren Funktionen gestört werden. Eine mögliche Todesfolge wäre dann verursacht durch einen zu grossen Flüssigkeitsentzug aus lebensnotwendigen Geweben.

Trotz der potenziellen Gefahren ist die Aufnahme von Salz in der Taubenhaltung immens wichtig. Dennoch achten die meisten Taubenzüchter darauf nicht extra. Üblicherweise füttern sie regelmässig handelsüblichen Taubenstein. Diesem ist fast immer Salz beigegeben, um die Aufnahmemenge zu steigern. Ein Produkt enthält sogar Salzlake aus der Fischproduktion. Alleine aus diesem Grund wird Taubenstein so gerne gefressen. Manche Züchter reichen ihn aber nur von Zeit zu Zeit. Dann ist zu beobachten, wie gierig die Tauben darauf sind – weniger nach Taubenstein als vielmehr nach Salz. Das gleiche Phänomen tritt beim Badewasser auf, wenn diesem zur Gefiederpflege etwas Badesalz zugesetzt ist. Die Tauben trinken davon ebenso gierig. 

Wer Taubenstein ständig anbietet, braucht sich um eine ausreichende Salzversorgung keine Sorgen machen. Verfüttert man jedoch keinen Taubenstein und greift nur auf Grit zurück, sollte man sich darüber Gedanken machen. Alternativ kann man über den Grit eine kleine Menge Salz streuen oder den Grit in einem etwa fünfprozentigen Salzwasser einlegen und wieder trocknen. Die Brieftaubenzüchter haben auch hierfür eine sehr einfache Methode entwickelt. In einem flachen Gefäss wird hauchdünn Salz eingefüllt. Die dünne Schicht sorgt dafür, dass die Tauben keine zu grossen Mengen aufnehmen können, da lediglich die äusserste Schnabelspitze zur Aufnahme gebraucht werden kann.

Keine Defizite entstehen lassen
Ausserdem ist schnell zu merken, dass bei ständigem Salzangebot die Gier darauf deutlich nachlässt. Man sollte es also gar nicht so weit kommen lassen, dass Defizite vorhanden sind. Verwendet werden kann normales Kochsalz, also Natriumchlorid. Wer einen Schritt weitergehen will, kann auch sogenanntes Jodsalz verwenden. Das dort zugesetzte Jod unterstützt die Schildrüsenfunktion.

Die Liebe der Tauben zu Salz kann man sich auch bei der Verfütterung von Gemüse und Salat zunutze machen. Eine Prise darübergestreut sorgt dafür, dass bisher verschmähtes Grünzeug ebenfalls gefressen wird. Salz ist also so etwas wie ein besonderer Leckerbissen. Zu achten ist allerdings, dass dieser ständig zur Verfügung steht. Denn sonst wird es zu viel des Guten, und zwar mit allen negativen Begleiterscheinungen. Das entsprechende Fingerspitzengefühl des Züchters ist deshalb wichtig.