In der menschlichen Ernährung spielt die Gerste kaum eine Rolle. Sieht man einmal vom Gerstenmalz ab, das beim Bierbrauen verwendet wird, und ab und an einer Gerstensuppe im Winter, landet das Getreide kaum mal auf unseren Tischen. In der Tierernährung hingegen ist Gerste ein beliebtes und hochwertiges Futtermittel. Vor allem in der Taubenhaltung geniesst sie einen hohen Stellenwert. In der Fachliteratur ist zu lesen, dass Gerste das Brot der Taube ist. Dabei fressen Tauben Gerste alles andere als gerne.

Weshalb Züchter ihren Tauben dennoch seit jeher Gerste füttern, liegt wohl vor allem damit zusammen, dass sie in früheren Zeiten einfach stets vorhanden war, während Weizen zu wertvoll und für den Menschen reserviert war. Selbst die vollen Gerstenkörner bekamen wohl eher die Schweine als die Tauben. Die Gerstenspitzen hingegen, die beim Stutzen der Gerste anfallen, waren klassisches Taubenfutter. Damit ist dann auch klar, weshalb die Tauben sie nicht gerne gefressen haben; Gerste ist ein sehr grannenreiches Getreide und die spitzen Grannen kribbeln den Vögeln bestimmt im Hals. Dazu kommt, dass Tauben lieber runde als längliche Körner fressen.

Die Grannen sind es auch, die einige Züchter dazu verleiten, ihren Tauben gar keine Gerste zu verfüttern. Sie sind der Ansicht, dass die borstigen Haare die Mund- und Rachenschleimhaut ihrer Tiere anritzen können und damit Krankheitserreger leichteren Zugang ermöglichen. Darin liegt vielleicht auch der Grund, weshalb Taubenzüchtern stets empfohlen wurde, ihren Tieren nur die runde Sommergerste und nicht die schmale und grannenreichere Wintergerste zu verfüttern.

Moderne Maschinen kappen Grannen
Heute kann man solche Weisheiten getrost ins Reich der Märchen verbannen. Die Zucht hat nämlich auch vor der Gerste nicht haltgemacht und zudem sind die Erntemaschinen wesentlich besser geworden. Winter- und Sommergerste aus einem modern geführten Landwirtschaftsbetrieb lassen sich aufgrund ihres Aussehens von einem Laien kaum noch unterscheiden. Wurde die Gerste entweder gestutzt oder mit einem modernen Mähdrescher gedroschen, sind die feinen Grannenreste am Kornende nahezu vollständig entfernt. Nacktgerste gibt es zwar ebenfalls, aber sie hat kaum Bedeutung als Futtermittel. 

Die Gerste
Die Gerste ist die wohl älteste kultivierte Getreideart der Welt. Sie wurde vor rund 10 000 Jahren domestiziert – wie so viele Getreidearten im Gebiet des fruchtbaren Halbmondes im Vorderen Orient. Bis ins Mittelalter galt die Gerste auch bei uns als sättigendes Nahrungsmittel. Heute wird Wintergerste vorwiegend als Tierfutter verwendet, Sommergerste kommt gemälzt beim Bierbrauen zum Einsatz.

Die Unterschiede zwischen Sommer- und Wintergerste liegen in den Inhaltsstoffen. Und hier hat die Wintergerste im Hinblick auf einen höheren Eiweissgehalt eindeutig die Nase vorn. Es verwundert also nicht, dass ihre Anbaufläche deutlich grösser ist. Wir Taubenzüchter kommen also wesentlich leichter an diese Gerstenart.

Im Vergleich zu Weizen ist der Eiweissgehalt von Gerste etwas geringer, dies wird jedoch durch den höheren Anteil an Kohlenhydraten wieder aufgewogen. Vor allem diese sind es, die für die Taubenhaltung so wertvoll sind. Die Kohlenhydrate und die vielen Ballaststoffe in der Schale sorgen für einen intakten Darmbereich. Im Grunde stehen Gerste und Weizen eigentlich auf gleicher Stufe. Dass die Gerste bei der Taubenfütterung an Beliebtheit eingebüsst hat, liegt darin begründet, dass die Tauben sie nicht so gerne fressen. 

Keimen muss das Getreide

Auf Gerste verzichten sollte dennoch kein Taubenzüchter. Sie kann nämlich auf einfache Weise als Gradmesser der Sättigung eingesetzt werden. Ist zehn Minuten nach der Fütterung noch Gerste im Trog, muss die nächste Ration entsprechend gekürzt werden. Dabei ist es egal, ob es sich um Winter- oder Sommergerste handelt. 

Um den Tauben die ungeliebte Gerste schmackhaft zu machen, sollte sie zum Keimen gebracht werden. Dann nämlich schnellt die Akzeptanz sofort nach oben. Es reicht vollständig aus, die Gerste über Nacht in lauwarmes Wasser zu legen und dann noch einen weiteren Tag gut gespült bei Zimmertemperatur ruhen zu lassen. Im Übrigen ist die Keimmethode ein guter Qualitätsnachweis. Gerste, nein, jedes Getreide, das verfüttert wird, muss keimfähig sein.

Keimen muss das Getreide
Auf Gerste verzichten sollte dennoch kein Taubenzüchter. Sie kann nämlich auf einfache Weise als Gradmesser der Sättigung eingesetzt werden. Ist zehn Minuten nach der Fütterung noch Gerste im Trog, muss die nächste Ration entsprechend gekürzt werden. Dabei ist es egal, ob es sich um Winter- oder Sommergerste handelt. 

Um den Tauben die ungeliebte Gerste schmackhaft zu machen, sollte sie zum Keimen gebracht werden. Dann nämlich schnellt die Akzeptanz sofort nach oben. Es reicht vollständig aus, die Gerste über Nacht in lauwarmes Wasser zu legen und dann noch einen weiteren Tag gut gespült bei Zimmertemperatur ruhen zu lassen. Im Übrigen ist die Keimmethode ein guter Qualitätsnachweis. Gerste, nein, jedes Getreide, das verfüttert wird, muss keimfähig sein.

Damit Tauben die Gerste auf jeden Fall fressen, gehen manche Züchter auch dazu über, sie ihren Tieren zu gewissen Futterrationen ohne Alternative anzubieten. Sind die anderen Rationen nicht allzu üppig, fressen die Tauben auch die Gerstenmahlzeit zuverlässig. Sinnvoll ist es dabei, die Gerste am Vormittag in geringer Menge zu füttern. Zu dieser Zeit ist der Hunger bei den Tauben in aller Regel am grössten. Gibt es dann am späten Nachmittag noch eine Portion Mischfutter, ist die Gerste vollständig gefressen. 

Gerstenstroh für Jungtauben
Einige Taubenzüchter sehen eine solche Vorgehensweise eher kritisch. Sie haben Bedenken, was das Wachstum der Küken angeht. Die Sorgen sind aber völlig unbegründet. Auffallend ist sogar, wie gleichmässig und hell das Brustfleisch der Jungtauben ist, wenn sie mit Gerste gefüttert werden. Und das wiederum ist ein guter Gradmesser für den Gesundheitszustand der Tauben.

Eine weitere schöne Auswirkung einer erhöhten Gerstenfütterung ist ein gutes, straffes Gefieder. Eine schlüssige Erklärung für dieses Phänomen gibt es nicht. Es ist aber eine Beobachtung, die erfolgreiche Züchter schon lange machen. Normalerweise macht der Gerstenanteil in einer Futterration zwischen zehn und zwanzig Prozent aus. Es darf aber durchaus noch mehr sein. Gerade den fahlen Farbenschlägen kommt das in der Ausprägung ihrer feinen Farbe sehr entgegen.  Die Eistaubenzüchter machen es hier vor: Sie verfüttern ihren Tieren vor allem in der Mauserzeit manchmal einen Gerstenanteil von mehr als 70 Prozent. Und das, ohne dass es Probleme mit der Konstitution oder dem Gesundheitszustand der Tauben gibt. Schon daran erkennt man, dass Gerste ein sehr hochwertiges Getreide ist. 

Neben dem Korn kann der Taubenzüchter natürlich auch das Stroh der Gerste verwenden. Es ist weich und durch kurze Halme charakterisiert. Die Tauben verwenden es zwar selber nicht gerne zum Bauen. Der Züchter kann aber damit die Nester etwas auspolstern. Vor allem die sogenannte Strohecke, die gerne in Jungtaubenschlägen eingerichtet wird, nehmen die Jungtauben gerne an, wenn sie mit Gerstenstroh ausgepolstert ist. Oft wird das Stroh aber von den Landwirten direkt auf den Acker beim Dreschen gehäckselt. Will man Gerstenstroh, dann sollte man im Vorfeld mit dem Landwirt Kontakt aufnehmen. Es lohnt sich auf jeden Fall.