Wer einen Frosch küsst, hat gute Chancen, dass dieser sich in einen Prinzen verwandelt. Zumindest im Märchen. Aber was passiert, wenn man genüsslich über den Rücken einer Kröte leckt? Sehr wahrscheinlich sieht man die Welt dann etwas verschwommen, dafür aber in vielen bunten Farben. Das Rückensekret einiger Krötenarten enthält nämlich starke natürliche Halluzinogene. Kein Wunder also, dass Drogenkonsumenten aus aller Welt scharf auf die «Krötendroge» sind. Tendenz steigend.

Konsumiert wird Krötensekret vor allem in den USA, wo die sogenannte Coloradokröte, eine bis zu 20 Zentimeter grosse Krötenart, das Ziel der Begierde von «Krötenjunkies» ist. So richtig ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangten die Coloradokröte und ihr halluzinogenes Sekret in den USA  erstmals 1994, als die New York Times über einen Lehrer berichtete, der verhaftet worden war, weil er an einer Kröte geleckt hatte und damit gegen das Betäubungsmittelgesetz ver-
stossen hatte.

Ein Sekret gegen Fressfeinde

Die Coloradokröten selbst stellen die halluzinogenen Stoffe mithilfe eines genialen körpereigenen Abwehrsystems her. Die Amphibien sind nämlich in der Lage, aus Drüsen am Hinterkopf und am Rücken ein giftiges Sekret zu produzieren. Das Sekret dient zum einen der Abwehr von Fressfeinden und verhindert zum anderen den Befall von Parasiten und anderen Mikroorganismen. Das Gift verursacht beim Gegner Reizungen an Haut und Schleimhaut. Gelangt es gar in die Augen, kann es zur vorübergehenden Erblindung führen. Und bei Fressfeinden, die nicht allzu gross sind, wie kleinen Säugetieren oder Echsen, kann der Konsum des Krötensekrets durch die Schädigung der Herzmuskulatur  sogar zum Tod führen. 

Genau an diesem giftigen Sekret bedienen sich die menschlichen Drogenkonsumenten. Betrachtet man nämlich die chemische Zusammensetzung des Krötensekrets, stösst man gleich auf mehrere Halluzinogene. Dimethyltryptamin ist für das schnelle Eintreten der Halluzinationen verantwortlich. 5-Methoxymonomethyltryptamin ist, als eines der stärksten bekannten Halluzinogene, dagegen im Wesentlichen für die Stärke der Rauschzustände verantwortlich. Bufotenin wiederum verursacht optische Halluzinationen wie Lichtblitze, aber auch Schwindelgefühle, Bluthochdruck und Verwirrungszustände. Ein US-amerikanischer Konsument beschrieb die Erfahrung eines Krötentrips einmal so: «Die Wirkung eines 20-Minuten-Trips ist so intensiv, dass ich gehört habe, wie die Elektronen in meinen Molekülen von einer Kreisbahn auf die andere gesprungen sind.»

Ein relativ preiswertes Vergnügen

Die halluzinogene Wirkung tritt nach rund einer halben Stunde ein und erinnert an die Wirkung von LSD. Es kommt zu Selbstüberschätzung, Farberscheinungen, Euphorie und enormem Redefluss. Im Laufe des Konsums kann es aber auch zu regelrechten Horrortrips kommen. Der Krötensekretkonsum wird auch in vielen Fällen von unangenehmen Nebenwirkungen begleitet wie Kopfschmerzen, Schwindelgefühlen und Übelkeit bis hin zum Erbrechen und Augenzittern. Und richtig gefährlich kann es werden, wenn es drogenbedingt zu einer drastischen Verringerung des Herzschlages oder zu Herzrhythmusstörungen kommt.

Das Krötengift selbst wird unterschiedlich und manchmal auch auf ziemlich brutale Art und Weise konsumiert. Die sicherlich banalste, aber auch unappetitlichste Prozedur besteht darin, den Drogencocktail frisch von der Kröte zu lecken. In den USA werden solche User in der Szene gerne als sogenannte «Toadies» (Kröten) verspottet. Manuell geschickte Krötenbesitzer dagegen melken ihre Tiere regelrecht, indem sie die Giftdrüsen vorsichtig mit den Fingern stimulieren. Das gewonnene Gift wird dann getrocknet und in Haschischpfeifen geraucht. Ganz hartgesottene Konsumenten versetzen vor der Stimulation die Kröte mit einem brennenden Feuerzeug in Angst und Schrecken. So lässt sich die Sekretproduktion beträchtlich steigern.

Eine Kröte bekommt man in den USA auf dem Schwarzmarkt für etwa acht bis zehn Dollar – nichts also im Vergleich zu anderen Drogen. Und bei guter Pflege und Ernährung kann diese Kröte über mehrere Jahre mindestens einmal täglich gemolken werden. Manchmal werden die Kröten jedoch auch getötet und die Haut oder das Sekret zu einem Sud aufgekocht, der als «Tee» konsumiert wird. Die entsprechend zubereitete Haut kann aber auch geraucht werden.

Und wie sieht die rechtliche Situation aus? Ist es in den USA tatsächlich, wie man in den einschlägigen Quizsendungen hört oder in  Internetforen liest, verboten am Rücken einer Kröte zu lecken? Zunächst mal sind Bufotenin und Dimethyltryptamin, die beiden Hauptwirkstoffe des Krötendrogencocktails, in den USA illegale Substanzen, die dort unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. 

So weit, so gut. Jetzt wird es aber kompliziert: In Kalifornien und New Mexico ist die Coloradokröte geschützt und darf nicht – zu welchen Zwecken auch immer – gefangen werden. Im dritten Staat in dem diese Art vorkommt, in Arizona, sieht die Sache anders aus. Hier dürfen Besitzer gültiger Angelscheine völlig legal bis zu zehn Coloradokröten als Haustiere halten. Das heisst, wenn jemand in Arizona im Besitz von Coloradokröten ist, müssen ihm die Behörden nachweisen, dass er vorsätzlich an der Kröte geleckt hat oder diese jemand anderem zum mutwilligen Lecken gereicht hat.

In der Schweiz ist der Konsum verboten

Ähnlich sieht die rechtliche Lage in der Schweiz aus: Hier sind die Herstellung, der Besitz und der Konsum von Dimethyltryptamin oder 5-Methoxy-Dimethyltryptamin als reine oder angereicherte Substanzen, ausser zu genehmigten wissenschaftlichen Zwecken nach dem Betäubungsmittelgesetz verboten. Bufotenin dagegen ist nicht in den Anlagen zum Betäubungsmittelgesetz aufgeführt. Getrocknete und zubereitete Krötenhäute oder Krötensekrete sind ebenfalls verboten, weil man hier die Herstellung eines Betäubungsmittels unterstellt, oder zumindest der Tatbestand der Herstellung von Zwischenprodukten erfüllt ist. Der Besitz lebender Kröten ist dagegen nicht verboten, sofern sie nicht zur Gewinnung von Rauschmitteln gedacht sind und wenn kein Verstoss gegen Artikel 20 der Verordnung über den Natur- und Heimatschutz vorliegt. 

Übrigens enthält auch die Haut von zwei in der Schweiz heimischen Kröten, nämlich der Erdkröte und der deutlich selteneren Kreuzkröte, diese berauschenden Substanzen. Allerdings in viel geringerem Umfang als die Coloradokröte.