Dem Fuchs geht es gut in der Schweiz. Vielleicht etwas zu gut für sein eigenes Wohl. Die Rotfuchs-Populationen in den Schweizer Wäldern steigen kontinuierlich an, nicht selten zeigt sich Meister Reineke auch in der Zivilisation, zeigt wenig Scheu vor Menschen, richtet zum Ärger von Hühnerhalterinnen und Geflügelzüchtern Chaos im Stall an und durchstöbert Abfallsäcke nach Leckerbissen.

Das alles bringt ihm nicht nur Liebe ein, auch wenn der Fuchs mit seinem leuchtend roten Fell und den spitzen Ohren grundsätzlich ein Sympathieträger ist – und wer auf einem frühsommerlichen Spaziergang schon einmal zufällig auf einen Bau mit Fuchswelpen gestossen ist, weiss, wie es sich anfühlt, wenn ein Herz schmilzt.

Nichtsdestotrotz gibt es, so argumentieren nicht nur Jäger, allmählich zu viele Füchse in der Schweiz. Die Koordinationsstelle für Raubtierökologie und Wildtiermanagement Kora schreibt auf ihrer Website: «Der Fuchsbestand hat in der Schweiz grundsätzlich zugenommen. Die moderne Kulturlandschaft bietet dem Allesfresser Fuchs reichlich Nahrung in Form von Feldfrüchten und Abfall.»

Baujagd im GesetzSchweizweit ist die Baujagd von Gesetzes wegen ausserhalb der Schonzeiten erlaubt. Verboten ist es hingegen, Fuchsbauten auszuräuchern oder mehr als einen Hund pro Bau zu verwenden. Zumindest im Kanton Bern müssen Hunde auf der Baujagd mit einem Ortungssender ausgerüstet sein für den Fall, dass sie in einem Bau verschüttet würden. Seit 2012 müssen Jagdhunde für die Baujagd eigens ausgebildet sein. Für diese unter Tierschützern ebenfalls umstrittene Ausbildung werden lebendige Füchse in einen künstlichen Fuchsbau gesperrt. Daraufhin wird ein Hund in ein abgetrenntes Abteil des Baus geschickt, wo er den Fuchs nicht verletzen kann, ihn aber mit Gebell hinausjagen soll.

Dass der Fuchs bejagt werden soll, um einer Überpopulation entgegenzuwirken, ist relativ unumstritten. Die absoluten Jagdgegner einmal ausgenommen, sehen die meisten Menschen ein, dass zu viele Füchse langfristig nicht nur wütende Hühnerhalter und genervte Stadtrandbewohnerinnen mit sich bringen, sondern auch Krankheiten, im schlimmsten Fall solche, die auf Hunde oder gar Menschen überspringen. Die Tollwut (siehe Box) mag zwar in der Schweiz ausgerottet sein; der Fuchsbandwurm und die Räude sind es nicht.

Die Jagd auf den Fuchs hat aber nicht gerade Hochkonjunktur. Während die Zahl der Jägerinnen und Jäger in der Schweiz mehr oder weniger stabil ist und jedes Jahr beispielsweise mehr Hirsche geschossen werden, nimmt die Jagdstrecke beim Rotfuchs seit Mitte der 1990er-Jahren kontinuierlich ab. Wurden 1995 noch mehr als 40'000 Füchse erlegt, waren es 2020 gerade noch die Hälfte.

Die FuchstollwutDie Tollwut ist eine Infektionskrankheit, die durch das Rabies­virus übertragen wird. Die meisten Säugetiere und einige Vögel können sich damit anstecken, die Übertragung passiert meist über den Speichel, durch Biss- oder Kratzwunden. Das Virus führt zu einer Gehirnentzündung und macht Füchse und andere Tiere aggressiv und bissig; typisch ist Schaum vor dem Maul. In der Schweiz ging die Fuchstollwut ab 1967 um und tötete bis 1996 mehr als 12 000 Füchse, rund 2500 Haustiere und drei Menschen. Die Situation besserte sich, als man anfing, wild lebende Füchse zu impfen – mit Impfstoffen präparierte Hühnerköpfe dienten als Köder. Seit 1999 gilt die Schweiz offiziell als tollwutfrei.

«ethisch fragwürdig» und «oft grausam»

Ein wichtiger Grund dafür: Die Fuchsjagd lohnt sich nicht. Das Fleisch des kleinen Räubers ist nicht essbar und seinen Pelz will niemand mehr. Dabei wäre Fuchspelz ein Paradebeispiel für nachhaltige Mode, aber Echtpelz ist in der Gesellschaft inzwischen so verpönt, dass die Konsumentinnen nicht mehr zwischen frei lebenden Füchsen und grausam gefarmten Nerzen unterscheiden.

Die Jagd auf Füchse wird in absehbarer Zukunft wohl kaum wieder anziehen. Auch, weil zurzeit allenthalben über eine Methode der Fuchsjagd gestritten wird: die Baujagd. Dabei lässt sich ein Jäger von seinem Hund helfen, der in einen Bau kriecht und den Fuchs darin «verbellt», also mit Gebell hinausjagt und dem Jäger vors Gewehr treibt. Meist handelt es sich bei diesen Hunden um Dackel oder Terrier, die den perfekten Körperbau dafür haben.

Als «ethisch fragwürdig» und «oft grausam» bezeichnen die Unterzeichnenden eines Vorstosses im Kanton Bern die Baujagd. Politikerinnen und Politiker von links bis rechts haben sich dafür zusammengetan und kürzlich in den kantonalen Räten eine Mehrheit gefunden: Die Baujagd im Kanton Bern wird – ausser mit Ausnahmebewilligungen – verboten. Wie zuvor schon in den Kantonen Thurgau und Zürich. In Solothurn und Basel-Landschaft kamen ähnliche Vorstösse in jüngerer Vergangenheit nicht durch. Was aber sicher ist: Die Baujagd ist umstritten.

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Die Argumentation des Vorstosses war abgestützt auf ein Gutachten des unabhängigen Wildtier-Forschungsinstituts Swild, das bei der Baujagd Probleme verortet: Es komme «immer wieder zu aus Tierschutzsicht problematischen Situationen (Kämpfe, Verzögerungen im Bau), bei denen die Füchse und Bauhunde grossen Belastungen ausgesetzt werden (Verletzungen, Stress)».

Hansjörg Blankenhorn ist hässig. «Bei der Abstimmung ging es doch rein nach Ideologie. Die Sache selber hat gar keine Rolle gespielt, das ist bedauerlich.» Der ehemalige eidgenössische Jagdinspektor ist heute Präsident der Sektion «Jagdlich geführte Dackel» des Schweizerischen Dachshund-Clubs. Und als Jäger im Kanton Bern direkt betroffen vom neuen Verbot.

«Seit 1984 habe ich immer einen Dackel gehabt», sagt Blankenhorn, hörbar persönlich getroffen von der Entscheidung. «Der ist bei mir 9 Monate im Jahr Schosshund und Familienmitglied. Und im Herbst auf der Jagd bereitet er so viel Freude. Das sind einfach wunderbare Tiere.» Und er schiebt nach: «Wissen Sie, ich bin 79. Ich gehe eigentlich nur noch für meinen Hund auf die Jagd.»

Auf die Jagd darf Blankenhorn weiterhin. Und er darf auch seinen Dackel weiterhin mitnehmen. Etwa auf die Rehjagd, wo der Hund ein getroffenes Tier aufspüren kann. Und wenn er dann auf einen Fuchsbau trifft, «kann ich ihm ja nicht verbieten, in den Bau zu steigen. Sonst müsste man Dackel auf der Jagd ganz verbieten», sagt er. «Diese Hunde sind über Jahrhunderte so gezüchtet worden, das bringt man nicht einfach so weg.»

Etwas anders sieht das Mitte-Nationalrat Lorenz Hess. Der Präsident des Berner Jägerverbands hat selber Jagdterrier, geht aber mit ihnen nicht auf die Baujagd. «Sie haben diesen Trieb auf die Löcher schon, aber man kann ihnen als Welpen am Bau ohne Gewalt klarmachen, dass man das nicht will.» So habe er seinen eigenen Hunden den Trieb zum «Schlüüfen», wie er es nennt, weitestgehend ausgetrieben.

Trotzdem ist auch Hess nicht zufrieden mit dem Verbot in seinem Kanton. «Es gehen eigentlich nur absolute Spezialisten auf die Baujagd. So wie die das machen, ist es gesetzlich genau geregelt und ich sehe darin nichts Verwerfliches.» Die Baujagd sei eine von verschiedenen Möglichkeiten, Füchse zu jagen. Bedeutend mehr Füchse werden allerdings auf Treibjagden geschossen.

Und der Dachs?Nicht nur der Fuchs, sondern auch der Dachs bewohnt einen Bau. Mit seinen Grabschaufeln mit langen Krallen ist er der deutlich bessere Baumeister. Oft bewohnen Füchse alte Dachsbauten. Es kommt sogar vor, dass sich Fuchs und Dachs eine unterirdische Wohnung teilen, wenn sie denn gross genug ist. Die Baujagd auf den Dachs ist deutlich schwieriger als auf den Fuchs, weil Ersterer deutlich wehrhafter ist und sich kaum aus dem Bau verjagen lässt. Schweizweit ist es verboten, Dachse aus ihren Bauten auszugraben, was die Baujagd auf den Dachs fast verunmöglicht. Dass sie jahrhundertelang ausgeübt wurde, bezeugt noch der alte Name des Dackels: Dachshund.

Das Verbot der Baujagd wird im Kanton Bern keinen riesigen Einfluss auf die Fuchspopulation haben. Auch Hess sagt: «Wenn man den Fuchs richtig intensiv regulieren müsste, wäre das mit der Jagd kaum zu bewerkstelligen.» Trotzdem ärgert sich der höchste Berner Jäger über die Entscheidung seiner Kantonsregierung und sieht darin – ganz ähnlich wie Hansjörg Blankenhorn – eine Ideologiefrage: «Ich verstehe ja, dass man für so ein Verbot ist, wenn man nur auf der emotionalen Ebene argumentiert.»

Hess hat mit seinem Verband versucht, das Verbot abzuwenden. Hat ein Argumentarium gegen das Verbot an die Kantonsräte verschickt. «Die, die sich das angeschaut haben, sahen es schon ein – ausser diejenigen, die generell dagegen sind, dass man Tiere erlegt.» Aber die Baujagd sei nun eben «immer auch auf der Agenda der Jagdabschaffer» gewesen, wie Hess sagt. Und: «Das Thema war politisch ein dankbares, wenn man sich mit etwas Nettem profilieren möchte.»

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