Hunde sind bekanntlich grosse Schnüffler. Ihre feinen Nasen finden nicht nur Drogen und Sprengstoff, sondern auch bedrohte Arten, Trüffel und vieles mehr (lesen Sie hier mehr dazu). Auch im medizinischen Bereich werden Hunde gern eingesetzt, denn sie können sogar verschiedene Krankheiten erschnüffeln. So wird ein Team von Spürhunden in England zurzeit darin geschult, Covid-19 bei Menschen zu erkennen, die keine Symptome der Krankheit zeigen. Man hofft, dass sie eingesetzt werden können in der Öffentlichkeit und insbesondere an Flughäfen, wo sie das neue Coronavirus bei Passagieren aufspüren sollen, die im Vereinigten Königreich ankommen.
 
Ihre Arbeit könnte extrem wichtig werden, wenn erst die Lockdown-Massnahmen reduziert werden und wieder mehr Flüge aus allen Teilen der Welt eintreffen. Es könnte ein wahrhaft lebensrettender Durchbruch an dieser Front werden: Eine Massnahme, die für eine ebenso schnelle wie unaufdringliche Diagnose sorgt und damit die Wiederkehr der Pandemie zu verhindern hilft.

Von Malaria- zu Covid-Spürhunden
Die gemeinnützige Organisation «Medical Detection Dogs« (zu deutsch: Medizinische Spürhunde) schult Hunde darin, den Geruch menschlicher Krankheiten zu identifizieren. Gründerin des Verbands ist die Psychologin und Tierverhaltensforscherin Claire Guest. «Medical Detection Dogs» arbeitet an zwei Fronten: Zum Einen werden «Bio-Spürhunde» darin geschult, Krankheiten wie Krebs und Malaria zu identifizieren.

Zum Andern bringt man ärztlichen «Alarmhunden» bei, Menschen mit lebensbedrohenden Erkrankungen wie Diabetes Typ 1 beizustehen. Bei einer drohenden Unterzuckerung schlagen die Hunde Alarm, so dass der Patient rechtzeitig reagieren kann. Damit gibt sich der «Medical Detection Dogs» aber noch nicht zufrieden. Die Organisations interessiert sich auch für die wissenschaftlichen Grundlagen, auf denen der aussergewöhnliche Geruchssinn der Hunde beruht. Seit zehn Jahren schon forscht sie in diesem Bereich.

Die Covid-19-Spürhunde im Video

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«Da geht es nicht um Science-Fiction», sagt Claire Guest. «Hundenasen sind grossartige Bio-Sensoren. Und verschiedene Krankheiten haben unterschiedliche Gerüche. Man kann Hunde darin schulen, sie herauszuschnüffeln – genau wie sie Drogen oder Explosivstoffe wittern können.»Von Probe zu Probe zur Spürnase
In gewisser Weise sei es ein bisschen wie bei einer Weinprobe, sagt Guest: Man gibt dem Hund jede Menge Kostproben und lässt ihn lernen, was die Unterschiede sind. Gerade mal sechs bis acht Wochen dauere es, bis man einem Hund das Herausschnuppern eines bestimmten Geruchs beigebracht hat.
 
Hunde sollten daher also auch in der Lage sein, Covid-19 zu identifizieren. «Das ist zu schaffen», gibt sich Guest zuversichtlich. «Und es könnte wirklich etwas bewirken. Ein Hund, der in einem Flughafen eingesetzt wird, schnüffelt in einer Stunde 250 Personen aus.»

Die erste Aufgabe besteht darin, die ganz spezifische Covid-19-Duftnote zu isolieren. Darum bemüht sich Guest zurzeit in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Londoner Hochschule für Hygiene und Tropenmedizin und der nordenglischen Universität Durham. Danach kann man die Hunde auf den Geruch ansetzen.

Ein Hund, der in einem Flughafen eingesetzt wird, schnüffelt in einer Stunde 250 Personen aus.

Claire Guest
Gründerin von «Medical Detection Dogs»

Sechs Hunde hat «Medical Detection Dogs» für diese Aufgabe auserkoren – drei Cockerspaniel, einen Labrador, einen Labradoodle und einen Labrador-Golden Retriever-Mix. Sie alle sind medizinische Spürthunde, die sich durch einen besonders hochentwickelten Geruchssinn hervorgetan haben. «Wir schulen sie auf dieselbe Weise, in der wir unsere anderen Bio-Spürhunde schulen», erklärt Guest. «Sie werden in der Lage sein, jeden Menschen einzeln zu überprüfen, auch Personen, die keine Symptome haben. Und sie werden ihre Hundeführer wissen lassen, wo sie das Virus entdeckt haben. Das lässt sich dann durch einen ärztlichen Test bestätigen.»

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Keine Gefahr für Hund und Mensch
Das Training für die Hunde findet im Zentrum von «Medical Detection Dogs» in der Stadt Milton Keynes etwa 80 Kilometer nordwestlich von London statt. Benutzt werden Proben mit deaktivierten – also toten – Viren, die keine Gefahr darstellen für Hund und Mensch.
 
Diese Proben werden auf Metallständer montiert, zusammen mit Gerüchen von Leuten, die sich nicht angesteckt haben. Wenn der Hund den Geruch einer infizierten Person erkennt, wird er mit einem Leckerli belohnt. Dadurch, dass man ihn jedes Mal belohnt, lernt er, diese Belohnung mit dem spezifischen Geruch zu verbinden – und probiert ihn so beim nächsten Mal wieder herauszuschnüffeln.
 
Die Hunde sind auch in der Lage, geringe Veränderungen in der Temperatur der Haut zu entdecken. Potenziell können sie so feststellen, ob jemand Fieber hat.
 
Strikte Sicherheitsvorkehrungen werden getroffen, wenn die Hunde im öffentlichen Raum arbeiten. «Während unsere Hunde Leute ausschnüffeln, müssen sie niemanden direkt berühren», sagt Claire Guest. «Sie beschnuppern die Luft um einen Menschen herum.» Die Hunde werden darum mit den Personen, die sie überprüfen sollen, nicht in direktem Kontakt sein. «Das Entscheidende ist, dass man mit ihrer Hilfe eine Weitergabe des Virus verhindern kann.»