Ende Februar machten verblüffende Fotos im Internet die Runde. Geschossen hatte sie der Fotograf Kristian Laine beim Tauchen im Great Barrier Reef in Australien und danach auf Instagram geteilt. Die Fotos zeigten einen riesigen Mantarochen, dessen normalerweise weisse Unterseite in kaugummipink leuchtete. Ein Fake, denkt man da als Erstes.

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Es mag sein, dass Laine bei der Sättigung etwas nachgeholfen hat – ältere Aufnahmen zeigen den Rochen deutlich weniger leuchtend – , aber die Farbe ist tatsächlich echt. Bei dem Rochen auf den Bildern handelt es sich um Inspector Clouseau, dem einzigen bekannten Mantarochen der Welt, der Erythrismus hat. Benannt wurde er nach Inspektor Jacques Clouseau aus «Pink Panther».

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Von Erythrismus – von griechisch erythros (rot) – spricht man, wenn bei einem Tier eine aussergewöhnliche rote Färbung der Haare, Haut, Federn oder Eierschalen vorliegt. Über die Ursachen von Erythrismus ist wenig bekannt, es dürfte ihm aber eine – oder verschiedene – genetische Mutationen zugrunde liegen, die entweder für eine übermässige Anhäufung von rotem Pigment sorgt oder für die Abwesenheit aller andern Pigmente. Einige Forscher glauben, dass die Mutation wohl ähnlich funktioniert, wie diejenige, die Albinismus verursacht. Albinos können über den ganzen Körper keine Melanin-Pigmente herstellen – sie sind daher komplett weiss, die Augen sind rot oder blau. Ein anderer Defekt, der Tiere weiss werden lässt, heisst Leuzismus. Dieser betrifft aber nicht die Pigment-Produktion selbst, sondern die Pigmentzellen. Leuzismus kann auch nur Teile des Körpers betreffen.

Bei Säugetieren und vielen anderen Organismen gibt es zwei verschiedene Arten von Melaninen: Das dunkle Eumelanin und das für verschiedene Schattierungen von Rot verantwortliche Pheomelanin. Beim Erythrismus, so lautet die Theorie, könnte nur die Produktion von Eumelanin eingeschränkt sein. Die fehlenden dunklen Pigmente würden dann durch Pheomelanin ersetzt. Tiere wie Flamingos, die rote Farbstoffe über die Nahrung aufnehmen und so selber rot werden, haben dagegen keinen Erythrismus.

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Erythrismus wurde schon bei verschiedenen Tieren beobachtet. Neben Inspector Clouseau gehören dazu ein Leopard, Iltis, Waschbär, Zebra, verschiedene Schlangen und Vögel. Besonders häufig scheint die Pigmentstörung allerdings in Laubheuschrecken aufzutauchen. Meistens sind Nymphen – also junge Heuschrecken – betroffen. Ins Erwachsenenstadium schaffen sie es selten, der wer so pink leuchtet, wird ziemlich schnell gefressen.

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Eine weitere durch Mutationen verursachte Pigmentstörung ist der Melanismus. Er kommt in der Natur wesentlich häufiger vor als der Erythrismus und sorgt dafür, dass ein Tier von Kopf bis Fuss schwarz gefärbt ist. Am bekanntesten sind dabei sicher die Schwarzen Panther, die in Wirklichkeit melanistische Leoparden oder Jaguare sind. Auch die Höllenotter trifft man in den Bergen immer wieder an. Bei ihr handelt es sich um eine melanistische Kreuzotter.

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Übrigens gibt es auch noch den Xanthismus. Tiere, die diesen Defekt haben sind übermässig gelb gefärbt. Das Wort rührt ebenfalls vom Griechischen her – xanthos bedeutet «gelb». Eine Ausprägung des Xanthismus wird als eine Form von Albinismus beschrieben, der die Carotine und Pteridine verschont. Bei a Da diese Pigmente bei der Färbung von Säugetieren nicht mit im Spiel sind, betrifft Xanthismus nur Fische, Amphibien, Reptilien und Vögel.

Für Aufsehen sorgt hier zum Beispiel Mr. Yellow, ein quietschgelber Rotkardinal. Das ist ein in den USA häufiger Vogel, der normalerweise – der Name sagt es ja schon – rot ist. Und das ganz ohne Erythrismus.

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