Der Distelfalter fühlt sich wohl in Europa. Auch in der Schweiz ist er heimisch: Man findet ihn auf Bergwiesen in Höhen von 2000 Metern. Im Winter wird es «unseren» Distelfaltern in den Alpen allerdings zu kalt. Sie fliegen zum Überwintern nach Südeuropa und kehren im Frühling wieder zurück.      

Ähnlich wie bei den Zugvögeln, von denen Populationen aus dem hohen Norden in der vergleichsweise milden Schweiz überwintern, während sich die bei uns brütenden Vögel in den Süden begeben, ist es auch vielen der ums Mittelmeer ansässigen Distelfaltern im Winter dort noch zu garstig. Sie fliegen daher ebenfalls in wärmere Gefilde. Um diese zu erreichen, müssen sie allerdings ziemlich weit reisen: Südlich von Südeuropa folgt nämlich erst das Mittelmeer und dann die Sahara – nicht sehr schmetterlingsfreundliche Lebensräume. Die Distelfalter überqueren beide. Im tropischen Afrika lässt es sich halt schon ganz gut leben.

Dass die Distelfalter das Mittelmeer und die Sahara überfliegen, wissen Forscher bereits seit einigen Jahren. Was aber danach passiert, darüber konnte man bis jetzt nur mutmassen. Dies schreibt ein internationales Forscherteam in einer am 13. Juni im Fachjournal «Biology Letters» der britischen Royal Society erschienenen Studie. Man habe angenommen, dass die Falter entweder sterben, weiter oder wieder zurückwandern. Für letzteres haben die Biologen nun stichhaltige Beweise gesammelt. 

Isotope in den Flügeln
Weil man Schmetterlinge anders als Zugvögel nicht einfach mit einem Sender ausstatten kann, mussten die Forscher auf chemische Methoden zurückgreifen. Dabei half ihnen die Tatsache, dass Wasserstoffatome mit unterschiedlicher Anzahl Neutronen daher kommen. Das Verhältnis dieser  sogenannten Isotope im Regenwasser variiert je nach geografischer Region und das Isotopenverhältnis, dem ein Falter als Raupe ausgesetzt war, findet sich in den Flügeln der adulten Tiere wieder. Auf diese Weise kann man bestimmen, wo ein Schmetterling auf die Welt kam.    

Wie sich laut der Studie nun zeigte, stammten die Anfangs Frühling in Südeuropa gefangenen Distelfalter zu einem grossen Teil von südlich der Sahara. Dies sei laut den Autoren der erste Beweis dafür, dass die Distelfalter eine Rundreise von Europa nach Afrika und wieder zurück unternehmen. Damit legen sie innerhalb von einem Jahr 12'000 Kilometer zurück – 2000 Kilometer mehr als der berühmte Monarchfalter in Nordamerika. Anders als dieser überqueren sie dabei erst noch zweimal ein Meer und eine Wüste. Der Wind greife ihnen dabei wortwörtlich unter die Flügel und lasse sie eine Geschwindigkeit von bis zu 45 Kilometern pro Stunde erreichen, schreibt das Magazin «Science News». Bis zu sechs Generationen von Distelfaltern seien nötig, um diese unglaublich klingende Reise zu bewältigen. Ein Schmetterling wird in seinem Leben niemals die ganze Strecke shaffen sondern immer nur einen Teil davon. Die neuen Falter setzen jeweils dort ein, wo ihre Vorgänger aufgehört haben. Bis die Population, mehrmals schon erneuert, nach einem Jahr wieder an ihrem Ausgangspunkt ankommt.  

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