Eigentlich wäre Zürich – wie andere Städte auch – ein Paradies für Wanderfalken. Hochkamine und andere Gebäude bieten den eigentlichen Felsenbrütern passende Nistgelegenheiten und es gibt massenweise Tauben – eine Lieblingsspeise der Wanderfalken.

Gerade dies jedoch wird den schnellen Jägern auch ab und an zum Verhängnis. In den letzten Jahren kam es immer wieder zu Vergiftungen der Tiere. Die Schuldigen konnten nicht in jeden Fall ermittelt werden, doch wurden vereinzelt Taubenzüchter verurteilt, die ihre Tiere mit Gift präparierten und losschickten, damit sie von den Greifvögeln gefressen werden («Tierwelt online» berichtete). Unter Züchterinnen und Vogelschützern sind diese lebenden Giftköder als Kamikazetauben bekannt.

Tod vor laufender Kamera
Für besonderes Aufsehen sorgte 2011 der Fall des Wanderfalken-Weibchens, das auf dem Nistplatz am Hochkamin der Kehrichtverbrennungsanlage Josefstrasse in Zürich qualvoll sterben musste, weil es mit einer Kamikazetaube vergiftet wurde. Die Küken und das Männchen mussten hilflos zusehen, die Webcam filmte alles mit.

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Seit diesem Drama blieben die Wanderfalken dem Nistplatz fern. Zuvor hatten sie ihn regelmässig genutzt. Wie es bei Grün Stadt Zürich auf Anfrage heisst, gab kam es 2013 noch einmal zu einer Brut. «Seither gab es in der Stadt Zürich keine Brut von Wanderfalken mehr». Gemäss BirdLife Schweiz werden auch in anderen Schweizern Städten die Brutplätze aufgrund von Vergiftungsfällen nicht mehr aufgesucht.

Überhaupt hat es der Wanderfalke hierzulande nicht einfach. Laut BirdLife erlitt er in den letzten Jahren einen Bestandseinbruch von 15 Prozent. Zurzeit gibt es 260 bis 320 Brutpaare im Land. Schuld am Rückgang seien nicht allein die Vergiftungen, sondern auch neue Windpärke, Störungen an Brutfelsen und Glasscheiben. Ausserdem reagieren Wanderfalken sehr empfindlich auf Umweltgifte.

Junger Wanderfalke am Kamin
Für den Brutplatz in Zürich jedoch, der in der Zwischenzeit von Turmfalken genutzt wurde, besteht nun wieder etwas Hoffnung. «Aktuell taucht wieder ab und zu ein Wanderfalke vor Ort auf», heisst es bei Grün Stadt Zürich. Und in der Tat veröffentlichte Grün Stadt Zürich auf der Facebook-Seite «Falken in Zürich» am 8. Januar ein Video, das einen jungen Wanderfalken mit geschlagener Beute zeigt. Am 15. Januar flog erneut ein Wanderfalke – vermutlich derselbe – den Ansitz an.

«Ob es zur Brut kommt, wissen wir nicht», schreibt Grün Stadt Zürich. Wirklich wissen kann das natürlich auch niemand. Da der gefilmte Wanderfalke noch das Jugendkleid trägt, dürfe er wohl auch erst im nächsten oder übernächsten Jahr seinen ersten Brutversuch wagen. Bleibt zu hoffen, dass es ihm bis dahin in Zürich gefällt