Das künstliche Ausbrüten von Hühnereiern wurde schon Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung praktiziert. Ägypter und Chinesen hatten ihre eigenen Methoden mit Feuer oder der Nutzung von geschnittenem Stroh und Reishülsen. Sie steuerten die Temperatur so sorgfältig, dass zwei von drei Küken schlüpften. Trotz moderner Prozesse bleibt die Grundlage für den Nachwuchs immer die gleiche: ein Gockel im Hühnerstall. Der Hahn stellt sicher, dass die Bruteier befruchtet sind. Doch nicht aus jedem gelegten Ei schlüpft auch ein Küken. Selbst bei bester Betreuung sind im Regelfall immer ein paar unbefruchtete Eier dabei, aus denen kein Küken entspringt. Nach dem Legen fallen die Eier meist in die Obhut des Züchters.  

Anders als oft angenommen, dürfen die frischen Bruteier abkühlen. So kommen sie für bis zu zehn Tage in den kühlen Keller, der im Idealfall 12 bis 13 Grad warm ist und eine Luftfeuchtigkeit von rund 70 Prozent hat. Dort sollten sie täglich gewendet werden, damit die Hagelschnüre nicht verwachsen. Um nicht jedes Ei einzeln wenden zu müssen, stellt man dazu am besten den ganzen Eierkarton schräg. Die Eier sollten auf dem Spitz gelagert werden, weil die Luftblase im Ei auf der stumpfen Seite ist und somit nach oben zeigt. Haben die Eier einen längeren Transport hinter sich, empfiehlt es sich, die Eier 24 Stunden ruhig zu stellen, bevor sie in den Brutapparat kommen. 

Zu leichte Eier können und sollten schon vor der Brut aussortiert werden
Hat man eine grössere Menge von Bruteiern zusammen, folgt die Qualitätsprüfung. Eier mit starken Kalkablagerungen oder solche mit Rissen gehören nicht in den Brutapparat. Defekte werden sichtbar, wenn die Bruteier vor der Einlage mit der Schierlampe durchleuchtet werden (Der Ausdruck «schieren» kommt aus dem Niederdeutschen und heisst nichts anderes als durchleuchten). Unförmige, spitzige oder stark verschmutzte Eier sind nicht zu Brutzwecken geeignet. Leicht verschmutze können in lauwarmem Wasser gereinigt werden. Der Schmutz sollte jedoch nicht durch starkes Reiben entfernt werden, denn dadurch würden sich die Poren verschliessen. Ein engagierter Züchter legt die Bruteier auf die Waage, da für jede Hühnerrasse ein Mindestgewicht der Bruteier empfohlen wird. Wer hier schon ein Auge zudrückt, der darf sich später bei den aufgezogenen Küken nicht wundern, wenn zu kleine Tiere darunter sind. 

Die guten Eier kommen nach der Aussortierung in den Brutapparat, die zur Brut ungeeigneten können als Speiseeier in der Küche eingesetzt werden. Bevor die Bruteier in den Apparat kommen, sollten sie auf Zimmertemperatur erwärmt werden. Die Temperatur im Brutraum ist fast so wichtig wie der Brutapparat selbst. Es ist ein kühler Raum mit regelmässigeren Temperaturen gegenüber einem Raum mit Durchzug zu bevorzugen. Die ideale Temperatur ist zwischen 15 und 21 Grad, wobei die Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht nicht mehr als 5 Grad ausmachen sollten. Der Raum sollte auch nicht wärmer als 21 Grad sein. Liegt die Raumtemperatur ausnahmsweise höher, kann der Boden befeuchtet werden, damit die Temperatur sinkt und als positiver Nebeneffekt die Luftfeuchtigkeit steigt. Am besten ist es,  wenn der Raum nur für den Brutzweck verwendet wird, denn so kann die Hygiene aufrechterhalten werden und es können sich keine Krankheitserreger niederlassen. 

Im Brutapparat selbst ist die konstante Temperatur von 37,8 bis 38 Grad für Hühnereier unabdingbar. Bei einigen Apparaten rät die Betriebsanleitung dazu, die Tür einmal täglich zu öffnen, damit die Eier etwas abkühlen und Sauerstoff in den Apparat gelangt. Eine Empfehlung, die quasi direkt aus der Natur kommt. Schliesslich verlässt die Henne beim Brüten auch ab und zu kurz zum Fressen und Trinken das Nest. 

Der zweite Schlüssel zum Erfolg ist nebst der Temperatur die Luftfeuchtigkeit
Die Brut wird in zwei Phasen aufgeteilt, einerseits die Vorbrut und andererseits die Schlupfbrut. In den ersten 19 Tagen herrscht mit 55 bis 60 Prozent eine geringere Luftfeuchtigkeit als in der darauffolgenden Schlupfbrut mit 80 Prozent. Dadurch sind viele grössere Brutapparate in zwei Bereiche aufgeteilt. So ist es möglich, jederzeit neue Eier in den Vorbrüter zu legen. Bei einem kleinen Apparat für 20 Eier müssen alle Eier auf einmal eingelegt werden, damit die heranwachsenden Küken zur gleichen Zeit das Schlupfstadium erreichen. 

Die Brutdauer beträgt insgesamt 21 Tage. Je nach Schalenfarbe können die dunkelbraunen Eier etwa am siebten Bruttag mit der Lampe geschiert werden. Bei den weissen Eiern ist dies schon wenige Tage vorher möglich. Die Bewegung des Embryos wird beim Schieren sichtbar und besonders die Adern, die vom Embryo wegführen zeigen sich als feine dunkle Linien. Die Entwicklung des Embryos wird anhand von dunklen Stellen oder Blutadern gezeigt. Anhand der Luftkammerngrösse ist der Fortschritt der Bebrütung zu sehen. Am besten funktioniert das Schieren am Abend in einem abgedunkelten Raum. Die Schierlampe sollte eine Glühbirne mit 40 Watt haben. Hat man keine Schierlampe zur Hand, so kann eine WC-Papierrolle in der Mitte mit einem Zahnstocher zur Sicherung durchstossen werden. Das Ei kann nun auf den Rand gesetzt, und von unten mit der Taschenlampe durchleuchtet werden. Der Effekt ist in etwa gleich wie bei einer Schierlampe.

Beim Verkauf sollte sich der Züchter einer gewissen Befruchtungsrate sicher sein
Beim Durchleuchten geht es darum, unbefruchtete Eier oder abgestorbene Embryonen aus dem Brutapparat zu entfernen. Die heranwachsenden Küken werden dadurch nicht gefährdet. Sind die Eier mit den Ringnummern der Hennen beschriftet, wird auch schnell klar, welche Henne eine gute Befruchtung aufweist und welche nicht. Wird beispielsweise eine Henne durch den Hahn nicht getreten, dann ist es immer dieselbe Henne, die nicht befruchtete Eier hat. Dies kann durch die Beschriftung der Eier also bereits am siebten Bruttag ausfindig gemacht werden. 

Werden Bruteier verkauft, sollte sich der Züchter sicher sein, dass mindestens 85 Prozent der Eier befruchtet sind. Bei schwereren Rassen sollten es 75 bis 80 Prozent sein. Etwa zwei bis drei Tage vor dem Schlupf kommen die Eier aus dem Vorbrüter- in den Schlupfbrüterapparat. Zu diesem Zeitpunkt können die Eier nochmals durchleuchtet werden. Hat der Züchter im Vorfeld die Eier säuberlich mit den Abstammungstieren angeschrieben, müssen nun im Schlupfbrüter die Küken in verschiedene Schlupfhorden gelegt werden, damit die Abstammungskontrolle gewährleistet bleibt. Bei all diesen Wechseln ist darauf zu achten, dass es schnell geht und die Eier nicht zu stark abkühlen. Nach dem Schlupf sind die Küken nass. Sie brauchen sehr viel Ruhe, bis sie trocken sind. Dies dauert etwa zwölf Stunden, in denen die Küken am besten im Brutapparat zu lassen sind. 

In der Regel ist es übrigens nicht möglich, gleichzeitig Eier von Hühnern, Enten und Gänsen zu brüten. Durch das Leben auf dem Wasser brauchen Enten und Gänse bei der Brut von Anfang an eine höhere Feuchtigkeit. Dabei werden nach dem Geflügelstandard die Eier sogar zwei Mal täglich mit Wasser benetzt. 

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