Diesmal will sie, dass es alle erfahren. Nicht so wie vor zwölf Jahren. Damals, im Jahr 2001 war Iris Briker mit ihrem Sheltie auf einem Spaziergang auf ihrer Ponyweide im appenzellischen Bühler. Plötzlich, am hellichten Tag, ertönte ein Knall, worauf der Hund tot zusammenbrach. Ein Jäger, ein laut Briker betagter Mann, hatte den Zwergcollie mit einem Fuchs verwechselt und abgedrückt. Ohne Zeichen der Reue habe sich der Jäger der Szene genähert und nicht ein Wort der Entschuldigung geäussert. Schon damals wollte Briker mit der Geschichte an die Öffentlichkeit gelangen. Doch wurde sie letztlich von einer Drittperson überzeugt, es nicht zu tun. Sie zeigte den Jäger aber an und überliess die Angelegenheit den Behörden. 

Nun, vor einer Woche, kamen die alten Erinnerungen wieder hoch: Iris Briker erfuhr von einer Bekannten, dass sich die Szene exakt wiederholt hatte. Eine Boxermischlingshündin, «treue Begleiterin, Beschützerin und Weggefährtin» einer Familie wurde beim abendlichen Spaziergang abgeschossen. Abermals sei es ein Jäger gewesen, der Köder ausgelegt und den Hund für einen Fuchs gehalten hatte. Und abermals habe es sich beim Schützen um denselben, laut Briker heute etwa achtzigjährigen Mann gehandelt.

«Schöne Zähne»
Als Iris Briker erfuhr, wie sich der Jäger nach seinem neuerlichen Irrtum verhalten hatte, war sie ausser sich. «Er hat dem Hund ins Maul geschaut und gesagt, der habe aber schöne Zähne.» Mit einer E-Mail wandte sie sich an die Medien. Sie fragt: «Was muss noch passieren, damit diesem schiesswütigen Jäger die Jagderlaubnis und sein Gewehr entzogen werden?» 

Der Jäger wurde mittlerweile wieder angezeigt. Welche Strafe ihm blühen wird, ist noch nicht abzusehen. Doch der Unfall von 2001 wird nicht in das Urteil einfliessen. «Der Vorfall von damals ist verjährt», sagt Willi Moesch, Jagdverwalter des Kantons Appenzell Ausserrhoden, auf Anfrage. Er dürfe auch nicht verraten, welche Strafe dem Jäger damals auferlegt wurde, da die Sache zu lange her sei.

Jäger tragen Eigenverantwortung
Iris Briker prangert auch an, dass die Jagd in der Nacht nicht verboten ist. Zwar dürfen Jäger bei schlechter Sicht nicht abdrücken, doch Dunkelheit ist nicht gleich schlechte Sicht. «Wenn der Mond schlecht steht und kein Schnee liegt, sollte der Zeigefinger lang bleiben», sagt Moesch. Andernfalls vertraut er auf die Eigenverantwortung der Jäger. Und in der Regel fahre er gut damit. Verwechslungen bei der Jagd seien selten. Und wenn, dann würde eher einmal fälschlicherweise eine trächtige Hirschkuh statt eines Bockes geschossen. Seit dem Unfall 2001 habe es in seinem Verantwortungsgebiet keine Zwischenfälle dieser Art gegeben. Und Moesch ergänzt: «Die Jäger müssen jedes Jahr ihr Patent lösen und dafür einen Schiesstest bestehen.»  

Für Iris Briker und die Familie ihrer Bekannten kein grosser Trost. Obwohl sie nicht grundsätzlich gegen die Jagd sei, prangert sie an: «Mit einer Mordwaffe in der Hand schaut man doch lieber dreimal, bevor man schiesst» Und – wenn im Alter die Sicht schlechter werde und dann doch einmal etwas passiere, «könnte man sein Patent abgeben und sagen: ‹Jetzt ist genug›.»