Hauskatzen im Vergleich
Katzenhirne sind mit der Domestikation geschrumpft – Ideen für die Gründe gibt es einige
Dass Hauskatzen kleinere Gehirne haben als ihre Vorfahren und wilden Verwandten, könnte eine Nebenwirkung von Stubentigers Zahmheit sein. Es werden aber auch ein Ausgleich zum vergrösserten Verdauungstrakt oder hormonelle Ursachen diskutiert.
Hauskatzen haben kleinere Hirne als ihre Vorfahren, die afrikanischen Falbkatzen. Auch europäische Wildkatzen besitzen mehr graue Zellen als die Stubentiger. Die Domestikation liess also ihre Gehirnschädel kleiner werden, berichten Forschende im Fachjournal «Royal Society Open Science».
Wildkatzen sind Superhirne, was die Grösse angeht
Die Forschenden verglichen die Gehirnschädel von Hauskatzen, Falbkatzen, europäischen Wildkatzen sowie Kreuzungen von Haus- und Wildkatzen. «Wir fanden heraus, dass Hauskatzen das geringste Gehirnschädel-Volumen haben», schreiben sie. Demnach seien ihre Denkzentralen weniger voluminös als jene ihrer direkten Vorfahren, den Falbkatzen. Wildkatzen hätten die grössten Hirne.
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Keine «halben», sondern ganze Haustiere
Es war zwar zuvor schon eine gängige Annahme, dass bei sämtlichen Haustieren das Gehirnvolumen durch die Domestikation abnimmt, bei Katzen war es aber noch nicht zweifelsfrei belegt. Ausserdem würde immer wieder behauptet, dass Katzen nur «halbe Haustiere» seien, die zwar zahm sind, aber vorwiegend ihren eigenen Interessen nachgehen. «Wir denken nicht, dass diese Aussage zutreffend ist», so die Forschenden: «Katzen mögen für die Menschen nicht so nützlich sein wie Hunde und Pferde, aber ihr Nutzen, die Getreideernten vor Nagern zu schützen, wird oft als Haupttriebkraft für die Domestikation bezeichnet.»
Gründe für kleineres Gehirn noch unklar
Warum das Gehirn bei der Haustierwerdung schrumpft, lasse sich derzeit nicht eindeutig beantworten, sagte Hauptautorin Raffaela Lesch von der Universität Wien der APA. Sie würde gerade drei mögliche Gründe testen: Erstens könnte eine kleine Gruppe von Stammzellen dafür verantwortlich sein. Diese sogenannten Neuralleistenzellen sind an der Bildung der Nebennieren beteiligt, die Stresshormone und Adrenalin produzieren. Wenn sie leicht defekt sind, sind die Tiere weniger ängstlich und aggressiv. Die Zellen bilden aber auch Farbpigmente, Knorpel und Botenstoffe für die Gehirnentwicklung. Werden die Haustiere zahmer, haben sie daher auch oft geflecktes Fell, Schlappohren und eben kleinere Gehirne als ihre wilden Vorfahren.
Mehr Darm auf Kosten des Hirns
Zweitens könnte das verringerte Hirnvolumen auf ein «Tauschgeschäft» für einen grösseren Verdauungstrakt zurückzuführen sein: «Gehirne sind im Energiehaushalt teuer, ebenso der Darm. Als die Katzen ihre Verdauung an ein Leben mit den Menschen und deren Nahrung anpassen mussten, könnte es zu einer Reduktion des Gehirnvolumens gekommen sein, weil mehr Energie in den Darm investiert werden musste», so Lesch. Die Tiere hätten demnach längere Därme auf Kosten von Gehirnvolumen erkauft.
Oder ist es die Schilddrüse?
Eine weitere Möglichkeit wäre, dass die Domestikation die Konzentration der Schilddrüsenhormone während der Embryonalentwicklung verändert. Diese Hormone spielen bei der Entwicklung von Schädelknochen eine Rolle und könnten demnach auch Veränderungen des Gehirnvolumens bewirken
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