Tierwelt Nr. 25/2013
Weniger Schmerz für den Hund dank moderner Kastration
Viele Halter sehen in ihrem Hund ein wichtiges Familienmitglied. Deshalb legen sie bei einer Operation immer mehr Wert auf geringe Schmerzen – auch wenn die neusten Techniken etwas mehr kosten.
Freudig und übermütig springt die Border-Collie-Hündin Maleny umher. Sie ahnt wohl nicht, was nun gleich auf sie zu- kommen wird: Maleny wird heute kastriert. Doch zuerst wird die Hündin von Muriel und Cornelius von Werthern in deren Praxis liebevoll empfangen. Seit zwölf Jahren führt das Ehepaar die «CentralKleintierpraxis» in Sursee LU, welche aus einer allgemeinen Kleintierpraxis und der Praxis für Überweisungschirurgie besteht. Im Behandlungsraum wird der zweijährigen Maleny ein Venenkatheter angelegt, dann erhält sie ihre Narkose. Besitzerin Petra Fries steht ihrer Hündin noch bei, bis sie eingeschlafen ist. «Ich fühle mich hier in guten Händen», sagt sie. Natürlich freue sie sich aber, wenn sie nach der Operation das Telefon erhalte, dass alles gut gelaufen sei. «Ein bisschen angespannt bin ich schon», gibt sie zu.
Eine Kamera im Hundebauch zeigt dem Chirurgen an, wo er sich befindet
Fries besitzt noch zwei weitere Hunde, die beide auch kastriert wurden. Jedoch wurden beide Eierstöcke auf herkömmliche Weise operativ entfernt. Bei Maleny wird zum ersten Mal eine laparoskopische Operation, auch Bauchspiegelung genannt, durchgeführt. Bei dieser Technik werden im Gegensatz zu einer konventionell durchgeführten Kastration, bei der ein langer Schnitt in der Bauchmitte erfolgt, nur zwei kleine, je ein Zentimeter kurze Schnitte gesetzt.
Nun entfernt eine tiermedizinische Praxisassistentin mit einer Schermaschine die Haare vom Bauch der Hündin. Und schon liegt Maleny auf dem Operationstisch und verschwindet langsam unter den grünen Operationstüchern. Die Instrumente liegen bereit und der Monitor ist angeschaltet – die Operation kann beginnen. Zuerst wird der Bauch mit Gas gefüllt und vergrössert, damit die Tierärzte genug Platz für ihre Instrumente haben und keine Organe beschädigt werden. Dann führt Cornelius von Werthern über den vorderen Schnitt die Kamera in den Bauchraum ein, die während der Operation von der Assistentin und Ehefrau Muriel bedient wird. Über den hinteren Schnitt wird das Instrument eingeführt, mit dem der Kleintierchirurg im Bauch operieren wird.
Auf dem Bildschirm neben dem Operationstisch erscheint nun das Innere des Bauches und zwar so genau, dass man jede einzelne Faser sehen kann. Um die Eierstöcke zu entfernen, fixiert von Werthern sie während der Operation zuerst mit einem Faden von aussen vorübergehend an der Bauchwand. Anschliessend werden die zuführenden Gefässe zu den Eierstöcken und die Verbindungen zur Gebärmutter mit einer speziellen Pinzette verödet. Erst wenn das Gefäss sicher verschlossen ist, lässt sich mit einer Schneide in der Pinzette das Gefäss durchtrennen und die Eierstöcke können entfernt werden.
Mit dem gleichen Vorgang wird auch der Eierstock auf der anderen Seite gelöst. Am Ende der Operation wird das Gas aus dem Bauch wieder abgelassen und die beiden kleinen Schnitte verschlossen.
Diese Art von Operation funktioniert am besten in Teamwork. Cornelius von Werthern und seine Ehefrau haben schon viele solche Kastrationen gemeinsam durchgeführt, darum ist auch jeder einzelne Griff der beiden harmonisch aufeinander abgestimmt.
Wegen der Anschaffungskosten bieten nur wenige Praxen diese Technik an
Die laparoskopische Kastration einer Hündin dauert circa 45 Minuten. Es lassen sich auch andere Bauchoperationen auf diese Weise durchführen. Von Werthern bietet die laparoskopische Kastration seit einem Jahr an. Circa einmal pro Woche führt er eine solche Operation durch, Tendenz steigend. Das ist auch nötig, denn die Anschaffung der Infrastruktur kostete von Werthern rund 40 000 Franken. Das ist auch der Grund, warum nur wenige Praxen laparoskopische Operationen anbieten. Seine Kunden sind hauptsächlich von anderen Tierarztpraxen überwiesene «Patienten», die speziell für so eine Operation nach Sursee geschickt werden.
Von Werthern ist europäischer Spezialist für Kleintierchirurgie und Fachtierarzt der Chirurgie. Als langjähriger Oberarzt am Tierspital der Universität Zürich verfügt er über viel Erfahrung. «Mir macht es Spass, neue Techniken auszuprobieren», sagt er. Ausserdem fasziniere ihn die Genauigkeit, die man durch das Arbeiten mit der Kamera habe.
Zuerst stand er jedoch der laparoskopischen Kastration, die übrigens aus der Humanmedizin stammt, kritisch gegenüber. Seiner Meinung nach ist der Druck immer hochstehende «hightech»-Medizin, wie in der Humanmedizin, anzuwenden, in der Tiermedizin häufig unnötig. Doch nach den ersten laparoskopischen Operationen änderte er seine Meinung. Durch die zwei kleinen Schnitte verspüre der Hund viel weniger Schmerzen, was auch wissenschaftlich nachgewiesen wurde. Ausserdem sei die Rekonvaleszenzzeit einiges kürzer. Bereits wenige Tage nach der Operation ist der Hund wieder fit. Bei der herkömmlichen Methode gelten circa drei Wochen Leinenzwang.
Nicht jeder Hund ist für eine laparoskopische Operation geeignet. Dicke Hunde sind wegen des Fettgewebes schwierig zu operieren und auch kranke Hunde, die beispielsweise an einer Gebärmuttervereiterung leiden, sollten konventionell operiert werden. «Ein idealer Patient ist ein sportlicher Hund zwischen ein und fünf Jahren», sagt von Werthern. Besonders für einen Vierbeiner, der aktiv Hundesport betreibt, ist diese Art von Kastration gut geeignet, da er gleich wieder trainieren kann.
Die laparoskopische Kastration kostet wegen der teuren Technik etwa 300 Franken mehr als eine herkömmliche Kastration. Trotz dieser höheren Kosten bevorzugen immer mehr Halter diese Art der Kastration. Von Werthern ist überzeugt, dass diese Technik die Zukunft in der Tiermedizin sein wird.
Angefangen hat er aufgrund der grossen Nachfrage von Tierarztpraxen und Privatkunden. «Der Hund ist ein Familienmitglied geworden», sagt von Werthern. Deshalb legen immer mehr Halter Wert darauf, dass ihr Liebling die bestmögliche Operationsmethode erhält. Wenn er dadurch weniger Schmerzen erleidet und schneller wieder fit ist, sind sie auch bereit mehr zu zahlen.
Die 45 Minuten sind im Nu vergangen. Cornelius und Muriel von Werthern haben die zwei Eierstöcke von Maleny problemlos entfernt. Die narkotisierte Hündin wird nun in den Aufwachraum gebracht, wo sie in aller Ruhe aus ihrer Narkose erwachen soll. Doch nur ein paar Minuten nach der Operation ist Maleny bereits wach – zuerst noch etwas verwirrt. Normalerweise bleiben die Hunde nach der Operation etwa drei Stunden in der Praxis, um sich zu erholen. Nicht so Maleny. Sie ist so schnell wieder munter, dass ihre Besitzerin Petra Fries die Hündin bereits eine Stunde nach der Kastration wieder mit nach Hause nehmen kann.
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Zuerst wird Hündin Maleny geschoren. (Foto: Stephanie Federle)
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Bei der laparoskopischen Operation entstehen nur zwei kleine Einschnitte. (Foto: Stephanie Federle)
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