Bald ist wieder Pilzsaison. Viele Schweizerinnen und Schweizer schwärmen dann in die Wälder, um Eierschwämmli, Champignons oder Steinpilze zu sammeln, und nehmen ihre Hunde mit. Und so wie gewisse Pilze für Menschen giftig sind, lauern auch für Vierbeiner Gefahren am Wegesrand. Zwar ist nur eine Minderheit aller Pilze für Hunde bedrohlich, doch wenn sie einen erwischen, der die Gifte Muscarin oder Amanitin enthält, kann das fatale Folgen haben. Dabei handelt es sich um die Gattung der Risspilze und der Knollenblätterpilze, beispielsweise den Grünen Knollenblätterpilz (siehe Bildergalerie), die seit Juli bis weit in den Herbst hinein Saison haben.

Hat der Hund einen Knollenblätterpilz gefressen, leidet er acht bis zwölf Stunden später an starken Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall. Danach folgen Stunden der scheinbaren Verbesserung. Imke Hennink vom Tierspital Bern nennt diese «eine besonders trügerische Phase». Viele Besitzer würden glauben, ihrem Hund gehe es auch ohne Therapie besser «und nehmen dann zu spät tierärztliche Hilfe in Anspruch». Unbehandelt kommt es aber eineinhalb bis zwei Tage nach der Pilzeinnahme zu Leberversagen, gefolgt von Nierenversagen, multiplem Organversagen und dem Fall ins Koma, der schliesslich mit dem Tod endet.

Wichtige Fragen
Die Diagnose ist entscheidend, damit die Tierärztin die richtigen Gegenmassnahmen einleiten kann. Folgende Fragen sollten Besitzer beantworten können:

 

> Ist es sicher, dass der Hund einen Pilz gefressen hat? Wenn ja, wann?

> Welche Menge hat er gefressen?

> Können Sie den Pilz beschreiben? Wenn möglich ein Foto machen und zeigen. Oder den Rest des Pilzes mitnehmen.

> Hat der Hund bereits Symptome gezeigt? Welche und wann? Falls der Hund bereits erbrochen hat, etwas davon mitnehmen.

In einigen Fällen tödlich sind auch Risspilze. Das Gift Muscarin habe die Wirkung, dass Magen, Darm und Lunge sehr bald nach der Einnahme mit Flüssigkeit volllaufen, erklärt Katharina Schenk, Ärztin und Pilzexpertin bei Tox Info Suisse in Zürich. Dies führt schliesslich zum Ersticken: «Vor allem kleine Hund ersticken und sterben bereits auf dem Weg zum Tierarzt.» Grosse Hunde hätten bessere Überlebenschancen. «Doch Besitzer müssen in jedem Fall sofort reagieren, auch wenn es häufig schwierig zu sagen ist, was der Hund gefressen hat.»

Bei Verdacht schnell reagieren
Auch Imke Hennink betont die Wichtigkeit, einen Tierarzt aufzusuchen, selbst wenn es sich «nur» um einen Verdacht handelt. «Schwerwiegende Folgen können mit richtigem Handeln vermieden werden», erklärt sie. Dazu gehören zum Beispiel das Einleiten von Erbrechen, eine Magenspülung oder das Verabreichen von Aktivkohle. Eine Entgiftung muss gemäss der Veterinärin innerhalb der ersten vier Stunden nach Fressen des Pilzes  erfolgen. Danach sei viel des Toxins schon im Körper aufgenommen.

Auch Besitzer können den Tierärzten bei der Diagnose helfen. Etwa indem sie versuchen sich zu merken, wie der Pilz ausgesehen hat, ein Foto davon machen oder das Überbleibsel des Pilzes zur Bestimmung mitnehmen (siehe Box «Wichtige Fragen»). Eine Möglichkeit ist auch, sich zuerst bei Tox Info Suisse telefonisch über nötige Massnahmen beraten zu lassen. Zur Pilzbestimmung selber braucht es allerdings einen Pilzkontrolleur respektive einen Notfallpilzexperten.

Im vergangenen Jahr gab es laut Katharina Schenk 21 Anfragen wegen möglichen Pilzvergiftungen bei Hunden, bei vier Fällen kamen tierärztliche Rückmeldungen. Drei Hunde hatten sich leicht vergiftet, einer mittelschwer. Das tönt nach wenig, aber «wir haben in der Datenbank auch schwere Fälle und Todesfälle», betont Schenk. Ausserdem gelte für Tier wie Mensch: «Je mehr Pilze im Wald oder am Wegesrand wachsen, desto mehr Vergiftungsfälle gibt es.» Und 2019 könnte durchaus ein gutes Pilzjahr werden.

Stellt sich abschliessend die Frage, warum Hunde überhaupt Giftpilze fressen. Fehlt ihnen der Instinkt, dass ihnen der Happen nicht bekommt? Wieso sie dies tun, sei in der Literatur nicht beschrieben, sagt die Veterinärin Hennink. «Junge Hunde fressen Pilze oftmals aus Neugierde und Spielerei.» Vielleicht, so Schenk, mögen sie aber auch den Geruch von Risspilzen. Die einen riechen alkoholisch wie Williams, die anderen stinken und verströmen einen spermatischen Geruch.

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