Gerade in der jetzigen kalten Jahreszeit strecken sich viele unserer Büsi wohlig auf dem Heizungskörper aus. Kein Sonnenstrahl ist ihnen zu klein, um sich darin ausgiebig zu baden. Unseren Samtpfoten erscheint es bei uns schlicht zu kalt! Den Grund dafür kennt Tierpsychologin Katrin Schuster von der Tierberatung Bodensee. «Unsere Hauskatzen stammen von der Felis lybica ab, einer Wildkatzenart aus dem Nahen Osten. Dort ist es bekanntermassen deutlich wärmer als in Europa.»

In der Tat konnte ein Forscherteam des amerikanischen National Cancer Institutes 2007 durch DNS-Analysen nachweisen, dass «Adam und Eva» der Stubentiger, wie die Wissenschaftler sie nannten, irgendwann vor 130 000 bis 160 000 Jahren in der Gegend um Israel und Saudi-Arabien entstanden. Ihre Nachkommen streifen noch heute durch die Wüstengebiete der Arabischen Halbinsel. 

Näheres dazu weiss das amerikanische «National Research Council». In seinem 450-Seiten-Buch «Nutrient Requirements of Dogs and Cats» betitelten sie die Wohlfühltemperatur unserer Katzen mit 30 bis 36 Grad. Nur in einer solchen Umgebungstemperatur können die Haustiere ihre Körpertemperatur ohne zusätzliche nötige Energie konstant halten. Die Durchschnittstemperatur unserer Wohnräume von schlappen 22 Grad ist aus Katzensicht schlichtweg fröstelnde Kälte.

Höhere Kalorienzufuhr im Winter
Betrachtet man die Ernährungsweise der Katzen, erklärt sich, warum sie schnell frieren. Die Fleischfresser nehmen nämlich viel Proteine, dafür aber sehr wenig Kohlenhydrate zu sich. Dabei sind gerade letztere für eine effektive Energieerhaltung wichtig. «Aufgrund ihrer geduldigen Jagdstrategie bewegen sich Katzen draussen sehr wenig. Oft sitzen sie stundenlang still vor einem Mauseloch», sagt die Tierpsychologin.

Die Freiluftfanatiker unter den Samtpfoten benötigen deshalb vor allem während der Wintermonate eine höhere Kalorienzufuhr, um ihre Wärmeproduktion aufrechtzuerhalten. Natürlich kann sich der Körper laut Schuster auch selbst warmhalten, indem Muskeln bewegt werden. «Wenn die Tiere allerdings nicht unterwegs sind, ist es für sie weniger aufwändig, sich an externen Stellen aufzuwärmen, als den Körper aktiv warm zu halten.»

So mancher Stubentiger zieht selbst noch bei kalten Temperaturen eine Runde durch sein Revier. Sylvie Wilhelm hält Katzen gegen die winterliche Kälte generell für gut gewappnet. Wie viel Kälte eine Katze verträgt, ist laut der Veterinärdermatologin der VET Dermatology GmbH allerdings individuell. «Es hängt vor allem von Rasse, Alter, Grösse und Vorerkrankungen ab.» Je nach Alter, Gesundheitszustand und Fellkleid können Katzen gut oder besser thermoregulieren. «Sobald die Temperaturen unter den Gefrierpunkt fallen, können Katzen tatsächlich örtliche Erfrierungen entwickeln», sagt Wilhelm.

Wind, Regen und die Zeit, welche Katzen in der Kälte verbringen, sind hierbei nicht ausser Acht zu lassende Faktoren. Denn auch eine generelle Unterkühlung kann zu schweren Gesundheitsschäden oder gar zum Tod durch Erfrieren führen. Katzen, die nicht an Freigang bei winterlich kalten Temperaturen gewöhnt sind, sollten bei Temperaturen unter sieben Grad besser zuhause bleiben. Dies gilt im Übrigen auch für Kitten und Senioren.

Typischerweise treten Erfrierungen laut Wilhelm häufiger an den Ohrspitzen, der Schwanzspitze und den Zehen auf. Zwar haben Katzen auch an den Ballen einen natürlichen Wetterschutz. Zahlreiche Blutbahnen sorgen dort für eine wärmende Blutzirkulation. Eine dicke Schicht aus Binde- und Fettgewebe dient als Polster, während die derbe Hornhaut es vor Verletzungen schützt.

«Dennoch können Katzen an den Pfoten frieren», sagt Wilhelm, die als Belegtierärztin an Kliniken in Feusisberg SZ, Herisau AR, Liestal, Pfungen ZH und Stäfa ZH tätig ist. Den Pfoten sollte im Winter deshalb besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Trockene Heizungsluft, Kälte, Eis, Schnee, Streusalz und Rollsplit strapazieren die samtweichen Pfoten. «Dadurch können die Ballen stark austrocknen, wobei auch dies individuell unterschiedlich ist. Insbesondere Streusalz reizt bereits trockene oder rissige Ballen zusätzlich.» 

Pfoten regelmässig kontrollieren
Trocken und wund wird die Ballenoberfläche oft auch bei alten oder kranken Tieren, insbesondere, wenn sie sich nicht mehr so viel bewegen. Auch bei verschiedenen Erkrankungen wie unter anderem plasmazellulärer Pododermatitis, Vaskulitis, Pemphigus foliaceus oder nach einem Trauma könnten die Pfotenballen trocken und rissig werden, erklärt die Veterinärdermatologin.

Die Ballen vorsorglich einzucremen, wie es in Hundehalterkreisen üblich ist, hält Sylvie Wilhelm nicht nur für schwierig, sondern teils sogar für unnötig. «Zum einen laufen Katzen im Winter in der Regel nicht lange und so oft auf gesalzenen Strassen.» Zum anderen tolerierten viele Katzen nicht, eingesalbt zu werden, gerade wenn es sich um eine fettige Salbe handle. Sie rät deshalb dazu, die Pfoten regelmässig nach der Heimkehr auf ihren Allgemeinzustand, Schnee- und Eisreste zu kontrollieren. «Nur wenn sie wirklich trocken werden, sollten Halter aktiv werden», erklärt Wilhelm. 

Übrigens sollten die Pfoten das ganze Jahr über regelmässig kontrolliert werden, denn auch Hitze und Trockenheit greift die Ballen an. Das raten Tierärzte den Katzenbesitzern immer wieder mit Nachdruck: Denn diese Kontrolle geht gerne vergessen. Für Freigänger gilt weiterhin: zum Aufwärmen ab ins warme Heim auf den Heizkörper!