Bei Hunden ist der Fall klar. Zerreisst Bello die Hose des Nachbarn, ist sein Halter haftbar. Entscheidendes Kriterium für die Frage der Halterschaft ist dabei, «in wessen Einflussbereich das Tier zum Zeitpunkt des Schadensereignisses steht», wer also sein Verhalten überwachen und kontrollieren kann. Bei Katzen hingegen sieht die Haftungsfrage etwas anders aus. «Katzen lassen sich in aller Regel nicht auf Befehle dressieren oder abrichten», sagt Jürg Thalmann, Mediensprecher der Schweizerischen Mobiliar Versicherungsgesellschaft. «Es ist deshalb gesellschaftlich anerkannt, dass eine Katze frei laufen gelassen wird und der Halter diese nicht in gleicher Weise beaufsichtigen muss, wie das vom Hundehalter verlangt wird.» Darum hafte der Katzenhalter auch nicht für alle Schäden, die sein Tier verursache.

Ganz unmöglich ist es laut Thalmann allerdings nicht, dass auch ein Katzenhalter beziehungsweise seine Versicherung zur Kasse gebeten wird. «Wenn er zum Beispiel weiss, dass seine Katzen gegenüber Fremden sehr aggressiv reagiert, seinen Besuch aber nicht darauf hinweist, kann dem Tierhalter nach einem Biss durchaus vorgeworfen werden, dass er den Besucher auf die Besonderheiten seines Tieres hätte aufmerksam machen müssen.» 

Anders sehe es hingegen aus, wenn die Katze auf einem ihrer Ausflüge in der Nachbarschaft von einem vorbeigehenden Passanten gestreichelt werde und diesen beisse: «Vom Katzenhalter darf nicht verlangt werden, dass er seine Katze ständig beaufsichtigt oder Warnschilder aufstellt.»

Ungedeckter Schaden 
Grundsätzlich ist bei einer Bissverletzung – versicherungstechnisch Personenschaden genannt – die Unfallversicherung zuständig. Laut Thalmann ist im Unfallversicherungsgesetz aber eine Wartefrist vorgesehen, weswegen die Leistungen für den Lohnausfall erst am dritten Tag nach dem Unfall einsetzen. Zudem würden ohne Zusatzversicherung lediglich 80 Prozent des versicherten Lohnes entschädigt. Darum könne es durchaus sein, dass dem Geschädigten trotz Unfallversicherung ein ungedeckter Schaden verbleibe, den er beim Tierhalter beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherung geltend machen wolle – wobei wiederum die besondere Tierhaftung des Katzenhalters zur Anwendung kommt. 

Tatsächlich fühlten sich viele Katzenhalter – trotz fehlender Haftung – moralisch verpflichtet, dem Geschädigten finanziell zu helfen, sagt Thalmann. Um solche Situationen zu entschärfen, biete die Mobiliar im Rahmen «Leistungen ohne gesetzliche Haftpflicht» die Deckung von Schäden bis zu 2000 Franken pro Ereignis an. 

Dass die Klärung der Haftung nicht immer die beste Lösung ist, davon ist auch Andreas Rüttimann von der Stiftung Tier im Recht überzeugt: «Um Streitigkeiten unter Nachbarn zu vermeiden, wird Haltern von Katzen mit Freilauf empfohlen, die von ihren Tieren verursachten Schäden freiwillig zu übernehmen oder eine Privathaftpflichtversicherung abzuschliessen, die die Schäden bis zu einem gewissen Betrag auch dann deckt, wenn der Halter eigentlich gar nicht haftbar ist.»