Wellenrauschen und das Knirschen des Sandes unter den Füssen – Muscheln stehen für Ferien, Sonne und Strand. So mancher Tourist will das Ferienfeeling am Arm oder Hals tragen. In den Souvenirshops werden meist Muschelkettchen aus Kaurimuscheln verkauft. Wobei Muschel hier eigentlich irreführend ist. Die schön weiss glänzenden Müschelchen stammen von der Kaurischnecke, einem Flachwasserbewohner, und sind eigentlich Schneckenhäuser. Die Muschelschalen und Schneckenhäuser sind beides Exoskelette von Weichtieren. Die harten Schalen oder Häuschen schützen das Tier vor Fressfeinden. Bei den Muscheln verbirgt sich im Innern der Schale das Weichtier mit all seinen Organen. Ein Hautlappen zwischen Weichtier und Schale, das sogenannte Mantelgewebe, schützt die Muschel noch zusätzlich.

Wer nun die romantische Vorstellung hat, dass Muschelschmuck oder auch Dekomuscheln nur aus dem an den Strand gespülten Material stammen, liegt leider falsch. Es gibt Schmuckhersteller, die darauf achten, nur Muschelschalen zu verwenden, die schon verlassen sind, die globale Nachfrage ist aber viel zu hoch. Muscheln und Schnecken werden von Tauchern und Fischern aus dem Meer geholt. An Land vertrocknen die Tiere oder aber sie werden in Muschelwäschereien in Säure gewaschen und so getötet. Was übrig bleibt, ist das Exoskelett des Tiers, die Muschelschale. Indien, die Karibik und die Philippinen sind grosse Muschelverarbeiter.

Wie «National Geographic» berichtet, gibt es an Indiens Küsten grosse Muschelwäschereien, die monatlich bis zu 100 Tonnen Muscheln verarbeiten. Diese werden gewaschen und danach direkt weiterverkauft. Was widersprüchlich erscheint: Innerhalb der EU landen jedes Jahr mehrere Hunderttausend Tonnen Muschelschalen im Abfall. Diese Schalen stammen aus der Nahrungsmittelindustrie, beispielsweise von Jakobs- oder Miesmuscheln und werden nicht für Schmuck verwendet. Es gibt aber Projekte, diese beispielsweise als Dünger weiterzuverwenden.

Natürliche Wasserfilter

Das Fischen der Muscheln oder Schnecken ist aus unterschiedlichen Gründen problematisch: Erstens sind Muscheln Teil des Ökosystems und haben eine besonders wichtige Aufgabe inne – sie filtern Schadstoffe aus dem Wasser. Bis zu 40 Liter Wasser filtert eine Muschel pro Tag. Und wo das Wasser sauber ist, siedeln sich andere Weichtiere an. Zweitens sind Muscheln die Nahrungsgrundlage der unterschiedlichsten Tiere, wie Wasserschildkröten, Seesterne oder Kraken. Doch auch tote Muscheln haben eine wichtige Aufgabe im jeweiligen Ökosystem: Sie bieten Fläche für die Ansiedelung von Algen und wenn sie angeschwemmt werden, stabilisieren sie den Strand. 90% der Schmuck- oder Dekomuscheln stammen aus der Wildnis. Weltweit sind sie eine der am meisten bedrohten Tierarten, trotzdem sind nur wenige Arten international geschützt.

Perlglanz

Ein weiterer Hingucker aus dem Tierreich: Perlen. Die meisten für Schmuck verwendeten Perlen stammen von der Austerngattung Pinctada ab, die im Salzwasser lebt. Seit Jahrhunderten gelten Perlen als Kostbarkeit und sind meist nicht grösser als zwei Zentimeter. Perlen sollen das Weichtier im Innern der Muschelschale aber eigentlich schützen. Gelangt ein Fremdkörper zwischen die Muschelschale und das Mantelgewebe des Tiers, beginnt die Muschel, diesen Schicht für Schicht mit Perlmutt zu umschliessen. So kann der Fremdkörper das Tier nicht mehr verletzen. Es kann Jahrzehnte dauern, bis eine Perle auf natürliche Weise entsteht. Zudem geschieht dies in der Natur eher selten und die Wahrscheinlichkeit, diese dann auch noch zu finden, ist gering. Deshalb liegen die Preise für echte Perlen teilweise bei über zehntausend Franken.

Die meisten Perlen stammen aus der Zucht. Bei dieser wird der Muschel ein Fremdkörper injiziert. Die Muscheln überzieht diesen dann mit Perlmutt. Aber nur ein Drittel der geimpften Muscheln produziert überhaupt eine Perle, und von diesen Perlen hat nur ein Bruchteil die richtige Grösse, Farbe und Form für die Schmuckindustrie. Sobald die Perlen geerntet wurden, landen die Muscheln allerdings im Abfall.

Kauri-GeldKaurischnecken leben in den tropischen und subtropischen Meeren. Nur die Europäische Kaurischnecke (Trivia Moncha) lebt im Mittelmeer und entlang der Atlantikküste bis weit an die Westküste Grossbritanniens. Der Flachwasserbewohner lebt nur so tief im Wasser, wo der Sauerstoff noch hinkommt. Kaurischnecken werden wild gefangen, getötet und dann zu Schmuck verarbeitet.

Im 14. Jahrhundert wurde erstmals davon berichtet, dass Kaurischnecken als Währung genutzt wurden. Von den Malediven aus verbreitete sich die Währung in ganz Südasien und auf dem afrikanischen Kontinent. Dort war sie sogar bis ins 19. Jahrhundert gültig.