Weiss wie Schnee
Albinismus: Warum manche Tiere komplett weiss sind
Komplett weisse Tiere kommen bei praktisch allen Arten vor und sind auf einen Mangel an Farbpigmenten zurückzuführen. Je nach Ursache spricht man von Albinismus oder Leuzismus.
«So weiss wie Schnee» heisst es im berühmten Märchen von Schneewittchen und beschreibt die Haut des Mädchens. Die Farbe Weiss steht seit jeher für Reinheit, doch weisse Tiere findet man selten. Lediglich in Regionen und zu Jahreszeiten, in denen Schnee liegt, wechseln manche Tierarten wie das Hermelin oder der Schneehase ihre Fellfarbe. In Gebieten mit ewigem Eis erscheinen manche Arten auch das ganze Jahr hindurch weiss gefärbt, wie zum Beispiel Eisbären. Weiss reflektiert nicht nur UV-Strahlen, sondern hilft im Schnee auch bei der Tarnung. Um weniger gut von Feinden oder Beute gesehen zu werden, haben viele Tiere ausserhalb der schneereichen Gebiete deswegen auch eine braune Grundfarbe.
Fell- und Hautfarbe entstehen bei Säugetieren durch braune, schwarze, rötliche oder gelbe Farbpigmente, die Melanine. Diese werden bei Wirbeltieren in speziellen Zellen gebildet, den sogenannten Melanozyten. Durch eine Laune der Natur werden manchmal auch weisse Tiere geboren, deren Fellfarbe nicht eine Anpassung an den Lebensraum darstellt. Solche Weisslinge fallen dann besonders auf und bringen eine entsprechende Faszination mit sich.
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Fehlende Farbpigmente
Bei komplett weissen Säugetieren unterscheidet man zwei Mechanismen, die dazu führen, dass kein Melanin gebildet wird. Beim Albinismus sind im Körper Stoffe, die zur Herstellung von Melanin benötigt werden, nicht oder nicht ausreichend vorhanden. Die helle Hautfarbe von Europäern und Asiaten ist so streng genommen ebenfalls auf je eine Form des Albinismus zurückzuführen, wie blonde Haare und blaue Augen. In der Zoologie und im allgemeinen Sprachgebrauch spricht man jedoch meist nur bei völlig weissen Tieren mit roten Augen von Albinismus. Die fehlenden Pigmente führen hier nicht nur zu heller Haut und hellem Fell, sondern auch zu roten Augen, da die blutroten Gefässe durch die pigmentlose Iris scheinen. Man spricht dann auch von vollständigem Albinismus.
Nebst den durch den Menschen absichtlich gezüchteten Albinoformen wie zum Beispiel weissen Labormäusen können Albinos durch eine Mutation bestimmter Gene bei praktisch allen Tierarten spontan auftreten. Allerdings haben diese aufgrund der fehlenden Tarnung und des oft beeinträchtigten Sehvermögens meist eine verminderte Lebenserwartung. Eine Sichtung von Albinos in der Natur ist daher sehr selten. In der Schweiz betreffen solche Raritäten meistens Rehe, die es dann entsprechend auch oft in die Presse schaffen. So wurde Anfang 2024 ein weisses Reh im Naherholungsgebiet Langen Erlen (BS) sogar auf Video festgehalten. Trotz ihrer auffälligen Färbung werden weisse Rehe von Jägern verschont, denn ein solches zu schiessen, soll Unglück bringen. Auch weisse Eichhörnchen werden ab und zu mal gesichtet, wie zuletzt 2012 im Engadin (GB). Manche Albinotiere haben gar eine eigene Fan-Page, wie die rosafarbene Delfindame Pinky in Louisiana (USA), deren aussergewöhnliche Farbe wahrscheinlich auf Albinismus zurückgeht. Auch in Zoos erfreuen sich Albinos grosser Beliebtheit. So war der Albinogorilla Snowflake 40 Jahre lang die Attraktion des Zoos von Barcelona, bis er 2003 an Hautkrebs erkrankte und starb. In Thailand gelten Albinoelefanten gar als heilig und werden entsprechend verehrt.
Weisse Federn und Blätter
Während bei Säugern lediglich der Stoff Melanin für die Haut- und Fellfarbe verantwortlich ist, spielen bei Vögeln noch Carotinoide bei der Entstehung der Farben eine Rolle. Diese werden über die Nahrung aufgenommen und sind für rote, orange und gelbe Farbtöne zuständig. So erscheinen Wellensittiche mit einer Störung der Melaninsynthese gelb, während solche, die weder Melanin noch Carotinoide einlagern können, ein weisses Gefieder besitzen. Besonders auffällig unter den Albinovögeln sind weisse Pinguine, die auch immer mal wieder in Zoos zu bewundern sind. Im Januar 2024 wurde zudem ein fast weisser Pinguin in der Antarktis entdeckt. Seine ungewöhnliche Farbe hat er laut Wissenschaftlern jedoch nicht durch Albinismus, sondern einen anderen Gendefekt, den sogenannten Leuzismus.
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Bei Leuzismus fehlen in der Haut die Melanozyten, die Melanin herstellen könnten. Das heisst, auch wenn die entsprechenden Stoffe für Melanin vorhanden sind, wird keins gebildet. Im Gegensatz zu Albinismus muss Leuzismus nicht das ganze Tier betreffen, da in manchen Teilen des Körpergewebes noch funktionierende Melanozyten vorhanden sein können. Fälschlicherweise nennt man Leuzismus daher auch oft «partiellen Albinismus». Ein bekanntes Beispiel für Leuzismus sind weisse Tiger. Sie haben zwar ein weisses Fell, jedoch keine roten, sondern blaue Augen. So sind auch die meisten weissen Hauskatzen und weissen Pfaue keine Albinos, sondern leuzistisch. Praktisch bei allen gescheckten Tieren ist eine abgeschwächte Form von Leuzismus für die Fellfarbe verantwortlich.
Gibt es auch Albinopflanzen? Bei Pflanzen sorgt das Chlorophyll für die typisch grüne Farbe der Blätter. Allerdings erfüllt der Stoff noch eine andere wichtige Funktion: Er ist für die Fotosynthese essenziell und sorgt erst dafür, dass Pflanzen CO2, Wasser und Sonnenlicht in lebenswichtige Kohlenhydrate umwandeln können. Komplett weisse Pflanzen, denen jegliches Chlorophyll fehlt, könnten entsprechend gar nicht existieren. Manchmal findet man jedoch Pflanzen mit einzelnen weissen Blättern oder Ästen, in denen das Chlorophyll fehlt. Die Nährstoffversorgung wird dann durch den Rest der Pflanze sichergestellt. Allerdings gibt es natürlich auch Pflanzen, deren Blüten von Natur aus weiss erscheinen. Die Blütenfarbe entsteht durch die Kombination und Konzentration verschiedener Farbstoffe. Zu Beispiel sind wie bei Vögeln auch hier die Carotinoide für Gelb, Orange und Rottöne zuständig und etwa für das leuchtende Gelb von Sonnenblumen verantwortlich. Fehlen diese Farbstoffe in den Blütenblättern, so kann es sein, dass auch selten einmal eine weisse Sonnenblume ihren Kopf aus dem Feld reckt.
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