Wer Vögel hält, ist für ihr Wohlbefinden verantwortlich. Die Bedürfnisse eines Papageis oder Prachtfinken sind aber nicht gedeckt, wenn er zwar gut gefüttert wird, jedoch nur in einem Käfig mit gedrechselten Stangen lebt. Entsprechend ihrer Art und ihrer Herkunftsgebiete haben Vögel unterschiedliche Bedürfnisse. Die meisten Arten sind sozial. Darum ist es in der Schweiz gesetzlich vorgeschrieben, mindestens zwei Vögel zu halten. Damit Vögel in der Natur ihre Bedürfnisse abdecken können, fliegen sie teilweise beachtliche Strecken. Unter Menschenobhut gilt es, die Fixpunkte, die Vögel in der Natur aufsuchen, in der Voliere nachzustellen, sodass Vögel ihre Bedürfnisse auf zwar kleinem, aber hochwertigem Raum ausleben können. Sie sind dann nicht Gefangene, sondern Bewohner ihres Territoriums, in dem sie sich wohlfühlen.

In der Natur sind Vögel während eines grossen Teils ihrer Zeit mit der Nahrungs­suche beschäftigt. Wir Menschen setzen ihnen das Futter in Näpfen vor. Was sollen sie also mit der freien Zeit anstellen? Der Vogelhalter hat verschiedene Möglichkeiten, zu vermeiden, dass Langeweile im Vogelleben aufkommt. Dabei sind es nicht nur Papageienhalter, die gefordert sind. Auch Prachtfinken sind neugierig und mögen Beschäftigung. So wecken frische, belaubte Zweige aus dem Wald, die in die Voliere oder Vitrine gestellt werden, ihre Lebensgeister. 

Das wird im Kleinzoo «Johns kleine Farm» in Kallnach regelmässig gemacht. Dort werden beispielsweise Binsenastrilde und Gouldamadinen gemeinsam in einer Vitrine gehalten. Wenn frische Buchenäste gereicht werden, werden sie von den australischen Prachtfinken gleich gruppenweise angeflogen. Die Ästchen wippen, sodass die Vögelchen darauf balancieren müssen. Zudem picken sie eifrig am Blattansatz und scheinen dort Bestandteile zu finden, die sie gerne fressen. Auch wilde Gräser eignen sich hervorragend. Die Prachtfinken grübeln Kerne aus den Samenständen. Sie umkrallen die schwingenden Gräser, trainieren dabei ihre Fussmuskulatur und Geschicklichkeit. Frische Zweige aus dem Wald oder Gräser können in Flaschen eingestellt werden. So bleiben sie während einer Woche grün. Die Öffnung der Flasche sollte mit einem Drahtgeflecht überzogen werden, damit sie nicht zur Falle für die Vögel wird. 

Schaukelnde Sitzstangen
Papageien sind intelligente Tiere und wollen stets beschäftigt sein, damit sie physisch und psychisch gesund bleiben. An Seilen befestigte Baumstämme oder Wurzelstöcke, die hin und her schaukeln, wenn die schweren Vögel sie anfliegen, werden mit Begeisterung angenommen und benützt. Darum sollten Papageien auch schaukelnde Sitzstangen in den Volieren haben, nicht nur fest montierte. Manche Arten laufen auch gerne schräge Äste entlang, alle sitzen gerne zuoberst auf senkrecht stehende Äste. Eine Voliere, die nur zwei feste Sitzstangen aufweist, ist zu karg eingerichtet für Sittiche oder Papageien. Die Leiterin der Auffangstation für Papageien und Sittiche APS in Matzingen TG, Cathrin Zimmermann, sagt: «Ich streue das Körnerfutter stets in die Holzschnitzel am Boden. Die Papageien sind manchmal stundenlang damit beschäftigt, sie zu suchen.» Auch das ist eine Möglichkeit, Papageien agil zu halten. 

Sorgfältiges Darangewöhnen 
Wer solche Methoden umsetzen möchte, kann nicht von einem Tag auf den andern das gesamte Futter für seine Papageien verstecken. Prachtfinken, die nie frisches Laub zu sehen bekamen, ängstigen sich anfangs davor. Ein behutsames Vorgehen ist notwendig. Zweige sollten zuerst nur spärlich gereicht werden, wenn die Vögel Angst davor haben, Futter nur teilweise versteckt, wenn die Papageien es nicht gewohnt sind, es zu suchen. Wenn Papageien sich vor bestimmten Wurzelstöcken fürchten, hilft es, darauf einen Leckerbissen gut sichtbar zu befestigen. Nach anfänglichem Misstrauen wird ein neuer Ast oder Wurzelstock plötzlich intensiv benagt. 

Wer seinen Pfleglingen Beschäftigungsmöglichkeiten bietet, wird durch ein höchst interessantes Verhalten belohnt. Vögel, die immer wieder neue Herausforderungen zu meistern haben, bleiben neugierig und agil, so wie sie es in der Natur auch sind.