Das Team um Sabrina Briefer Freymond vom Nationalgestüt hatte im Jahr 2009 einen Versuch begonnen: Während dreier Jahre hielten sie je fünf, acht und zehn Zuchthengste nach der Decksaison von Juli bis Dezember auf einer Weide. Sie notierten die Verhaltensweisen und filmten die Begegnungen der Pferde.

Die ersten 30 Minuten hätten für Beobachter jeweils heftig ausgesehen, sagte Briefer. Die Hengste versuchten einander mit Drohverhalten, Imponieren, Schlägen und Bissen zu beeindrucken. Doch erstaunlich rasch kehrte Ruhe ein: «Schon nach einer Stunde waren alle am Grasen», erklärte Briefer der Nachrichtenagentur sda.

Vor allem Imponiergehabe
Nach drei bis vier Tagen war die Häufigkeit der Auseinandersetzungen auf ein Minimum gesunken, wie die Forschenden nun im Fachblatt «PLOS ONE» berichten. Diese waren in den meisten Fällen auch nur rituelle Drohungen und Imponiergehabe. «Es gab nie ernsthafte Verletzungen», sagte Briefer.

Nach zwei bis drei Monaten habe sich eine stabile Hierarchie etabliert. Manche Hengste beknabberten einander sogar freundschaftlich. Dies stimme mit Beobachtungen von Junggesellengruppen in freier Natur überein, zu denen sich Hengste ohne Harem oft zusammenschliessen und in denen Aggressionen relativ selten sind.

Vorkehrungen nötig
Ihre Studie zeige, dass die Gruppenhaltung von Hengsten auch in menschlicher Obhut möglich ist, schrieben die Forschenden. Dazu müssten allerdings einige Vorkehrungen getroffen werden: Die Weide müsse gross und von anderen Pferden abgeschirmt, der Zaun sehr solide sein. Die Hengste dürften keine Hufeisen tragen und sollten sich vorher im Stall bereits kennengelernt haben.

Diese Haltungsform verbessere das Tierwohl, schrieben die Forscher. «Obwohl Pferde soziale Tiere sind, werden sie oft in Einzelboxen gehalten, was Nachteile für ihre mentale Gesundheit hat.» Pferde ohne Sozialkontakte entwickeln Verhaltensstörungen wie Luftschlucken (Koppen) oder Kopfschlenkern (Weben).

Auch für die Halter hat die Gruppenhaltung laut Briefer einen positiven Nebeneffekt: Sie spart ihnen einiges an Arbeit beim Ausmisten der Ställe. In der Schweiz sei die Gruppenhaltung von Hengsten die Ausnahme, erklärte die Forscherin. So würden junge Pferde sowie Shetlandpony-Hengste in Gruppen gehalten, selten aber wertvolle Sport- und Zuchthengste. In anderen Ländern wie Frankreich und Italien, wo mehr Weideland zur Verfügung steht, sei die Hengsthaltung in Gruppen häufiger.