Ein Tier mit dem Aussehen und den scharfen Sinnen eines Wolfs, das gehalten werden kann wie ein Hund. So stellt man sich vielleicht das Ergebnis vor, das aus der Kreuzung eines Wolfs mit einem Hund hervorgeht. Und so werden Wolfshybriden ihren zukünftigen Besitzern auch angepriesen. Doch die Realität sieht anders aus. «Wolfshybriden sind keine Haustiere», hält Christina Steiner, Präsidentin des Vereins CHWOLF, fest. Die Erfahrung mit Hunden reiche für den Umgang mit diesen Tieren nicht aus. «Ein Wolfshybride sieht nicht nur aus wie ein Wildtier, sondern verhält sich auch so.» 

Angeschafft werden Wolfshybriden vor allem von Menschen, die fasziniert sind von der Unzähmbarkeit eines wilden Tieres und dann paradoxerweise einen Haushund wollen, in dem möglichst viel Wolf steckt. Der Glaube, dass durch die Kreuzung mit dem Hund aus dem Wolf ein lenkbarer, treuer Gefährte entsteht, entspringt romantischen Vorstellungen und Unwissen. Spätestens mit dem Eintritt der Geschlechtsreife platzen die meisten Träume vom zahmen Wolf. «Ein Wolfshybride, der nicht artgerecht gehalten wird, ist in der Lage, in kürzester Zeit eine ganze Wohnungseinrichtung zu zerstören», sagt Steiner. «Sein Fluchttrieb ist so stark, dass er ohne zu zögern durch das geschlossene Fenster springt, wenn er sich bedroht fühlt.» Oft komme es zwischen Mensch und Tier zu gefährlichen Situationen. Die Halter werden gebissen oder die Tiere verletzen sich in ihrer Panik.

Der Wolfsanteil dominiert den Hund
Im Gegensatz zur Wunschvorstellung ihrer Halter fehlt Wolfshybriden generell das Bedürfnis und die Fähigkeit, sich dem Menschen anzuschliessen, ihm zu vertrauen und sich ihm unterzuordnen. Jahrtausende waren nötig, um aus dem Wolf unseren Haushund zu machen. Das Wesen eines Wolfshybriden entspricht zu einem erheblichen Teil dem des Wolfes. Dass er bei Menschen aufwächst, ändert daran nicht viel. Durch ihren Anteil Hundeblut verlieren Wolfshybriden zwar teilweise ihre natürliche Scheu vor dem Menschen. Oft aber nur vor der betreuenden Person. 

Das Tier zu zwingen, sich dem menschlichen Leben unterzuordnen, führt zu seiner permanenten Überforderung und schlägt schnell in Auflehnung um. Die extreme Reiz­überflutung der menschlichen Zivilisation setzt sie unter Dauerstress und wird ihren Grundbedürfnissen in keiner Weise gerecht. Die Folgen sind unkalkulierbare Reaktionen, wie verwirrte Ängstlichkeit gekoppelt mit panischem Meideverhalten oder schlimmstenfalls Aggressionen. 

So wundert es nicht, dass auch erfahrene Hundehalter mit Wolfshybriden an ihre Grenzen stossen. Konfliktsituationen entstehen durch Kommunikationsprobleme und weil Verhaltensmuster und Bedürfnisse der sensiblen und scheuen Tiere nicht erkannt oder ignoriert werden. Viele enden denn auch in Tierheimen oder werden eingeschläfert.

Trotzdem blüht der Handel mit Wolfshybriden. In den USA gibt es eine eingeschworene Halterszene. Nach Schätzung der US-Organisation «Mission Wolf» sollen 100 000 bis 300 000 Wolfsmischlinge in US-Haushalten leben. Händler werben ganz offen im Internet. In Europa geschieht dies eher in geschlossenen Foren und oft auch am Rande der Legalität. Wolfshybriden gelangen von Händlern aus osteuropäischen Ländern schwarz in den Westen. In Deutschland sollen mehrere Tausend Tiere zum Teil sogar in Wohnungen gehalten werden. Gekauft für teures Geld. Warum? Aus falsch verstandener Tierliebe? Aus Bewunderung für das wilde Tier? Als Statussymbol?

Anforderungen an die Haltung sind gross
In der Schweiz ist laut Tierschutzverordnung das gezielte Verpaaren von Haushunden mit Wölfen verboten. Die Verordnung schreibt weiter vor, dass «Kreuzprodukte» mit hohem Wildtieranteil den Wildtieren gleichgestellt sind. Das heisst: Nachkommen aus Verpaarungen zwischen Wolf und Hund, bei denen ein Eltern- oder ein Grosselternteil ein Wildtier ist, sowie Wildtierhybriden mit einem Wildtieranteil von 50 Prozent erfordern eine Bewilligung und die entsprechende Ausbildung zur Haltung. 

Wohnungen oder Hundezwinger entsprechen in keiner Weise den Halteanforderungen. Einem Wolfshybriden steht nach Tierschutzverordnung ein ausbruchsicheres Wolfsgehege von 400 Quadratmetern zu, in dem er graben und sich verstecken kann. Wer für die Betreuung von Wildtieren oder Wildtierhybriden verantwortlich ist, muss über eine fachspezifische Ausbildung für die Haltung von Wölfen oder über ein Diplom als Tierpflegerin oder Tierpfleger verfügen. 

Als Haushunde dürfen Wolfsmischlinge erst in der vierten Generation gehalten werden. Vorausgesetzt, es wurde kein Wolf mehr eingekreuzt. Wer sich versichern will, dass ein Wolfshund wie ein Haushund gehalten werden kann und darf, muss dies anhand einer Stammbaumanalyse abklären. Seit Jahrtausenden sind unsere Haustiere gut an das Zusammenleben mit den Menschen angepasst. Durch züchterische Selektion sind zahlreiche Rassen entstanden, sodass Wildtiereinkreuzungen kaum gerechtfertigt sind.

www.chwolf.org
www.blv.admin.ch

Anerkannte Wolfshunde

Der Tschechoslowakische Wolfshund und der Saarloos Wolfshund sind Hunderassen, die von der FCI, dem grössten kynologischen Dachverband, anerkannt sind. Trotzdem haben sie aber noch viel Wolfsverhalten in ihren Genen. Ihre Körpersprache und Mimik ist viel ausgeprägter als bei anderen Hunden, sie sind sehr selbstständig, eigenwillig und haben einen enormen Jagdtrieb. Am wohlsten fühlen sie sich in einem Rudel, deshalb sollten sie auch nicht als Einzelhund gehalten werden. Auch haben sie die natürliche Scheu Menschen gegenüber vom Wolf geerbt. Ihrem Menschenrudel gegenüber sind sie sehr anhänglich, bei fremden Personen verhalten sie sich aber sehr zurückhaltend und scheu. Sie bellen selten, dafür hört man bei ihnen oft ein wolfscharakteristisches Heulen mit einem tiefen und weittragenden Ton. Es sind sehr interessante und spannende Hunde, erfordern vom Halter aber fundierte Kenntnisse in Wolfs- und Hundeverhalten sowie viel Zeit und Einfühlungsvermögen.