Der Dachverband der Berner Tierschutzorganisationen (DBT) verliert in Tierschutzstrafverfahren definitiv seine Parteirechte. Nach dem bernischen Obergericht verbietet nun auch das Bundesgericht dem DBT aus formaljuristischen Gründen, in solchen Verfahren die Rechte der Tiere zu vertreten.

Wie der DBT am Dienstag mitteilte, haben die Lausanner Richter entschieden, der DBT sei keine Behörde gemäss Schweizer Strafprozessordnung. Insbesondere könne man nicht von einer genügenden staatlichen Aufsicht über den DBT ausgehen.    

Dies, da der DBT trotz Aufsicht durch die bernische Volkswirtschaftsdirektion in inhaltlicher Sicht bei der Ausübung seiner Parteirechte frei sei. Ausserdem komme dem DBT nicht das Recht zu, hoheitlich zu verfügen. Die Tätigkeit der Tierschutz-Dachorganisation werde vom Kanton Bern auch nicht abgegolten.    

«Ein schwarzer Tag für die Tiere im Kanton Bern»: So kommentiert der DBT das Urteil in seiner Medienmitteilung und nimmt es «enttäuscht zur Kenntnis».

Aktiv etwa bei Tierquälerei  
Der DBT war bisher die einzige Organisation, die den Tieren in tierschutzstrafrechtlichen Verfahren im Kanton Bern eine Stimme vor Gericht geben konnte. Dies seit 1996 und auch nach Inkrafttreten der neuen Schweizerischen Strafprozessordnung am 1. Januar 2011. Der DBT intervenierte nach eigenen Angaben etwa, wenn Behörden vorschnell Tierquälereifälle ad acta legen wollten. Und er gewährleistete in den Worten des DBT, dass Tiere, die Opfer von Gewalt oder Vernachlässigung wurden, in Rechtsprozessen Gerechtigkeit erfuhren.    

Im vergangenen Sommer kam das bernische Obergericht zum Schluss, das kantonale Recht sei nicht bundesrechtskonform. Dies, obwohl nach Darstellung des DBT wegen der Änderung der Schweizer Strafprozessordnung eigens das kantonale Landwirtschaftsgesetz abgeändert wurde. Dieses Gesetz wurde mit einem Artikel zu den Parteirechten des DBT ergänzt. Der DBT findet, seine Einbindung in die Volkswirtschaftsdirektion verleihe ihm einen öffentlich-rechtlichen Charakter. Er rekurrierte gegen das Obergerichtsurteil in Lausanne – vergeblich.

Alternative schon aufgegleist  
Dass im Kanton Bern eine Institution vor Gericht Tiere soll vertreten können, ist unbestritten. Deshalb gab der bernische Grosse Rat bereits im vergangenen Dezember der Regierung den Auftrag, eine Lösung aufzugleisen, falls das Bundesgericht gegen den DBT entscheiden würde.  

Das ist inzwischen geschehen: Am 6. Juni hat der Grosse Rat eine Änderung des kantonalen Landwirtschaftsgesetzes gutgeheissen. Darin steht nun, dass der Regierungsrat ausser einer Organisation oder einer Person neu auch eine Stelle der Volkswirtschaftsdirektion bezeichnen kann, die im Strafverfahren zu Tierschutzdelikten als Behörde im Sinn der Strafprozessordnung auftreten kann.  

Wie die kantonale Volkswirtschaftsdirektion am Dienstag auf Anfrage sagte, wird es nun darum gehen, die zuständige Stelle zu bezeichnen. Voraussichtlich trete die neue Regelung 2019 in Kraft.  

DBT-Präsident Rolf Frischknecht sagte am Dienstag auf Anfrage, aus seiner Sicht sei die bisherige Berner Lösung mit einer von der Verwaltung unabhängigen Stelle als «Tierschutzanwalt» besser als eine Stelle innerhalb der Verwaltung. Der DBT schreibt deshalb in seiner Mitteilung, er werde prüfen, auf eine Anpassung der Strafprozessordnung hinzuwirken. Dies mit dem Ziel, dass der Verband die Parteirechte wieder rechtmässig wahrnehmen könne.