Im Zickzack führt die Katzenleiter der Hauswand entlang nach oben. Kurz vor dem ersten Stock verzweigt sich die Treppe in Richtung von zwei benachbarten Wohnungen. Vom Fenstersims der einen Wohnung spaziert gerade ein getigertes Büsi nach unten. Auf halber Höhe wartet die schwarze Nachbarskatze ungeduldig darauf, dass der schmale Weg frei wird. Sie möchte möglichst schnell durch ihr eigenes Katzentürli in ihr Zuhause schlüpfen. Die Szene fotografiert hat Brigitte Schuster. Anfang 2019 veröffentlicht sie einen Bildband über Katzentreppen. Die Grafikerin aus Deutschland lebt seit fünf Jahren in Bern. Die vielen und ausgefallenen Katzenleitern seien ihr sofort aufgefallen: «Sie sind ein europäisches Phänomen», sagt Schuster. In der Schweiz seien sie besonders häufig.

Bei ihrer Recherche sind Schuster viele verschiedene Varianten aufgefallen. Am besten gefällt ihr ein Modell, das sie die «Regenrohr-Wendeltreppe» nennt: «Dabei werden die Stufen rund um ein bereits vorhandenes Rohr gelegt. Das wirkt sehr unaufdringlich.» Aber auch einfache Holzbretter, die von einem Baum direkt zum Balkon oder Fenster führen, haben es ihr angetan. 

Keine Leiter für Einbrecher
Eva Waiblinger ist Zoologin und Verhaltensbiologin. Sie sagt, es sei wichtig, dass Katzen ins Freie dürfen. «Katzen, die als Freigänger aufgewachsen sind, sollten jederzeit frei entscheiden dürfen, ob sie nach draussen möchten», sagt sie. Auf Katzen hingegen, die immer nur in Wohnungen gelebt haben, treffe dies nicht unbedingt zu. «Allerdings haben diese Katzen öfter Verhaltensprobleme, weil sie unterbeschäftigt und keinen Jagdreizen ausgesetzt sind.»

Tipps fürs Katzenleiterli

 

  • Kaufen Sie im Baumarkt eines oder mehrere Bretter aus unbehandeltem, wetterfestem Holz. Fichte oder Tanne eignen sich gut.
  • Für eine trittsichere Katze reicht eine Breite von 20 Zentimetern. Aber es gilt: Je breiter, desto besser, besonders wenn die Katze älter wird.
  • Nageln Sie im Abstand von 20 Zentimetern schmale Zwischen-leisten quer aufs Brett. Sie bieten der Katze Halt. Alternativ können Sie auf dem Brett auch einen Teppich aus Sisal, einer Naturfaser aus Agave, anbringen.
  • Am oberen Ende befestigen Sie das Brett zum Beispiel mit Winkeln an der Hauswand, am Fenstersims oder an einer Holz-Konsole, die Sie auf den Balkon stellen. Kabelbinder, etwa am Geländer, eignen sich weniger gut: Sie werden schnell brüchig.
  • Diese Art Leiterli sollte schräg nach unten führen – aber nicht zu steil! Aufwärtsklettern können Katzen gut, abwärts haben sie oft Mühe.
  • Ist die Leiter sehr lang, kann man Zwischenplattformen mit Winkeln an der Hauswand befestigen.
  • Das untere Ende des Bretts hält länger, wenn es auf einer Gummimatte steht.

Katzenhalter können die Leiter selber bauen oder beim Schreiner nach Mass anfertigen lassen. In Online-Shops findet man auch schon fertige Modelle. Der Zürcher Schreiner Urs Kropf empfiehlt, «den Erfindergeist walten zu lassen» – denn eine Katzenleiter selber zu bauen, sei einfacher, als man meine. Eine allgemein gültige Anleitung gibt es aber nicht: «Die Situation vor Ort ist immer verschieden», sagt Kropf. Er rät davon ab, die Treppe zu stabil anzuschrauben: «Sie soll das Gewicht der Katze tragen können – nicht aber das eines Einbrechers.»

Für eine einfache Katzenleiter von zwei bis drei Metern Länge kauft man im Baumarkt ein passendes Brett. Damit die Katze nicht rutscht, ist es wichtig, dass das Material griffig und rau ist – aber dennoch keine Splitter aufweist (siehe Tipps-Box). Waiblinger rät, zuerst in der Wohnung verschiedene Materialien auszuprobieren, zum Beispiel mit einer Mini-Treppe auf eine Kommode. Halter von älteren Katzen müssen zudem abschätzen, ob ihr Büsi noch genug Koordination und Balance hat und ob die Gelenke beim Gehen, Springen oder Klettern nicht schmerzen. 

Weit verbreitet ist die Meinung, dass Katzen aus beliebiger Höhe fallen können, ohne sich wehzutun. «Das stimmt nicht», sagt Waiblinger. «Etwa ab vier Metern wird es ziemlich gefährlich.» Dann könne sich die Katze die Beine oder sogar das Becken brechen. Je nach Untergrund könne sie sich aber auch schon bei einem Sturz aus dem Hochparterre verletzen. Deshalb rät die Expertin dazu, am Balkon und wenn möglich auch an der Katzentreppe ein Netz anzubringen. «Denn wenn eine Katze einen Vogel sieht und in Jagdfieber gerät, kann es sein, dass sie ungeachtet der Höhe einfach springt.»

Katzentürli oder Warteplatz
Damit die Katze möglichst schnell in die Wohnung kann, empfiehlt Waiblinger eine Katzentüre. Wird sie mit dem implantierten Chip der Katze gesteuert, kommen keine fremden Katzen rein. Zudem: «Katzen und Menschen sind selten zur selben Zeit aktiv», sagt sie. Wenn immer der Besitzer der Katze das Fenster öffnen müsse, sei das für beide sehr mühsam. Sie rät, sich beim Glaser ein Extra-Fenster mit Katzentüre herstellen zu lassen und das eigentliche Fenster sicher zu lagern, bis man eines Tages auszieht. Allerdings koste das schnell mehrere Hundert Franken.  

Deshalb belassen es viele Katzenbesitzer dabei, der Katze die Wartezeit vor dem Fenster möglichst bequem zu gestalten. In Bern hat Brigitte Schuster viele solche Konstruktionen gesehen. «Das kann ein weiteres Brett sein, um die Sitzfläche zu vergrössern. Manchmal liegen auch Decken und Kissen bereit.» Waiblinger warnt allerdings: «Kann die Katze bei einem Konflikt oder bei schlechtem Wetter nicht in die sichere Wohnung fliehen, ist das nicht tiergerecht.»

Mieter müssen ausserdem den Vermieter fragen, bevor sie eine Katzentüre ins Fenster einlassen oder eine Katzenleiter an der Hauswand befestigen. «Für Katzentreppen, die über den eigenen Balkon hinausgehen, braucht es eine Bewilligung», sagt Fabian Gloor vom Mieterverband. Um die Zustimmung auch im Nachhinein noch beweisen zu können, solle man sie schriftlich einholen.

Hat man diese Hürde genommen und das Leiterli gebaut, kann es sein, dass das Büsi anfangs skeptisch ist. Waiblinger sagt, besonders jüngere Katzen solle man «einfach machen lassen». Klappt das nicht, könne man die Katze mit Leckerli auf die Treppe locken. Bald wird sie die Vorzüge ihres persönlichen Ein- und Ausgangs zu schätzen wissen.