Die grösste Freude macht man Brono, wenn man mit ihm spazieren geht, am besten entlang eines Waldwegs. Da gibt es so viel zu entdecken. Aufgeregt knabbert er an Pferdeäpfeln, zerrt ein Holzstück aus dem dichten Gras am Wegrand, tollt vergnügt am Rastplatz umher. Alles wird unter die Lupe genommen. «Ja, Brono ist ein aufgeweckter Hund», lacht Michael Hunziker. Bei ihm und seiner Frau wohnt der Mischling, der die Gene eines Collis und eines Podencos besitzt. «Aber so genau wissen wir das nicht. Brono ist halt einfach Brono», ergänzt Hunziker.

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Ein Unfall veränderte Bronos Leben
Ungewiss ist auch vieles in der Geschichte des Vierbeiners, der einst auf den Strassen Rumäniens lebte. Bis zu jenem Tag vor drei Jahren, der sein Leben für immer veränderte. «Vermutlich hatte er einen Unfall mit einem Auto, bei dem sein Gesicht entstellt wurde», weiss Hunziker. Schwer verletzt sei der Vierbeiner in ein Tierheim gebracht worden. Dort sei er notdürftig gepflegt worden. Und dort habe der Hund später auch das Herz seiner Frau erobert, erzählt Hunziker. «Sie reiste im Dienste einer Tierschutzorganisation durch Rumänien und entdeckte den schwer verletzten Hund. Im Heim erhielt er nicht die medizinische Unterstützung, die er gebraucht hätte.» 

Vielleicht war es der treue Blick, vielleicht seine liebensbedüftige Art – der Gedanke an den verletzten Vierbeiner liess seine Frau nicht los. «Ein paar Monate später reisten wir zusammen nach Rumänien, brachten ihn in eine Tierklinik und danach in die Schweiz», sagt Hunziker. Ein Name war schnell gefunden: Brono, die Abkürzung für «broken nose», englisch für «gebrochene Nase».  

Mittlerweile geht es ihm gut: Die Wunden sind verheilt. In der Hundeschule sei er sogar der Vifste. «Vermutlich, weil er als Strassenhund lernte, sich durchzusetzen und immer auf der Hut sein musste», erklärt sein Besitzer. Dank des prägnanten Aussehens (die Zunge hängt stets heraus, sie hat in der deformierten Mundhöhle keinen Platz) ist Brono das Maskottchen der neu gegründeten Tierschutzorganisation Animaris.  

Die Entstehung von Animaris
Bettina Dürrenberger ist eines der vier Vorstandsmitglieder. Sie erinnert sich an die Entstehung des Vereins: «Unser heutiges Team hat sich während der Tätigkeit in anderen Tierschutzorganisationen kennen gelernt. Schnell wurden wir gute Freunde», sagt sie. «Irgendwann verspürten wir den Wunsch, einen eigenen Verein zu gründen und uns für die Themen einzusetzen, die uns Herzen liegen.» Das war vor einem Jahr. Mittlerweile kann Animaris neben den zehn Gründungsmitgliedern auf rund 70 zahlende Mitglieder sowie eine wachsende Anzahl Spender zählen. 

«Dass deren finanzielle Mittel auch wirklich zu hundert Prozent den Tieren zugute kommen, war für uns von Anfang an oberste Priorität. Deshalb kontrollieren wir regelmässig vor Ort, dass die Gelder sinngemäss eingesetzt werden. Sämtliche Reisen zahlen wir natürlich aus unserer eigenen Tasche», erklärt Dürrenberger. Aus den Erfahrungen, die sie bei ihrer Tätigkeit in anderen Tierschutzorganisationen gesammelt hatten, war den Mitgliedern von Animaris zudem bewusst, dss sie nicht die ganze (Tier-)Welt retten, sondern nur punktuell helfen können.

«Wir haben unseren Fokus auf die Kastration von Hunden und Katzen gelegt. In der Schweiz, aber auch in Rumänien, im Dog Park des Schweizers Otto Forster.» Er ist einst nach Rumänien ausgewandert, um für eine Textilfirma zu arbeiten. Dabei habe er das Tierleid im Land entdeckt und beschlossen, sich zu engagieren. Seit seiner Pensionierung steckt er seine ganze Energie in grossen Park, der zum neuen Zuhause für unzählige Strassenhunde avanciert ist. «Hier leben sie nicht in engen Zwingern wie anderswo, sondern in Rudeln auf einem grossen Feld», erzählt Dürrenberger.  

Einsatz im Dog Park in Rumänien
Doch ohne Hilfe lässt sich ein so ambitioniertes Projekt nicht bewerkstelligen. Durch frühere Tierschutzprojekte kannte Otto Forster alle Animaris-Mitglieder. Nach der Gründung des Vereins kam er auf sie zu. Durch einen Zeitungsartikel hatte er vom Wirken des neuen Vereins erfahren. «Er fragte uns an, ob wir zum einen beim Projekt Dog Par mithelfen und auch bei ihm helfen und Kastrationen von Hunden und Katzen vornehmen könnten», erzählt Dürrenberger. Eine Reise in den Westen Rumäniens, nach Lugoj, bekräftigte die Mitglieder von Animaris, sich hier zu engagieren.

Das Schwierigste sei es gewesen, das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen und Tierärzte zu finden, die vor Ort mit dem Verein zusammenarbeiten. Doch in enger Zusammenarbeit mit Forster gelang es, dieses allmählich aufzubauen. «Vielen war nicht bewusst, dass grosses Tierleid entsteht, wenn sich Katzen und Hunde unkontrolliert vermehren. Da mussten wir zuerst Aufklärungsarbeit leisten. Diese hat sich gelohnt. Mittlerweile kommen die Leute von sich aus und bringen uns kranke Tiere oder bitten uns, Kastrationen vorzunehmen», erzählt Dürrenberger.

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Dog Park: Strassenhunde brauchen Liebe ... (Fotos: pd)

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... und Hundehütten, um sich zurückzuziehen.

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Weitere Aufgabe im Dog Park: Gehegebau.


Kastrationen in der Schweiz

Sein Wirkungsgebiet will Animaris auch in der Schweiz intensivieren. Aus früheren Tätigkeiten besteht ein enger Kontakt zur Tierschutzorganisation NetAp, die ihrerseits auf die Hilfe von Animaris zählt: vor allem bei der Katrastion verwilderter Katzen, vornehmlich auf dem Land. «NetAp hat uns Fallen zur Verfügung gestellt, mit denen wir die Tiere einfangen können», erklärt Dürrenberger. Doch so einfach ist das nicht. Auch hierzulande sei man auf die Zusammenarbeit mit der Bevölkerung angewiesen, um Hinweise auf verwilderte Tiere zu erhalten. Dann müsse abgeklärt werden, ob sie jemandem gehören. «In einem weiteren Schritt geht es darum, sie anzufüttern, um sie an die Fallen zu gewöhnen», sagt Dürrenberger.  

Für ihren Einsatz opfern die Mitglieder von Animaris ihre Ferien und viel Freizeit. «Doch das ist es uns wert – vor allem, wenn wir dadurch glücklichen und gesunden Tier begegnen», ist sie überzeugt.  

Noch etwas ist den beiden Tierschützern wichtig, mit denen sich «Tierwelt Online» auf einen ausgedehnten Spaziergang begeben hat: «Wir haben Brono zwar aus Rumänien in die Schweiz geholt. Doch er ist und bleibt ein Einzelfall. Hunde zu importieren gehört nicht unserer Strategie. Das Ziel von Animaris ist, vor Ort zu helfen. Brono hatte einfach das Glück, dass er sich mit seiner liebenswürdigen Art in unsere Herzen geschlichen hat», erzählt Dürrenberger.

Dann muss sie herzhaft lachen: Brono zeigt ein Kunststück, das er mit seinem Herrchen einstudiert hat und bei dem er elegant um dessen Beine trippelt. Ja, er ist in seinem neuen Leben angekommen.

www.animaris.ch