Die Tochter des ehemaligen New Yorker Bürgermeisters wird es wissen: «Wir lieben unsere Hunde», schreibt Georgina Bloomberg im Vorwort zu einem Bildband über die Vierbeiner in der Metropole. Ein Bildband, der das Zeug zu mehr als einer Sammlung hübscher Hundebilder hat, der gar eine soziale Studie über den «Big Apple» sein könnte.

Für Bloomberg sind Hunde soziale Brückenbauer für die New Yorker. Die Vierbeiner verwandeln «taffe, grobe und egozentrische» Menschen für ein paar Stunden am Tag in «selbstlose, liebevolle, freundliche und höfliche Wesen.» Und weil Hunde gemäss Bloomberg die einzige Chance auf Smalltalk und Augenkontakt zwischen zwei Unbekannten darstellen, sind sie auch dementsprechend beliebt: 1,5 Millionen Vierbeiner zählt die Megastadt.

Tausendfach Fotografiertes neu entdeckt
1,5 Millionen Hunde, das sind auch 1,5 Millionen Geschichten. Kennenlern-, Adoptions- und Freundschaftsgeschichten, die Rachael Hale McKenna in ihrem Bildband «New York City Dogs» gekonnt in Bildern einfängt. Die Autorin und Fotografin hat sich auf Tiere spezialisiert. Eigentlich wohnt die gebürtige Neuseeländerin in Frankreich, wo sie bereits einen Katzen- sowie einen Hunde-Bildband veröffentlicht hat. 

Während es etwa in «Katzen – Französische Landsitze und ihre Bewohner» mehr um ländlichen Charme und Kleinstadtromantik ging, wird Hale in New York mitten in den Grossstadtdschungel geworfen – und findet unerwartete Perspektiven. Mit dem Fokus auf Hunde entstehen tolle Bilder, auf denen tausendfach fotografierte Sehenswürdigkeiten zum schmucken Hintergrund verschwimmen.

Ein Spiegelbild der Gesellschaft
Aus den hundert Hundefotos im neuen Bildband hat sich Hale ihre Lieblinge herausgepickt und erzählt deren Geschichte. Oder besser: Sie lässt die Hundehalter erzählen. Bulldoggen-Mischling «Pork Chop» etwa lässt sich von seinem Herrchen auf dem Motorrad durch Manhattan chauffieren, während Foxterrier «Miki» ein behütetes Leben bei einem Modefotografen führt, in einer Wohnung mit Blick auf die Skyline. 

New Yorks Hunde sind auch ein Spiegelbild der Gesellschaft. An der noblen Fifth Avenue spazieren föhnfrisierte Rassehunde in Designermäntelchen an der Leine hochgehackter Frauchen, auf Long Island rennen Boxermischlinge Graffitiwänden entlang auf ihr Herrchen zu. Ob Accessoire oder Spielkamerad, die Hunde haben eins gemein: Sie sind die besten Freunde des Menschen, was Hale in ihrer Bildsprache eindeutig beweist.

Der Wunsch nach mehr
Bei allem Lob für die in der Tat starken Hundefotos lässt mich «New York City Dogs» nicht vollständig befriedigt zurück. Die kurzen Texte über einzelne, herausgepickte Stadthunde schmieren mir Honig um den Mund, wecken meine Neugier. Ein oder zwei Bilder des jeweiligen Hundes reichen da nicht aus, um sie zu stillen. 

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 Rachael Hale McKenna, «New York City Dogs», gebunden, 168 Seiten,
 Verlag: Knesebeck, ISBN: 978-3-86873-698-4, SFr. 40.90.

Gleiches gilt umgekehrt: Die nicht näher vorgestellten Hunde schweben ohne Erklärung im Raum. Hingeworfen, mit einer bestimmt interessanten Geschichte, die ich nie kennenlernen werde. Was machen der Gitarrist auf dem Hausdach und sein Weimaraner? Immerhin: Im Bildnachweis finde ich heraus, dass die beiden Richard (Mensch) und Popcorn (Hund) heissen und in Chinatown für das Bild posiert haben. Mehr aber nicht. 

Schade, aber auch schön. So kann ich mir meine eigene Geschichte um New Yorks Hunde und ihre Halter basteln. Und vielleicht wird der eine oder andere Leser ja sogar animiert, die Geschichten hinter Zürichs, Giubiascos oder Lützelflühs Hunden herauszufinden. So schwierig kanns nicht sein; einfach fragen, lehrt uns Rachael Hale McKenna. Wenn der Hund als Eisbrecher in New York funktioniert, wird er es auch hierzulande tun.