Kaum ein Hundehaushalt mit Garten kommt ohne aus, und selbst an Mietwohnungen sieht man sie immer öfters: Schilder, die vor dem vierbeinigen Mitbewohner warnen. Ob gross oder klein, mit Bild oder ohne – das Angebot ist vielfältig, der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Doch was bringt ein solches Schild eigentlich?

Eine mögliche Antwort liegt in der Haftung bei ungewollten Vorkommnissen mit dem Hund auf dem eigenen Grundstück – sprich: wenn der Hund einen Besucher beisst oder sonstwie verletzt. Hätte es der «Eindringling» besser wissen müssen, weil er mit dem Schild vorgängig gewarnt wurde? Muss deshalb er für seinen Schaden geradestehen und nicht der Hund beziehungsweise dessen Halter? Die Antwort darauf ist: Nein. «Warnschilder alleine entbinden den Hundehalter nicht von seiner Haftpflicht», sagt Sarina Dreyer von der Stiftung für das Tier im Recht (TIR). Grundsätzlich gelte, dass der Tierhalter für den von seinem Tier angerichteten Schaden haftet. 

Halter haftet trotz Warnschild
Nur wenn Herrchen oder Frauchen nachweisen können, dass sie «alles in ihrer Macht stehende» unternommen haben, um den Schaden zu vermeiden, müssen sie nur teilweise oder gar nicht dafür aufkommen. Dieser sogenannte Entlastungsbeweis gelinge nur, «wenn alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt bei der Verwahrung und Beaufsichtung des Hundes angewandt wurde und der Tierhalter sein Tier somit genügend überwacht hat», erklärt Dreyer weiter. Wenn der Tierhalter also weiss, dass sein Hund aggressiv oder gereizt auf den Pöstler reagiert, reicht ein Warnschild nicht aus, wenn der Gang zum Briefkasten durch den Garten erfolgt und der Hund dort frei rumläuft. «In diesem Fall kann man dem Hundehalter vorwerfen, dass er nicht sämtliche Vorkehrungen getroffen hat, um zu verhindern, dass sein Hund zubeisst», sagt Dreyer. Vielmehr gäbe es noch weitere Massnahmen zu treffen, um einen Schaden zu verhindern, wie beispielsweise die Einzäunung eines Teils des Gartens, damit der Hund nicht mehr zu den Briefkästen gelangt.

Dienen die Warnschilder also möglicherweise dem Pöstler als Hinweis darauf, bei welchem Briefkasten er besonders vorsichtig sein muss? Nicht wirklich, wie Oliver Flüeler, Leiter der Medienstelle der Post, auf Anfrage sagt. Zum einen würden Pöstler – entgegen der verbreiteten Vorstellung – äusserst selten von Hunden gebissen; gerade mal 5 Prozent aller registrierten Unfälle bei der Post sind Bissverletzungen. «Zum anderen kennen die Pöstler ihre Zustelltouren und tauschen sich untereinander aus. Wenn es irgendwo einen Hund hat, der unangenehm auffällt, spricht sich das unter den Kollegen herum – auch ohne Warnschild.» 

Wirkung auf Einbrecher umstritten
Viele Hundehalter erhoffen sich, ihr Vierbeiner würde Einbrecher abschrecken. Und damit es erst gar nicht zur Konfrontation kommt, weisen sie ihn vorsorglich mit dem Warnschild auf den Wachhund hin. 

Ob sich ein Einbrecher auch tatsächlich von den Schildern beeindrucken lässt, ist jedoch umstritten und kaum belegbar. Die Basler Versicherung hat für ihre Einbruchstudie aus dem Jahr 2013 verurteilte Einbrecher zum Thema befragt und dabei herausgefunden, «dass sich gewisse Einbrecher von einem Warnschild verunsichern lassen», wie Mediensprecher Patrick Pensa festhält. Die Abschreckung funktioniere insbesondere dann, wenn das Schild glaubwürdig sei, also der Garten auch wirklich so eingezäunt ist, dass man davon ausgehen muss, dass sich tatsächlich ein Hund darin aufhält. Eine repräsentative Studie über die Abschreckungskraft von Warnschildern gibt es jedoch nicht. 

Auch Markus Friedli, Sicherheitsberater der Kantonspolizei Bern, kann sich vorstellen, dass die «Warnung vor dem Hunde» durchaus den einen oder anderen Einbrecher von seinem Vorhaben abhalten könnte. «Eine Garantie, nie Opfer eines Einbruchs zu werden, gibt aber weder der Hund noch das Warnschild», sagt Friedli. Zumal die meisten Einbrecher ohnehin keine Konfrontation riskieren wollen, weder mit Zwei- noch mit Vierbeinern. «Deshalb werden die allermeisten Einbrüche tagsüber begangen, dann also, wenn sich niemand im Haus oder in der Wohnung aufhält – auch der allfällige Hund nicht.»

Schilder, die vor Hunden warnen, entlasten also weder den Halter von der Haftung, noch garantieren sie den Schutz vor unliebsamen Eindringlingen. Sie sind also höchstens ein Hinweis für Besucher. Wie ernst die Warnung zu nehmen ist, ist bei gewissen Schildern ohnehin fraglich. 

Aus der klassischen «Warnung vor dem Hunde» mit schwarzen Buchstaben auf gelbem Hintergrund ist längst ein Sammelsurium verschiedener fantasievoller Schilder geworden. «Wenn Hund kommt, flach auf den Boden legen und auf Hilfe warten», ist da etwa zu lesen. Und weiter: «Wenn keine Hilfe kommt – viel Glück!» Auch poetische Aufschriften in Versform lassen sich finden: «Siehst Du mich mal ohne Leine, brauchst Du Glück und schnelle Beine.» Auch explizite Aussagen werden den vermeintlichen Wachhunden zugeschrieben: Von «Ich beisse, also bin ich» über «Wir beissen nicht, wir amputieren» bis hin zur Strichliste der bisherigen «Opfer». Und auch wenn hinter den wenigsten Warnschildern tatsächlich bedrohliche Hunde lauern – was Passanten, Besucher, der Pöstler oder Einbrecher daraus ablesen, bleibt ungewiss.