E s gibt Tage, an denen man im wahrsten Sinne des Wortes keinen Hund vor die Tür jagen möchte. Ganz wörtlich dürfen Hundebesitzer das natürlich nicht nehmen: Auch bei strömendem Regen oder arktischen Temperaturen müssen die Vierbeiner – gegebenenfalls geschützt durch spezielle Regen- oder Thermokleidung – nach draussen, um ihr Geschäft zu machen, sich zu bewegen, zu schnüffeln und Artgenossen zu treffen. 

Aber wenn sich Bello vor den Hagelkörnern unter Herrchens Regenmantel versteckt oder so aussieht, als würde er mit der nächsten Sturmböe wegfliegen, ist es durchaus erlaubt, die Spazierrunde spannenden Indoor-Aktivitäten zuliebe ein wenig abzukürzen. 

Agility in der Stube
Auch in kleineren Wohnungen lässt sich mit ein wenig Fantasie ein Geschicklichkeits­parcours aufbauen. Manchmal finden sich zumindest für kleinere Hunde schon gebrauchsfertige Hindernisse im Kinderzimmer, zum Beispiel Hula-­Hoop-Reifen und Kriechtunnel. Aber auch im kinderlosen Haushalt ist in der Regel Material zum schnellen und kostengünstigen Hindernisbau vorhanden: Tunnel bauen kann man zum Beispiel wunderbar aus leeren Umzugskartons, die man ineinandersteckt, oder Decken, die man über Stühle und Tische legt. Ein paar mit Sand gefüllte Pet-Flaschen ergeben einen kleinen Slalom-Parcours, eine Plastikplane wird zur Raschelbrücke und ein solides Brett, das sicher auf Kisten ruht, kann zum Balancieren oder zum Drunterdurchkriechen genutzt werden. Ein zusammengebundenes Stück Gartenschlauch wird zum Sprungreifen, eine Decke oder Bücher auf dem Boden laden zum Weitsprung ein. 

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An neue Hindernisse sollten Hunde schrittweise und mit viel Lob herangeführt werden. Der neue Tunnel ist viel weniger furchteinflössend, wenn eine Leckerchenspur hindurchführt oder Frauchen mit gutem Beispiel vorankrabbelt. Und natürlich darf kein Verletzungsrisiko bestehen. So ist Springen zum Beispiel nur erlaubt, wenn ausreichend Platz und ein rutschfester Boden vorhanden sind. Überhaupt sollte man es in den eigenen vier Wänden schon der Wohnungseinrichtung zuliebe ruhiger angehen lassen als auf dem Agility-Platz. Als ruhigere Alternative, die Konzentration und Koordinationsvermögen fördert, kann man den Hund über niedrige Hindernisse wie Schwimmnudeln oder die ausgestreckten Beine aller Familienmitglieder klettern lassen. Kandidaten, die gleich losstürmen wollen, kann man mit einer Futterspur durch das Hindernis oder mit wegweisender, niedriger Hand bremsen. 

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Spassig soll es sein
Auch Kommandos wie Sitz, Platz oder Bleib kann man gut und ohne Ablenkungen im Wohnzimmer trainieren. Für Fortgeschrittene gibt es eine ganze Reihe Tricks, oft inspiriert aus dem Alltag von Behindertenbegleithunden, deren Ausführung wenig Platz erfordert. So kann man dem Hund beibringen, auf Kommando die Pantoffeln zu holen, das Hundespielzeug in eine Kiste zu legen oder den Lichtschalter mit der Pfote anzuknipsen. Wie man das Training solcher Tricks schrittweise aufbaut, wird in zahlreichen Fachbüchern erklärt. Oberstes Gebot dabei: Das Training sollte allen Beteiligten vor allem Spass machen und den Hund nicht überfordern. Deshalb auch lieber öfters, aber dafür in kürzeren Intervallen üben und ausprobieren, welche Aufgaben dem Hund am besten liegen. Die einen studieren voller Begeisterung Beinslalom, Rückwärtsgehen, Drehungen und andere Elemente des Dogdancing ein. Ein Apportierprofi hingegen ist vermutlich glücklicher damit, die Zeitung aus dem Briefkasten zu holen (sofern sie hundegerecht platziert wird), das Lieblingskuscheltier zu suchen oder Gegenstände von einem zum anderen Familienmitglied zu tragen. 

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Einige Hunde drehen bei Aktivitäten wie dem Wohnzimmer-Agility oder beim Erlernen neuer Aufgaben ziemlich auf. Als entspannende Gegenmassnahmen bieten sich hier Kau- oder Schnüffelspiele. Kauknochen und befüllbares Kauspielzeug aus Naturkautschuk können viele Hunde stundenlang beschäftigen und haben eine beruhigende Wirkung. Um den Kauspass noch zu erhöhen, kann man Knochen oder Spielzeug gut verpackt servieren, indem man sie beispielsweise mit Packpapier umwickelt und in einen Schuhkarton legt. Während einige Vierbeiner keine Scheu kennen und mit Zähnen und Pfoten jeden Leckerbissen in kurzer Zeit von Stoff, Karton und Papierlagen befreien, müssen vorsichtigere Kandidaten das Auspackspiel erst lernen. Dann überreicht man die «Geschenke» am Anfang am besten nur ganz lose verpackt.

Nicht nur Kauspielzeuge, auch andere Leckerbissen und das normale Trockenfutter kann man in «Schnüffelkisten» – zum Beispiel einem flachen Karton, in dem ausser den Leckerchen noch zahlreiche Klopapierrollen liegen – anbieten oder weitläufiger verstecken. Die einfachste Variante des Futterschnüffelns ist, eine Handvoll Trockenfutter quer durch die Wohnung zu streuen. Schwieriger wird die Suche, wenn man die Leckereien unter Tüchern, hinter dem Sofakissen oder unter umgedrehten Bechern deponiert. 

Eine Massage zum Abschluss 
Auf dem gleichen Prinzip beruhen auch Denksportspiele, die im Fachhandel in zahlreichen Variationen angeboten werden. Es gibt unter anderem Spiele, bei denen der Hund kleine Schieber mit der Pfote bewegen muss, um an die Leckerchen zu kommen, und Fallrohre, bei denen erst einige Laschen herausgezogen werden müssen. Beim Dog Trigger müssen Klötzchen mit der Schnauze ins Bett gedrückt, beim Hütchenspiel dagegen mit dem Maul hochgehoben werden. 

Nach einer Trainingseinheit, einer Leckerchenjagd oder einem wilden Zerrspiel haben sich Vier- und Zweibeiner eine Pause verdient. Gemeinsam ist Faulenzen am schönsten, Körperkontakt beruhigt ausserdem und festigt die Bindung. Natürlich kann man auf dem Sofa, dem Teppich oder dem grossen Hundebett einfach zusammen abhängen. Solche gemütlichen Stunden eignen sich aber auch hervorragend für ein ausgedehntes Wellnessprogramm. Das kann einfach aus Streicheln und Kraulen bestehen, aber auch intensive Fellpflege oder eine Massage beinhalten. 

Beim Massieren ist erlaubt, was dem Hund gefällt. Hier hilft nur ausprobieren. Während der eine von einer sanften Pfotenmassage nicht genug bekommen kann, steht der nächste mehr auf intensives Brustkraulen. Man sollte die Reaktionen des Tieres genau beobachten und die Massagetechnik gegebenenfalls anpassen. Bei einigen gesundheitlichen Problemen wie Haut- oder Gefässerkrankungen kann eine Massage mehr schaden als nutzen, im Zweifel sollte man daher Rücksprache mit dem Tierarzt nehmen. So bleibt der Tag trotz Hundewetter für Vier- und Zweibeiner in bester Erinnerung. 

101 Hundetricks Buch-Cover

Kyra Sundace: 101 Hundetricks
1. Auflage 2015 
Taschenbuch, 104 Seiten 
Verlag: Eugen Ulmer, ca. 28 Franken
ISBN: 978-3800158454