Roger Federer fährt mit seinem Auto heran, steigt aus und spaziert an einem Hund vorbei, der brav in seinem Häuschen sitzen bleibt. Dass die Szene im Werbefilm für Mercedes-Benz so gut funktioniert, ist Anita Ziegler und ihrer Filmtier-Agentur filmtier.ch zu verdanken. «Das sieht simpel aus, ist aber für den Hund eine Herausforderung», sagt die 29-Jährige beim Treffen in einem Restaurant in der Nähe ihres Wohnorts Schübelbach SZ. Der Federer-Spot ist nur eine von vielen Referenzen, mit denen Ziegler weitere Kunden auf ihre Dienstleistung aufmerksam machen kann: Tiere vermitteln für Fotoaufnahmen, Werbung und Film sowie Tiere und/oder ihre Halter ausbilden. 

Der Mercedes-Werbespot mit Roger Federer und dem von Anita Ziegler vermittelten Hund:

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Der Umgang mit Tieren wurde Ziegler regelrecht in die Wiege gelegt. «Wir hatten immer Tiere, einen halben Zoo», sagt sie und lacht. Hühner, Katzen, Enten, Hasen hätten in und ums Haus gelebt und immer auch ein Hund. Und schon mit 13 Jahren habe sie nach langem «Stürmen» einen eigenen Hund – eine Mischung zwischen einem Belgischen Schäfer (Tervueren) und einer Bergamaskerhündin – bekommen und fortan selbstständig für ihn gesorgt. Auf diese Weise aufzuwachsen sei für sie und ihre beiden grösseren Brüder super gewesen. Die Mutter war zu Hause tätig, der Vater arbeitete extern und kümmerte sich nebenbei um Obstbäume und Bienen. 

Goja war überall mit dabei
Anita Ziegler machte die Matur und liess sich danach – fasziniert von Werbung und dem Kreativen, Grafischen überhaupt – zur Multimediaproduzentin und Kommunikationsplanerin ausbilden. Ihr Hund «Goja» sei in diesen Jahren einfach überall dabei gewesen, erinnert sich Ziegler: «Sie kam mit auf die Schulreise und reiste später mit mir zusammen durch halb Europa. Und wenn ich sie einmal nicht mitnehmen konnte, schauten meine Eltern zu ihr.» 

Nach der Ausbildung arbeitete sie zehn Jahre lang in der Marketingabteilung eines Industriebetriebs im Zürcher Oberland. Daneben machte sie mit Goja «jenste Sachen», unter anderem Agility, Mantrailing, Tricktraining, Obedience und Dogdancing. «Man muss den Hund ja beschäftigen und wenn man Spass daran hat …», begründet Ziegler ihr grosses Engagement.

Durch das Dogdance-Training bei Claudia Moser (ihre heutige Geschäftspartnerin) kam Ziegler zum ersten Mal mit dem sogenannten Clickertraining in Kontakt – und war begeistert. «Bis dahin hatte ich gelernt, den Hund durch Locken mit Futter dazu zu bringen Sitz oder Platz zu machen.» Bei komplexeren Aufgaben, beispielsweise wenn der Hund aufräumen müsse, stehe man mit dieser Methode aber schnell einmal an. Moser beim Clickertraining zuzusehen und von ihr zu lernen, habe bei ihr einen «Wow-Effekt» ausgelöst. 

Auch wenn sie etwa ein Huhn dazu bringen könnte, Slalom zu laufen, arbeite sie lieber mit den natürlichen Anlagen eines Tieres. Dazu sei viel Beobachtung nötig: «Ich schaue dem Huhn zu, was es normalerweise macht, und sehe, es pickt, hebt ein Bein oder läuft von A nach B. Dann trainiere ich mit dem Huhn und bringe es dazu, ein bestimmtes Verhalten auf Abruf zu zeigen.» Wer Tiere trainieren wolle, müsse diese gut kennen. Unter anderem gehe es darum, den richtigen Zeitpunkt zu finden, in dem das Tier wach und lernbereit sei. 

Dieser Film wurde von den Teams im Filmhunde-Training von Filmtier.ch produziert.

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Für einen reibungslosen Ablauf am Set
Der Entscheid, eine eigene Firma zu gründen, sei langsam gewachsen und dem Wunsch entsprungen, ihre beiden Leidenschaften Multimedia-Marketing und Tiere zu verbinden. Durch ihr privates und berufliches Engagement seien schon vor dem Start von filmtier.ch immer wieder Anfragen von Filmleuten und Produzenten an sie oder Claudia Moser herangetragen worden. «Ich dachte, da müsste man doch etwas auf die Beine stelle können.» Der Tod von Goja mit 14  ½ Jahren («sie wäre ein guter Filmhund geworden!») motivierte Ziegler für eine Auszeit, die in dem Entscheid mündete, sich als Filmtier-Agentin selbstständig zu machen. 

«Es läuft gut», sagt Ziegler. Sie profitiere von ihrer langjährigen Erfahrung in der Werbeszene und im Tiertraining. Die Arbeit mit Kindern und Tieren sei für die meisten Regisseure ein Graus oder zumindest eine Herausforderung, weil sie so viele Unwägbarkeiten mit sich bringe. Ihr Ziel sei es, den Akteuren der Filmbranche aufzuzeigen, wie viel einfacher und reibungsloser die Arbeit am Set funktioniert, wenn sie ausgebildete Hunde engagieren. Es gebe immer noch Leute, die denken würden, auf Wunsch ruhig zu sitzen, zu bellen oder den Kopf zu drehen sei simpel, sagt Ziegler: «Aber die ungewohnte Stimmung an einem Drehort, die fremden Leute, der Lärm und das Licht sind für Tiere eine grosse Herausforderung. Die Verantwortlichen nehmen einen normalen, untrainierten Hund und staunen dann, wenn er nicht auf Befehl bellen kann.»

Manchmal suche ein Auftraggeber einfach irgendeinen Hund, der mit einem Schauspieler an einer Leine laufe. Bei anderen Projekten seien Fellfarbe, Rasse und Grösse ganz genau vorgeschrieben. Wichtig sei, dass sie im Vorfeld jeweils sehr genau abkläre, was von ihrem Filmtier verlangt werde. «Ich muss wissen, was das Tier machen muss, welche Bedingungen vor Ort herrschen und vor allem auch, wie nah der Trainer stehen darf, um sein Tier anzuleiten.» Notwendig zu wissen sei auch, ob der Trainer reden dürfe oder ob er mit körpersprachlichen Signalen arbeiten muss. 

Wer mit seinem Tier in Zieglers Filmtier-­Kartei aufgenommen werden will, muss ein Casting absolvieren. Grundsätzlich müssten Filmtiere ein aufgeschlossenes und freundliches Wesen haben und nicht zu scheu sein, sagt Ziegler. Grundvoraussetzung für einen Hund sei zudem, dass er sitzen, liegen und 30 Sekunden ruhig stehen könne, für ein Foto. Die Ausrede: «Aber zu Hause konnte er es immer» gilt nicht. «Wenn ein Tier schon bei uns abgelenkt ist, kann man es an einem Filmset oder gar einer Liveshow vergessen.» 

Affe sollte nicht Klavier spielen
Auch wenn Ziegler keine Tierart explizit ausschliesst, setzt sie Grenzen: «Anfragen für exotische Tiere oder Tiere, die beim Transport zu viel Stress hätten, lehne ich ab.» Anders sehe es aus, wenn jemand ein Lama suche, und das Tier an dem Ort gefilmt werden könne, wo es lebe: «Da hätte ich nichts dagegen.» Sie entscheide von Fall zu Fall, ob sie einen Auftrag erfüllen könne und wolle. Die Suche eines Kunden nach einem Klavier spielenden Affen beispielsweise unterstützte sie nicht. 

Auf Fotos und im Fernsehen sehe sie oft ängstliche oder gestresste Hunde: «Ich finde es erschreckend, wie viele Leute die Körpersprache von Hunden nicht lesen können.» Umso schöner sei es für sie zu sehen, wenn Tiere begeistert mitmachten: «Darin besteht für mich die Kunst des Trainings. Zu sehen, dass eine Katze, die als extrem eigenwillig gilt, freiwillig mitmacht, weil sie Spass daran hat, ist faszinierend.» Das Training mit Tieren wie Katzen oder Hühnern sei wichtig, um etwaige Fehler zu erkennen, ist Ziegler überzeugt: «Ein Border Collie beispielsweise ist darauf gezüchtet worden, mit Menschen zu arbeiten: Er macht brav mit, auch wenn man Fehler macht oder er müde ist. Ein Huhn oder eine Katze spazieren einfach davon.» 

Der Werbespot mit Roger Federer sei ein Höhepunkt gewesen, wie auch die insgesamt 32 Auftritte in der Liveshow «Himmel auf Erden», die mit einem Auftritt in der TV-Show Happy Day gekrönt wurde. «Eine Liveshow ist schon etwas Besonderes. Man kann eine Szene nicht zehn Mal probieren. Alles muss auf Anhieb klappen.» Für die vielen Auftritte seien vier verschiedene Hunde eingesetzt worden: «Für einen alleine wäre das zu viel gewesen.»

Die nächsten Jahre will Ziegler nun ihre Filmhunde-Kartei und ihren Kundenstamm kontinuierlich weiter ausbauen und den Kaninchen, Hühnern und Katzen, die bei ihren Eltern leben, neue Dinge beibringen. An ihrer Seite hat Ziegler selbstverständlich wieder einen Hund. Die Berner Sennenhündin heisst Käthi und konnte schon auf einem Migros-Plakat bewundert werden.