Neugierig erkunden die Fische ihr neues Terrain. Erst drei, dann vier und dann immer mehr. Sie tasten sich vorsichtig und scheinbar neugierig an den Glasscheiben entlang, bis sie mit dem Kopf an die Decke stossen, zurückschrecken und einen erneuten Versuch in die Höhe starten. Auf Beobachter wirkt das zunächst wie ein surreales Schauspiel mit schwebenden Fischen. Beim genaueren Hinsehen wird jedoch klar, dass es sich bei dem Aussichtsturm um eine Art Aquarium handelt, das mit Wasser gefüllt ist und sich über der Teich­oberfläche befindet. 

Diverse Anbieter preisen den Fischturm als den neuesten Trend aus Japan an. Er sei eine besondere Möglichkeit, um den Gartenteich aufzuwerten. Es handelt sich dabei meist um eine robuste Glasröhre oder auch eine andere geometrische Glasform aus UV-beständigem Acrylglas, die senkrecht im Teich platziert wird und deren grösster Teil aus dem Wasser herausragt. 

Die Röhre ist an der Oberseite verschlossen und hat einen Deckel, während die Unterseite auf einem stabilen Sockel positioniert ist und über eine Öffnung verfügt. Durch sie können die Fische in den Turm schwimmen. Der Wasserpegel befindet sich durch ein Vakuum im oberen Teil des Turms über der normalen Wasseroberfläche. Bei Sonneneinstrahlung erwärmt sich das Wasser und lockt die Teichfische nach oben. Sie sind dann durch den Lupeneffekt des Glases vergrössert zu sehen.

Fische müssen rausschwimmen können
Angeblich profitieren nicht nur aussenstehende Betrachter von dieser Augenweide. Der Handel hebt hervor, dass Fische dank des Aussichtsturms einen erweiterten Lebensraum bekämen und eine 360-Grad-Rundumsicht in die Umgebung erhielten, die sie unter Wasser im Teich nicht hätten. 

Was nach einem typischen Werbeslogan klingt, ist tatsächlich möglich, bestätigt Claudia Kistler, Verhaltensbiologin bei der unabhängigen Forschungs- und Beratungsgemeinschaft SWILD Zürich. «Aquarienfische nehmen die Umgebung ausserhalb des Aquariums durchaus wahr. Sie reagieren zum Beispiel auf Menschen, je nach Art unterschiedlich ausgeprägt.» Häufig bedeute ein Mensch, der ans Aquarium tritt, Futter. Da unterscheiden sich Fische nicht von anderen Heimtieren, erklärt die Tierhaltungsexpertin, die unter anderem die Online­Wissensplattform fischwissen.ch ins Leben gerufen hat.

Futter spielt übrigens auch bei den Fischtürmen eine grosse Rolle. Denn damit werden die Teichbewohner auch neben dem warmen Wasser in den Turm gelockt. Eine Methode, die Kistler unbedenklich findet. «Solange die Fische nach Belieben rein- und rausschwimmen können, sehe ich dabei kein Problem.»

Interessierte Teichbesitzer können sich also bedenkenlos einen Fischaussichtsturm anschaffen. Die Fantasie hat dabei grossen Spielraum. Denn die im Fachhandel erhältlichen Röhren und Gefässe unterscheiden sich durch ihre jeweilige Höhe und Formgebung. Je nach Bedarf und passend zur optischen Beschaffenheit des Teiches kann so ein speziell konzipierter Glasturm eingesetzt werden. Wer eine kreative Ader hat, kann sich und seinen Fischen auch selber einen Aussichtsturm bauen. Zum Beispiel mit einem Plexiglasrohr und einer Plexiglasplatte. Diverse Anleitungen dazu gibt es im Internet.

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